"Die Europäische Schule Karlsruhe ist ein Juwel für Deutschland und für Europa," sagte Westerwelle in der Aula der Schule vor etwa 350 Schülern und bedankte sich für die "charmante und liebevolle Begrüßung".
Als Außenminister ist Guido Westerwelle für die deutschen Schulen im Ausland verantwortlich. Hierzu gehören auch alle Europäischen Schulen. "Ihr seid Europa", sagte er zu den Schülern verschiedenster Nationen. Es sei ein großes Glück, dass sie in Frieden und Freiheit aufwachsen dürften. "Wer Europa als selbstverständlich sieht, der wird es verlieren", so Westerwelle.
"Islam ist längst Teil von Deutschland"
Der Außenminister warb in der ESK für eine gemeinsame europäische Verfassung, die derzeit noch "Zukunftsmusik" sei. "Ich glaube es ist gut, wenn wir eine europäische Verfassung haben." Eine Verfassung, die die Rechte der Mitgliedsländer und deren Bürger gegenüber der Europäischen Union regle. "Eine echte Verfassung, nicht nur Verträge und Absprachen zwischen einzelnen Ländern." Auch eine gemeinsamer EU-Präsident, der bei Wahlen in ganz Europa gewählt werde, sei ein "visionäres Fernziel".
Sollte die Türkei in die EU eintreten, wollte eine Schülerin wissen. "Diese Frage kann man heute nicht beantworten", so Westerwelle. Die EU stehe mit der Türkei in einem ergebnisoffenen Verhandlungsprozess. Auch betonte Westerwelle: "Der Islam ist längst ein Teil von Deutschland. Auch wenn das nicht jeder wahrhaben will." Es könne die Zeit kommen, in der die EU mehr Interesse an der Türkei habe, als die Türkei an der EU, gab er zu bedenken.
"Wir müssen Kriege vermeiden"
Soll das krisengeschüttelte Griechenland aus der Eurozone fliegen, war eine weitere Frage aus den Reihen der Schüler. "Alle Mitglieder sollten die Währungsunion nach besten Kräften zusammenhalten", so der Außenminister. Europa sei mehr als eine Währung und ein Markt. "Europa ist eine politische Union." Ihm gefalle die Hochnäsigkeit mancher Menschen gegenüber Griechenland nicht. Er könne die törichten Aussagen, dass die Griechen bei Oliven und Rezina nur faul in der Sonne liegen würden, nicht mehr hören. "Unterm Strich ist es für uns alle besser, wenn Europa und die Eurozone zusammenbleibt", betonte er.
"Wie verhält sich die Bundesrepublik in der Syrien-Krise?", wollte ein Schüler wissen. "Wir sind sehr besorgt und enttäuscht über den Bruch der Waffenruhe." Die Bundesrepublik setze sich für die Umsetzung der Friedenspläne von Kofi Annan ein. Aber hierbei sei man auch auf die Unterstützung von Russland und China angewiesen. "Das oberste Ziel der deutschen Außenpolitik muss es sein, Kriege zu vermeiden", betonte Westerwelle. Insgesamt stellte sich der Außenminister über eine Stunde lang den Fragen der Schüler.
FDP-Bundesparteitag in Karlsruhe
Zum anstehenden Bundesparteitag der FDP in Karlsruhe wollte sich Westerwelle am Freitag allerdings nicht äußern. "Ich bin hier als Außenminister und kein FDP-Parteivorsitzender mehr", wies er Fragen von Journalisten zurück. Beim 63. ordentlichen Bundesparteitag in der Messe Karlsruhe an diesem Samstag und Sonntag verabschiedet die FDP ein neues Grundsatzprogramm. Erwartet werden dazu mehr als 660 Delegierte. Der Parteitag findet nur wenige Wochen vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen statt. In beiden Ländern muss die FDP um ihren Wiedereinzug in die Landesparlamente fürchten.
2012 feiert die Europäische Schule in Karlsruhe (ESK) ihr 50-jähriges Bestehen. Rund 180 Mitarbeiter aus allen 27 Nationen der Europäischen Union sind in der multi-kulturellen Bildungseinrichtung der Fächerstadt, die bereits seit 2000 unter der Leitung von Direktor Tom Høyem steht, beschäftigt. Von Mannheim und Heidelberg über Karlsruhe bis nach Straßburg reicht das Einzugsgebiet der Schule. 1.000 Schülerinnen und Schüler werden in 14 verschiedenen Muttersprachen unterrichtet.