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Karlsruhe: Jung, fremd, alleine: Wer kümmert sich in Karlsruhe um Flüchtlingskinder?

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Jung, fremd, alleine: Wer kümmert sich in Karlsruhe um Flüchtlingskinder?

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    Junge Flüchtlinge sollen bessere Chancen bekommen. (Symbolfoto)
    Junge Flüchtlinge sollen bessere Chancen bekommen. (Symbolfoto) Foto: B. Roessler/Archiv

    "Es ist schwierig, mit der aktuellen Situation umzugehen", so Zefie-Geschäftsführer Oliver Freesemann im Gespräch mit ka-news. Zefie ist das "Zentrum für individuelle Erziehungshilfe" - zusammen mit der Hardtstiftung haben die zwei Träger eine Arbeitsgemeinschaft gegründet, um künftig die Inobhutnahme-Situation für Kinder und Jugendliche in Karlsruhe zu verbessern.

    "Die Plätze reichen nicht, es werden weitere gebraucht", sagt Freesemann. Doch man zögert - denn was passiert mit den eingerichteten Gruppen, wenn der Krieg vorbei ist, der Flüchtlingsstrom abreißt und die Jugendlichen wieder in ihre Heimat zurückkehren müssen? "So viele deutsche Jugendliche haben wir nicht, die diese Plätze brauchen würden", so Freesemann, "ich denke, dass die Kommunen mit dieser Problematik alleine gelassen werden." Das ist eine Baustelle, die auch der Stadtverwaltung bekannt ist und an der langfristig gearbeitet wird.

    Unterbringung der Jugendlichen ist Aufgabe der Stadt

    Bei den minderjährigen Flüchtlingen greift ebenso wie bei deutschen das Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB 8). Nach diesem müssen Minderjährige 24 Stunden betreut werden. Aufgegriffen werden sie von Mitarbeitern des Sozialen Dienstes. Die städtischen Mitarbeitern besuchen die Landeserstaufnahmestelle (LEA) mehrmals in der Woche und verteilen die unter 18-Jährigen auf die entsprechenden Einrichtungen. Neben den neuen Plätzen im Theodor-Steinmann-Haus, gibt es noch eine weitere zentrale Unterbringung: Bis zu 24 Jugendliche finden bei der Karlsruher Heimstiftung Platz. Weitere Unterkünfte sind über das Stadtgebiet verteilt.

    Insgesamt hat die Stadt Kapazitäten für knapp 50 minderjährige Flüchtlinge, so Oberbürgermeister Frank Mentrup bei der Bilanz des "Runden Tisches" am Dienstag im Rathaus. "Wir wollen langfristig mehr Plätze schaffen." Die Unterbringung der Jugendlichen ohne Begleitung ist im Gegensatz zu den erwachsenen Flüchtlingen nicht Aufgabe des Regierungspräsidiums, sondern liegt im städtischen Zuständigkeitsbereich. Derzeit befinden sich rund 20 Minderjährige in der Obhut der Stadt - "es gab aber auch schon Zeiten, da sind bis zu 90 Jugendliche ohne erwachsene Begleitung in Karlsruhe angekommen."

    Mentrup: "Jugendliche Flüchtlinge tun Karlsruhe gut"

    Dass ein Jugendlicher dauerhaft in Karlsruhe bleibe, sei eher ein Ausnahmefall, so Freesemann. Aufgrund der Landeserstaufnahmestelle ist Karlsruhe von der dauerhaften Aufnahmepflicht von Flüchtlingen befreit. Ein erklärtes langfristiges Ziel sei, die Jugendlichen nicht nur vorübergehend, sondern auch dauerhaft in Karlsruhe unterzubringen. "Wir haben ausreichend schulische Kapazitäten und freie Lehrstellen", so das Stadtoberhaupt, "die Jugendlichen würden Karlsruhe gut tun."

    Schwierig ist der schmale Grat zwischen dem Wunsch, die minderjährigen Flüchtlinge in Karlsruhe zu integrieren, aber sich gleichzeitig keine qualifizierte Zuteilung nach einem festen Schlüssel aufzubürden, um in keine Überlastungssituation zu geraten. Dies den entsprechenden Stellen zu vermitteln, sei eine langfristige Aufgabe, so Mentrup. Derzeit geht es in erste Linie um eine menschenwürdige Erstunterbringung aller ankommenden Flüchtlinge und mit den vorhandenen Unterkünften gut "über den Winter zu kommen".

    In der Regel bleiben die Jugendlichen zwei bis drei Monate in der Inobhutnahme, bevor sie auf die umliegenden Landkreise verteilt werden - während dieser Zeit besuchen sie eine eigene Schulklasse, in der sie Deutsch lernen. Bislang war dies nur eine - nun wurde laut Mentrup auf drei Berufsschulklassen aufgestockt. Aus seiner beruflichen Tätigkeitszeit in der Kinder- und Jugendpsychatrie weiß Mentrup, wie dankbar und schnell die Jugendlichen bereit sind, sich zu integrieren, von welchen viele eine abenteuerliche Flucht hinter sich haben. Obgleich: "Man darf natürlich nicht alle über einen Kamm scheren."

    Hauptsächlich fliehen junge Männer aus Syrien

    Das Hauptalter der minderjährigen Flüchtlinge, die in Karlsruhe ankommen, liegt laut Freesemann zwischen 16 und 17 Jahren. Der Großteil kommt aus Syrien, einige seien auch aus Afghanistan oder afrikanischen Ländern, erzählt Freesemann, der seit über 15 Jahren im Bereich der Flüchtlingshilfe arbeitet. Viele Eltern schicken ihre Kinder weg, um sie vor dem Krieg oder einer Zwangsrekrutierung durch das Militär zu schützen. "Wenn Sie sich in der Landeserstaufnahmestelle umschauen, ist das Flüchtlingsproblem vor allem ein Problem der jungen Männer - die 19- bis 21-Jährigen sind am meisten vom Krieg bedroht", sagt Freesemann.

    Doch ist der Krieg vorbei, müssen die Flüchtlinge wieder zurück. Mit dem Ende des Krieges, endet auch die Duldung der Flüchtlinge. Hinderungsgründe für eine Abschiebung sind somit nicht mehr vorhanden. "Deutschland ist da sehr strikt", so Freesemann. Das habe man zuletzt bei der letzten vergleichbar großen Flüchtlingswelle während der Jugoslawien-Kriege gesehen.

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