(mda)

"Wir wollen behinderten armen Menschen durch die Bereitstellung unserer Hilfsmittel ein klein wenig mehr Würde, Beweglichkeit und Lebensqualität verschaffen", sagt Hans-Peter Dentler. Der 67-jährige Rentner steht vor einer Wand aus Rollstühlen in der ehemaligen Notkirche in Karlsruhe Oberreut. Neben ihm stapeln sich Rollatoren fast bis zur Decke.

"Hier lagern unter anderem über 500 Rollstühle", sagt Dentler. Die gebrauchten Hilfsmittel werden von Firmen, Herstellern oder Privatpersonen gespendet. In einem Nebenraum - der Reparaturwerkstatt - wird zur gleichen Zeit geschraubt, gehämmert und getüftelt. Zweimal in der Woche reparieren hier ehrenamtliche Helfer defekte Rollstühle und Rollatoren. Die reparierten Hilfsmittel werden dann in Schiffscontainer geladen und in Entwicklungsländer gebracht. Ist der Container an seinem Ziel angekommen, reist Dentler nach und verteilt eigenhändig die Hilfsmittel an die Bedürftigen.

Dentler, der 28 Jahre als Elektrotechniker gearbeitet hat, möchte sich auf diese Weise vergewissern, dass die Hilfe auch wirklich bei denjenigen ankommt, die sie am dringendsten benötigen. So hat er unter anderem Sri Lanka, Afghanistan, Peru, Bolivien, Kenia, Burundi, Ruanda und Nicaragua bereist. Sind diese Reisen nicht gefährlich? "Gefährlich wie alles im Leben", beschwichtigt Dentler, der neben der englischen auch die italienische und spanische Sprache beherrscht. Etwa fünf Wochen reist er mit einem Lastwagen, einem Fahrer und Assistenten durch das jeweilige Land und verteilt die Hilfsmittel an die Bedürftigen. Bereits im Vorfeld der Reise hat er mit Hilfsorganisationen und Bekannten vor Ort abgeklärt, welche Menschen welche Hilfe benötigen. Der Container wird daher überwiegend mit Hilfsmitteln beladen, die auf die Bedürfnisse dieser Menschen abgestimmt sind.

"In Deutschland werden die Rollstühle weggeworfen"

Doch Dentler verteilt nicht nur die Hilfsmittel. Er nimmt sich Zeit und macht Tests, um das optimale Hilfsmittel für jeden auszuwählen. Dies sei wichtig, denn durch die Hilfsmittel sollen die Fähigkeiten der Betroffenen weiterentwickelt und nicht zusätzlich behindert werden, so Dentler. Gerade in afrikanischen Ländern würden viele Krücken gebraucht, da auf dem staubigen und steinigen Untergrund das Fortbewegen mit Rollatoren mühsam sei.

Ein persönliches Erlebnis in Sri Lanka war der Ausgangspunkt für das "Rollstuhlprojekt", berichtet Dentler. Auf einer Reise wollte er einen Zug fotografieren und stellte sich dabei unachtsam auf die Gleise. Im letzten Moment zog ihn eine Frau von den Schienen und rettete ihn somit vor einer herannahenden Lokomotive. Aus Dankbarkeit engagierte er sich daraufhin in Krankenhäusern in Sri Lanka. Eines Tages traf er in einer Klinik ein dreijähriges Mädchen, das keine Arme und nur ein Bein hatte. Diesem Mädchen besorgte Dentler in Schwäbisch Hall einen Rollstuhl. Bei der Suche nach diesem stellte er fest, dass in Deutschland viele gebrauchte Hilfsmittel vorhanden seien und nicht mehr eingesetzt werden.

Die Not von behinderten Menschen in anderen Ländern und gleichzeitig die Fülle an nicht mehr benötigten Hilfsmitteln in Deutschland veranlassten ihn schließlich dazu, im Jahr 2000 mit dem "Rollstuhlprojekt" zu beginnen. "In Deutschland werden die defekten Rollstühle auf den Müll geworfen, wir recyceln die Hilfsmittel, schonen damit die Umwelt und helfen den Ärmsten der Armen."

35 Container für 15.000 Bedürftige

In den vergangenen zehn Jahren verschickte Dentler 35 Container. Über 15.000 behinderten Menschen in aller Welt wurde damit geholfen. Dentler wird dabei von 30 ehrenamtlichen Helfern tatkräftig unterstützt. "Ohne das Engagement der ehrenamtlichen Helfer würde das nicht funktionieren", betont er. Der gebürtige Ulmer ist zwar Initiator des "Rollstuhlprojekts", er stellt sich aber nicht gerne in den Vordergrund. "Was das Team leistet, das ist die wahre Leistung", sagt Dentler. "Es ist ein kleines Wunderwerk, was hier passiert."

