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Karlsruhe: Jugendliche stark gefährdet

Karlsruhe

Jugendliche stark gefährdet

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    Obwohl insgesamt, vor allem nach der Erhöhung der Alkopopsteuer im August 2004 ein leichter Rückgang des Alkoholkonsums bei Jugendlichen zu beobachten ist, gibt es Teilgruppen Jugendlicher mit außerordentlich hartem Konsummuster. Dieses problematische Trinkverhalten ist auch bei Großveranstaltungen in Karlsruher zunehmend zu beobachten. Polizeiberichten zufolge kommt es bei einzelnen Veranstaltungen zu regelrechten Saufgelagen.

    Auch KVV und Kliniken beteiligt

    Die Karlsruher Klinik für Kinder- und Jugendmedizin wird mit steigender Tendenz für nachfolgende körperliche Entgiftungen in Anspruch genommen. "Wir sind in großer Sorge", so Bürgermeister Harald Denecken. Einer Statistik der Klinik zufolge wurden im vergangenen Jahr 83 Kinder und Jugendliche nach Alkoholintoxikation stationär behandelt. Bei den Betroffenen handelt es sich erstaunlicherweise um 41 Jungs und 42 Mädchen. Der durchschnittliche Alkoholpegel lag bei 1,79 Promille, mit 2,8 in der Spitze. Das jüngste Opfer war ein zwölfjähriges Mädchen. 63 Prozent der Behandelten waren dabei zwischen 14 und 16 Jahren, 30 Prozent gar unter 14 Jahren. 24 Prozent der stark alkoholisierten Teenager mussten auf der Intensivstation behandelt werden. Der durchschnittliche stationäre Aufenthalt betrug 2,4 Tage. Polizeipräsidentin Hildegard Gerecke: "Das Phänomen Komasaufen erschreckt uns sehr."

    Am Kampf gegen diesen Trend beteiligen sich dabei zahlreiche Einrichtungen. Neben der Stadt, der Polizei und den Rettungsdiensten wirken auch die Kliniken und der KVV mit. Zur Einschränkung der erschreckenden Entwicklung haben sie sich klare Ziele gesetzt. Der riskante Alkoholkonsum bei Kindern und Jugendlichen soll zugunsten einer körperlich, psychisch und sozial gesunden Entwicklung reduziert werden. Zudem soll die Gefahr einer möglichen Suchtentwicklung eingedämmt werden. Darüber hinaus werden ordnungspolitische und jugendschützerische Ziele verfolgt. Die Anzahl verübter Straftaten durch Jugendliche unter Alkoholeinfluss soll vermindert werden.

    Dreier-Teams sollen alkoholisierte Kinder kontaktieren

    Um diese Ziele erreichen zu können, wurden und werden verschiedene Maßnahmen in die Wege geleitet. Demnach sollen alle Verkaufsstellen für alkoholische Getränke, Gaststätten und die anlassbezogene Gastronomie zielgerichtet über die Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes informiert werden. Im Vorfeld von Großveranstaltungen sollen Kontrollmaßnahmen durchgeführt und Verstöße gegen konkrete gesetzliche Regelungen sanktioniert werden.

    Noch entscheidender soll der Einsatz so genannter Jugendschutzteams sein. Dabei treten jeweils ein Mitarbeiter der Polizei, des Jugendamts und des Rettungsdienst zusammen bei einer Großveranstaltung in Karlsruhe als Dreier-Team auf. Dafür wurden 15 solcher Gruppen ausgebildet. Aufgabe dieses Teams ist das gezielte und direkte Einschreiten vor Ort. Kinder werden bei Alkoholkonsum in jedem Fall angesprochen, Jugendliche dann, wenn erkennbar gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen wurde. Die Mitglieder des Teams sind mit einer blauen Jacke oder einem blauen T-Shirt mit der Aufschrift "Jugendschutz" und Dienstausweis gekennzeichnet. Der Schwerpunkt, so Denecken, liege eindeutig "in der Prävention".

    Hasel: "Wir verlangen keine Alkohol-Abstinenz"

    Die Vertreter der Hilfsorganisationen entscheiden über notwendige medizinische Hilfeleistungen wie zum Beispiel die Hinzuziehung eines Arztes. Im einfachsten Fall werden die Eltern der betroffenen Kinder und Jugendlichen informiert, wo sie ihre Schützlinge abholen können. Bei der Übergabe findet ein kurzes Elterngespräch statt; die Erziehungsberechtigten werden eingeladen, einen Beratungstermin in den folgenden Tagen wahrzunehmen. Dazu Rainer Blobel von der Sozial- und Jugendbehörde: "Diese Aktion ist bundesweit einmalig."

    Sollte ein polizeiliches Eingreifen erforderlich sein, wird der Vorgang an die zuständigen Beamten übergeben. Die Jugendschutzteams werden von polizeilichen und psychosozialen Kräften unterstützt. Sollte beispielsweise eine Inobhutnahme eines Kindes erforderlich sein, so wird sie durch den psychosozialen Dienst veranlasst. Kommissar Wolfgang Hasel dazu: "Wir wollen wissen, wie alt die Kinder sind, ob männlich oder weiblich, und vor allem woher sie den Alkohol haben. Wir verlangen keine Alkohol-Abstinenz, aber gewisse Grenzen und Regeln sollten eingehalten werden."

    Aktion kostet 24.000 Euro

    Neben diesen Hauptmaßnahmen sollen viele kleine Schritte zur Bekämpfung des Problems beitragen. Dazu gehören das Verteilen von Flyern an Schulen, Elternabende zum Thema, Plakate im Umfeld der Veranstaltung und an den Verkaufsstellen, Schulung der Betriebsinhaber, Sensibilisierung des Verkaufspersonals sowie eine enge Zusammenarbeit und Kommunikation mit den Veranstaltern, dem Securitypersonal, den Rettungsdiensten und der Kinderklinik. "Wir wollen informieren, beraten und helfen", so Hasel.

    Die Jugendschutzteams kommen bei den öffentlichen Veranstaltungen zur Fußballweltmeisterschaft vor dem Karlsruher Schloss, beim Durlacher Altstadtfest und bei "Das Fest" in der Günther-Klotz-Anlage zum Einsatz. Bei dem Public Viewing am Schloss und dem Altstadtfest sollen drei bis vier Teams, zum "Fest" acht oder neun antreten. Die Kosten für die Aktion belaufen sich auf 24.000 Euro. Sie werden von der Stadt zur Verfügung gestellt. Nach den Veranstaltungen soll es eine Bilanz geben und die Ergebnisse ausgewertet werden. Erst danach soll über eine mögliche Ausweitung der Aktion gesprochen werden.

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