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Karlsruhe: "In vielen Fällen nicht verkehrstauglich": Transporter und Busse aus Osteuropa bereiten der Karlsruher Polizei Sorgen

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"In vielen Fällen nicht verkehrstauglich": Transporter und Busse aus Osteuropa bereiten der Karlsruher Polizei Sorgen

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    Transportfahrzeuge wie Lastwagen oder kleinere Transporter aus Osteuropa geraten häufig ins Visier der Polizei.
    Transportfahrzeuge wie Lastwagen oder kleinere Transporter aus Osteuropa geraten häufig ins Visier der Polizei. Foto: Patrick Seeger/Archiv

    Polizeihauptkommissar Rüdiger Heiler ist Leiter bei der Verkehrsgruppe der Karlsruher Polizei und mit seinem Team regelmäßig an Kontrollen im gewerblichen Güter- und Personenverkehr beteiligt. Dabei werden im Gütertransportbereich Fahrzeuge vom Kleintransporter mit 3,5 Tonnen bis zu Schwertransport mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 100 Tonnen überprüft.

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    Foto: Lukas Hiegle

    "Parallel dazu beschäftigen wir uns mit Fahrzeugen zur Personenbeförderung, die im Pkw-Bereich beginnen und bei Doppelstock-Reisebussen mit Anhänger enden", erklärt Heiler die Aufgaben der Verkehrsgruppe. Dabei entdecken er und seine Kollegen immer wieder Dinge, die nicht den Sicherheitsstandards und Transportbestimmungen entsprechen.

    Häufigkeit der Mängel erfordert gezielte Kontrollen 

    Gerade Transportfahrzeuge aus Osteuropa weisen vermehrt gravierende Sicherheitsmängel auf oder verfügen nicht über notwendige Papiere: "Fahrzeuge aus Ost- und Südosteuropa werden gezielt überprüft, da die hohe Beanstandungsquote uns dazu veranlasst. Es sind keine Vorurteile oder Schätzungen sondern belegbare Zahlen, die die Verstöße nachweisen lassen. Bei gegenwärtig steigenden Unfallzahlen, insbesondere bei Unfällen mit hohem Sachschaden oder mit schwerverletzten und getöteten Personen, muss der Kontrolldruck weiter hoch gehalten oder sogar noch erhöht werden", kündigt Heiler an.

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    Foto: Igor Myroshnichenko

    Oftmals schränkt der Personalmangel bei den spezialisierten Beamten die Kontrollzahlen ein.  Beanstandungsquoten von teils mehr als 80 Prozent sprechen - im negativen Sinne - eine deutliche Sprache für die Notwendigkeit solcher Kontrollmaßnahmen.

    Auch in der Verkehrsunfallbilanz 2017 zeigt sich ein deutlicher Anstieg der Unfallzahlen im Bereich Lastverkehr: So stieg im vergangenen Jahr die Zahl der Unfälle mit Lkw-Beteiligung um 13,5 Prozent von 1.716 auf 1.947 Fälle, also 231 Unfälle mehr als im Vorjahr. Dabei kam es in 433 Fällen zu Personenschaden, 2016 wurden in 371 Fällen Personen getötet oder verletzt. Das entspricht einer Steigerung von 17 Prozent zum Vorjahr. Die Unfallstatistik besagt außerdem, dass in zwei Dritteln der Fälle Lkw-Fahrer die Unfallverursacher waren.

    Mängel bei Bussen, Kleintransportern und Lastwagen

    "Sicherheitsmängel, die vermehrt an ost- und südosteuropäisch zugelassenen Fahrzeugen festgestellt werden lassen sich meiner Meinung nach damit begründen, dass es zum einem wohl in vielen dieser Länder nicht derart gute Überwachungsorganisationen gibt und zum anderen die Zeitintervalle für solche Prüfungen nicht so zeitnah erfolgen müssen wie etwa in Deutschland."

    Hierzulande muss ein zugelassener Reisebus gesetzlich einmal jährlich zur Hauptuntersuchung und vierteljährlich einer Sicherheitsprüfung unterzogen werden. "Damit können Langzeitmängel bereits im Vorfeld in einem überschaubaren Maß eingeschränkt werden", erklärt Heiler gegenüber ka-news.

    Im Gütertransportbereich stellen die 3,5-Tonnen-Fahrzeuge eine besondere Problematik dar. "Sogenannte 'Polensprinter', wie sie in Fachkreisen gerne bezeichnet werden, sind Kleinlaster, die ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen haben. Die Fahrzeuge haben allerdings nur eine Nutzlast von maximal 900 Kilo, womit nur leichtere Güter transportiert werden sollten", sagt Verkehrspolizist Rüdiger Heiler.

