Aus diesem Grund wurde von der Institutsleitung der "1. Tag der Karlsruher Sportwissenschaft" ins Leben gerufen. Eingeladen waren Sportstudenten der Universität und der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Beide Hochschulen kooperieren seit Jahren miteinander. Im Hörsaal des Sportinstituts war kaum ein unbesetzter Platz zu finden, als am vergangenen Freitag die Projekte des IfSS vorgestellt wurden.
Aktivitätsmangel bei Kindern bleibt Thema
Das Projekt "Kognition im Sport" entstand Anfang des vergangenen Jahres in Zusammenarbeit verschiedener Institutionen aus Karlsruhe. Hierbei soll die Zusammenarbeit und der Kontakt zwischen Universitäten und Schulen gefördert werden. Die Schüler sollen dabei die Möglichkeit erhalten sich bereits früh in Teamfähigkeit und selbstorganisiertem Lernen zu schulen, aber auch für das Forschen und wissenschaftliche Arbeiten begeistert werden. Im Rahmen des Projekts soll ein System entwickelt und erprobt werden, welches den Lernprozess beim Basketball-Korbwurf unterstützt. Neun Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums arbeiten gemeinsam mit Sportwissenschaftlern und Lehrern an biomechanischen und sportmethodischen Fragestellungen. Von Seiten des IfSS werden die Schüler von Sportwissenschaftler Andreas Fischer und Masterstudentin Anne Richter betreut.
Dr. Ilka Seidel (Foto: ka-news) |
Im März 2005 wurde das "Forschungszentrum für den Schulsport und den Sport von Kindern und Jugendlichen" (FoSS) eingerichtet. Dr. Ilka Seidel, Geschäftsführerin des FoSS, verdeutlichte bei der Präsentation des Forschungszentrums das Problem des Aktivitätsmangels bei Kindern. So klagen schon Grundschüler über psychosomatische Probleme, wie beispielsweise über Kopfschmerzen oder Konzentrationsmangel. Laut Seidel stehen klassische Einrichtungen zur Förderung von Aktivität in Kritik und bedürfen Unterstützung. Deshalb liege der Schwerpunkt darin, optimierte Lehrangebote für all diejenigen, die am Bildungs- und Erziehungsprozess an Kindern beteiligt sind, zu entwickeln. Erfolgreiches Beispiel für die praktische Umsetzung ist die "1. FoSS Ferienakademie", eine Fortbildungsreihe für Lehrer, die in den vergangenen Sommerferien in Zusammenarbeit mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe stattfand.
2.000 Kinder über ihre sportliche Aktivität befragt
Die Betriebskrankenkasse Taunus BKK führt in Zusammenarbeit mit dem IfSS seit 2001 im Zwei-Jahresrhythmus Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung durch. Ein Wohnmobil ist dann in ganz Deutschland unterwegs, um interessierte Beschäftigte zu untersuchen, zu beraten und um therapeutische Maßnahmen anzubieten. Die Teilnehmer sind bei der Früherkennung eines gesundheitlichen Problems häufig überrascht, da viele glauben, sie seien gesünder, so Professor Dr. Steiner, stellvertretender Institutsleiter. Langes Sitzen am Arbeitsplatz könne Durchblutungsstörungen zur Folge haben, wobei das lange Stehen im Beruf über viele Jahre auch gefährlich werden könne. Die erste Maßnahme wurde in den Jahren 2001/2002 mit dem Thema "Gesunde Venen am Arbeitsplatz" ergriffen. In den zwei Folgejahren wurde der Schwerpunkt auf das Thema "Vital am Arbeitsplatz - Gesunde Ernährung im Betrieb" gelegt. Seit diesem Jahr geht es vorrangig um das Thema "Frei Atmen - Vital am Arbeitsplatz".
Dr. Annette Worth (Foto: ka-news) |
Am Robert Koch-Institut in Berlin wird derzeit ein bundesweiter Gesundheitssurvey für Kinder und Jugendliche durchgeführt. Ziel davon ist es, repräsentative Daten zur gesundheitlichen Situation von zirka 18.000 Kindern und Jugendlichen zu liefern. Diese gibt es bislang noch nicht. Das IfSS beteiligt sich seit Januar 2001 mit einem Motorik-Modul ("MoMo"), einer Studie zur Fitness und körperlichen-sportlichen Aktivität von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Nach Angaben der Projektleiter Professor Dr. Bös und Dr. Annette Worth haben Testgruppen des IfSS bislang über 2.000 Kinder und Jugendliche hinsichtlich ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit untersucht und zu ihrer sportlichen Aktivität befragt. Es sollen Wissenslücken geschlossen werden, damit bundesweit zuverlässige Aussagen getroffen werden können. Ende kommenden Jahres wird die Gesamtauswertung des Projekts beginnen.
"Gesunde Universität"
Weitere Projekte beschäftigen sich mit Altenpflegeheimbewohnern und Demenzkranken. Seit Januar 2003 wird im Altenpflegeheim Berckholtz-Stiftung ein Trainingsprogramm von Mitarbeitern des IfSS durchgeführt. An Hand dieser Untersuchungen versucht man herauszufinden, ob Bewegung dazu beiträgt, dass die körperlichen und geistigen Fähigkeiten auf einem stabilen Niveau bleiben können. Das Trainingsprogramm reicht von gymnastischen Übungen zur Stärkung von Kraft, Koordination und Beweglichkeit bis hin zu Gedächtnis- und Entspannungsübungen. Die Ergebnisse des zehnwöchigen Programms zeigen nach Angaben von Dr. Susanne Tittlbach, dass sich die Teilnehmer, die im Schnitt 84 Jahre alt waren, tatsächlich verbessern konnten. Zudem habe man nach Befragungen des Pflegepersonals herausgefunden, dass die Teilnehmer nach anfänglicher Skepsis großen Spaß am Programm hatten und wieder mehr Lebensfreude zeigten. Um die Auswirkung von körperlicher Aktivität bei Demenzkranken zu untersuchen, wird seit Juni in Zusammenarbeit mit dem Geriatrischen Zentrum Karlsruhe ein ambulantes Programm angeboten. Hierbei werden Alltagsaktivitäten und motorische Funktionen gefördert, um auf das allgemeine Lebensgefühl positiv einzuwirken. Im Frühjahr kommenden Jahres liegen hierzu voraussichtlich erste Ergebnisse vor.