Rollstuhlprojekt Karlsruhe

Wie sieht die Zukunft des Projektes aus? "Ich denke von Container zu Container", sagt er. Solange er fit sei und Helfer habe, werde er das Projekt fortführen. Aber das Projekt lebe auch von Sach- und Geldspenden, so Dentler. Mit den Spenden würden die Containerkosten, Ersatzteile und Verpackungsmaterial bezahlt. Die eigenen Reise- und Verwaltungskosten finanziere er ausschließlich aus eigenen Mitteln, betont der Projektleiter.

Zurzeit reist Hans-Peter Dentler durch Peru und verteilt Hilfsmittel an über 500 Bedürftige in dem südamerikanischen Staat. Wer das Rollstuhlprojekt mit privaten, zeitlichen oder finanziellen Mitteln unterstützen möchte, kann sich bei Hans-Peter Dentler telefonisch unter 0721/863144 (Anrufbeantworter) melden.

Das Diakonische Werk in Karlsruhe hat für das Rollstuhlprojekt ein Spendenkonto eingerichtet. Spendenkonto: Diakonisches Werk Karlsruhe, Sparkasse Karlsruhe,  BLZ: 660 501 01,  Kto. Nr.: 900 22 05, Stichwort: Dentler

Beschreiben Sie sich mit drei Worten.
aktiv, ausdauernd, achtsam

Was ist Ihre größte Stärke, was Ihre größte Schwäche?
Zielstrebigkeit, Akzeptieren von Fehlverhalten anderer Menschen

Lerche oder Eule? Sind Sie Frühaufsteher oder Nachtmensch?
Lerche

Was war als Kind oder Jugendlicher Ihr Traumberuf? Haben Sie jemals daran gedacht, das zu werden, was Sie heute sind?
Mein Traumberuf war Dekorateur, ich habe damals aber keine Lehrstelle erhalten und lernte Elektriker, war dann 28 Jahre bei Siemens (davon 18 Jahre im Ausland) tätig. Ich habe mit 50 Jahren (1994) eine Ausbildung als Heilpraktiker begonnen und 1996 mit erfolgreicher Prüfung abgeschlossen. Seit dem Jahr 2000 unterstütze ich ganzzeitig und ehrenamtlich behinderte Menschen in vielen Ländern. Ich habe niemals daran gedacht, dass ich einmal Behinderte unterstütze. Warum? Ich weiß es nicht.

Wenn Sie in Ihrem Leben etwas noch einmal machen könnten, was wäre das?
Eine Medizinausbildung

Sie schlagen morgens die Zeitung auf. Welche Schlagzeile würden Sie gerne über sich lesen?
Er ist ein ganz normaler Mensch mit Stärken und Schwächen.

Auf welchen Gegenstand möchten Sie im Leben nicht verzichten?
Meinen Wecker, ich stehe sehr gerne täglich, spätestens um 6 Uhr auf. Der Wecker ist dabei die erste Rückmeldung, dass ich lebe.

Wen würden Sie gerne auf den Mond schießen?
Keinen Menschen, da ich jeden Tag in den Spiegel schaue und darin alles sehe.

Wenn Sie Ihr eigener Mitarbeiter wären, was würde Ihnen besonders an sich auffallen?
Manchmal nicht einfach der Typ, er kann sehr anstrengend sein

Sie tauschen einen Tag mit einer Person des anderen Geschlechts - wer wäre das?
Meine Partnerin Elisabeth

Was würden Sie ändern, wenn Sie König von Deutschland wären?
Ich würde dann allen Menschen für ihren Unterhalt ausreichend Einkünfte zukommen lassen, ob sie arbeiten oder nicht. Arbeit wäre eine Belohnung/Anerkennung für die Menschen

Sie werden als Tier geboren. Als welches?
Vogel

Was finden Sie an Karlsruhe reizvoll?
Karlsruhe bietet alles, was man sich so wünscht als Bewohner Karlsruhe ist einfach schön, ich wohne sehr gerne hier.

Deutschland gilt auch als das Land der Nörgler und Perfektionisten - warum würden Sie dennoch einwandern?
Durch meine lange Auslandstätigkeit konnte ich über den Tellerrand Deutschlands hinausschauen. Es gibt viele Gründe nach Deutschland einzuwandern: die Demokratie, der Zustand der Wirtschaft, das Gesundheitssystem, die soziale Absicherung, Ausbildungs-/Weiterbildungsmöglichkeiten, die Kultur, der Reichtum an Menschen verschiedener Herkunft, das Klima, die Landschaften...

Sekt oder Selters - welches Getränk geht bei Ihnen nie aus?
Selters

Was bewegt Sie dazu, vom Sofa aufzustehen?
Die Arbeit. Man müsste ja blind sein, wenn man die viele Arbeit nicht sehen würde.

Meer oder Berge - Action oder Entspannung im Urlaub?
sowohl als auch

Welche Sprache würden Sie gerne noch lernen?
Japanisch (ich habe 1 Jahr in Japan gearbeitet und bedauert, dass ich dort nur englisch sprechen konnte)

Kommen Sie in den Himmel oder in die Hölle?
Da wir unser Leben nicht verstehen, haben wir auch keine Kenntnisse was nach unserem Leben mit uns geschieht. Ich lasse diese Frage deshalb unbeantwortet.

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