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    Foto: Igor Myroshnichenko

    Nach dem Güterkraftverkehrsgesetz sind keine Lizenzen erforderlich, um gewerblichen Gütertransport durchzuführen. "In den Fahrzeugen muss zudem kein digitaler Fahrtenschreiber eingebaut sein, der Fahrer kann seine Tätigkeiten somit anhand eines Tageskontrollblattes dokumentieren, das er handschriftlich ausfüllt und so seine Lenk- und Ruhezeiten nachweist", beschreibt der Kommissar.

    Die Fahrer müssen nicht im Sinne des Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetzes geschult sein. "Kenntnisse bezüglich Ladungssicherung, Lastverteilungsplan, Lenk- und Ruhezeiten sowie Technik und Aufbauvorschriften des Fahrzeugs sind dabei nicht ansatzweise vorhanden", schildert Heiler die Problematik.

    Ungeschultes Personal mit überladenen Fahrzeugen bei überhöhter Geschwindigkeit  

    Die Fahrer verfügen oftmals nur über eine Fahrerlaubnis der Klasse B, mit der sie die Fahrzeuge legal führen dürfen. Denn: Ein Kleinlaster unterliegt aufgrund des zulässigen Gesamtgewichtes keiner gesetzlich bedingten Höchstgeschwindigkeit, was bedeutet, mit ihnen kann so schnell gefahren werden, wie es das Tempolimit zulässt.

    Zu oftmals überhöhter Geschwindigkeit kommt dann noch die Überladung der Kleinlaster. Aufgrund der geringen Nutzlast von unter einer Tonne werden durch die Polizei bei den Kontrollen oft Überladungen festgestellt, die ein tatsächliches Gesamtgewicht von deutlich mehr als fünf Tonnen aufzeigen.

    "Bedenkt man, dass nicht geschultes Personal mit stark überladenen Fahrzeugen bei Geschwindigkeiten von bis zu 180 km/h über die Autobahnen fahren und dabei das Gewicht für die Technik des Fahrzeugs bei Weitem nicht ausgelegt ist, und eine nicht vorhersehbare Verkehrssituation den Fähigkeiten des Fahrers alles abverlangt, ist der schwere Verkehrsunfall wahrscheinlicher als dessen Ausbleiben", schildert der Polizeikommissar beunruhigende Ausblicke.

    Der Fahrer des Kleintransporters wurde lebensgefährlich verletzt.
    Der Fahrer des Kleintransporters wurde lebensgefährlich verletzt. Foto: Dieter Reichelt

    "Ich würde sagen, dass mit Kleinbussen und Kleinlastern im Vergleich mehr gegen geltendes Recht verstoßen wird, als mit großen Fahrzeugen", berichtet der erfahrene Polizeikommissar. Auch bei Transportbussen müssen die Polizisten der Verkehrsgruppe immer wieder Gesetzesverstöße und gravierende Mängel an den Fahrzeugen feststellen. Die sind oft so gravierend, dass der Kleinbus stillgelegt werden muss.

    Auch haben die Fahrer oft auch keinen Personenbeförderungsschein, dann sagen die Fahrgäste, dass es eine Privatfahrt sei. "Oder sie sagen, dass sie alle verwandt sind oder eine Gruppe von Freunden", erklärt er die Masche der Fahrer.

    Busse meiden Hauptbahnhof gezielt, um Kontrollen zu entgehen

    Auch im Reisebus-Segment fallen den Beamten vermehrt Fahrzeuge negativ auf, die in Ost- oder Südosteuropa zugelassen sind. "Wiederkehrend stellen wir auch hier vorsätzliche Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten fest", berichtet der Leiter der Verkehrsgruppe.

    "Dabei wird mit Besetzungen der Busse durch bis zu vier Fahrer mit gefälschten Nachweisen die tatsächliche Lenk- und Ruhezeit manipuliert", beschreibt der Kommissar die Masche. Das Fahrpersonal ist dabei Tage und Nächte lang ununterbrochen mit an Bord, ohne eine ausreichende Ruhezeit einlegen zu können. "Das dabei eingesetzte Fahrpersonal wird dabei regelrecht vorsätzlich verschlissen!"

    Der Busbahnhof in Karlsruhe wird von einigen Unternehmen aus Osteuropa systematisch gemieden, wenn dort Kontrollen durch die Polizei vermutet werden. Im internationalen Linienverkehr müssen bestimmte Haltestellen nach einem Fahrplan generell angefahren werden. "Offensichtlich sind die Sanktionen in Deutschland nicht ausreichend hoch genug, da eine große Anzahl bestimmter Unternehmen trotzdem regelmäßig vorsätzlich solche Verstöße begeht."

    "Bedenkt man, dass in diesem Gewerbe mit dem höchsten Gut, dem 'Menschenleben', derart fahrlässig umgegangen wird, so ist dies meiner Meinung nach schon sehr bedenklich", kritisiert Rüdiger Heiler das Handhaben der Unternehmen. "Offensichtlich wird zwischen Gewinn und zu erwartenden Strafen abgewogen und dabei gezielt weiter gegen geltendes Recht verstoßen."

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