Dr. Ferdinand Gröben (Foto: ka-news) |
"Gesunde Universität" ist ein Projekt zur Gesundheitsförderung von Universitätspersonal und wird von der Techniker Krankenkasse, dem Berufsgenossenschaftlichen Arbeitsmedizinischen Dienst und der Unfallkasse Baden-Württemberg unterstützt. Es sollen Gesundheit und Wohlbefinden der Beschäftigten verbessert werden, so Projektleiter Dr. Ferdinand Gröben. Ziel ist es auch, die Gesundheitsorganisation in die Aufbau- und Ablauforganisation der Universität zu verankern. Die Projektphase endet im Dezember kommenden Jahres.
Zusammenhang von sportlicher Aktivität, Gesundheit und Fitness
Um auf der einen Seite Training gezielt steuern zu können und auf der anderen Seite die Wirksamkeit bestimmter Maßnahmen überprüfen zu können, ist die Leistungsdiagnostik von großer Bedeutung. Hierbei werden bestimmte Untersuchungen unter Belastung durchgeführt, um Aussagen über die Leistungsfähigkeit des Probanden treffen zu können. Am IfSS stehen sehr aufwendige Messverfahren zur Verfügung, die eine genaue Analyse der Leistungsfähigkeit ermöglichen. Neben den Leistungssportlern haben auch Freizeit- und Breitensportler die Möglichkeit, die Diagnostik in Anspruch zu nehmen, beispielsweise um sich auf einen Marathon vorzubereiten. Geleitet wird dieser Bereich von Sascha Härtel und Gunther Kurz, Dozenten am IfSS.
Dr. Susanne Tittlbach (Foto: ka-news) |
Seit 1992 wird in Bad Schönborn und Tampere (Finnland) gemeinsam die Studie "FINGER" durchgeführt. Im Rahmen dieses Projekts fanden bislang drei Datenerhebungen statt. Eine weitere ist für das Jahr 2007 geplant. Mit "FINGER" sollen Zusammenhänge von sportlicher Aktivität, Fitness und Gesundheit im mittleren und späten Erwachsenenalter analysiert werden. Beim Befragen der Testpersonen stellte sich heraus, dass diese sich meist für sportlich aktiver halten als sie es wirklich sind, so Dr. Susanne Tittlbach vom IfSS. Erst ab zwei Stunden moderater sportlicher Aktivität pro Woche könne man von positiven Auswirkungen auf die Gesundheit sprechen. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass sich Fitness und die selbsteingeschätzte Gesundheit mit den Jahren verschlechtern, es aber positive Auswirkungen von Sport gibt. So könne man von einem verlangsamten Abbau bei sportlich Aktiven sprechen.
"Powercoach" begeisterte Studenten
Der Sonderforschungsbereich "Humanoide Roboter - Lernende und kooperierende multimodale Roboter" wurde im Juli 2001 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingerichtet und ist auf zwölf Jahre angelegt. Ziel dieses Projekts ist die Entwicklung eines humanoiden Serviceroboters, der im direkten Kontakt mit dem Menschen ein hilfreicher Assistent im Alltag ist. Im Sportinstitut werden hierfür in Kooperation mit dem Institut für Algorithmen und Kognitive Systeme prototypische Alltagsbewegungen für verschiedene Personengruppen erfasst, analysiert und modelliert. Das Design und die Bewegungen des Roboters sollten nach Angaben von Projektmitarbeiter Torsten Stein am Menschen orientiert sein, um eine hohe Akzeptanz zu gewährleisten.
Dietmar Blicker (Foto: ka-news) |
Besonderen Eindruck bei den Sportstudierenden machte das Projekt "Powercoach - Fußballdatenbank" von Dietmar Blicker. Im Zeitalter der modernen Technik hat Dietmar Blicker, Dozent am IfSS und Verbandstrainer, in Zusammenarbeit mit sportwissenschaftlich ausgebildeten Mitarbeitern, eine Homepage entwickelt. Diese verfügt über mehr als 1.000 Übungen. Eine speziell aufgebaute Suchmaske erlaubt es, nach Übungen zu individuell angestrebten Trainingszielen zu suchen. Die Anzahl der bereits angemeldeten Trainer bestätigt den Bedarf. Geschätzt wird laut Blicker die animierte Darstellung der Übungsabläufe, da komplizierte Beschreibungen wegfallen. Da sich die Übungs- und Spielformen auf Grund neuer Erkenntnisse verändern können, sei eine Datenbank im Internet optimal. Powercoach ist für weitere Sportarten geplant und wird nach Angaben von Blicker voraussichtlich bis Sommer kommenden Jahres ins Englische übersetzt.
An die Vorstellung der Projekte schlossen sich Volleyball- und Fußballturniere sowie Schnuppertauchen an. Der interessant gestaltete Tag fand Ausklang mit einer von der Fachschaft organisierten Feier. Den "2. Tag der Karlsruher Sportwissenschaft" wird es nach Angaben von Institutsleiter Bös aller Wahrscheinlichkeit nach im nächsten Jahr geben.