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Karlsruhe: Grüne Welle für alle - oder: Was der KSC mit der Ampelschaltung zu tun hat

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Grüne Welle für alle - oder: Was der KSC mit der Ampelschaltung zu tun hat

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    Übersicht über die Signalschaltung an drei Knotenpunkten
    Übersicht über die Signalschaltung an drei Knotenpunkten Foto: ka-news

    Technisches Rathaus, Lammstraße, Zweites Obergeschoss. Hier sitzen die Karlsruher Verkehrsplaner. Wer eine imposante Einsatzzentrale erwartet, in der hektisches Treiben herrscht, wird enttäuscht sein. In den Büros der Verkehrsplanung herrscht routinierte Ruhe, als mich Gerhard Schönbeck, Bereichsleiter Straßenwesen und die Verkehrsplaner Jan Saal und Kurt Heisler empfangen.

    Signalmasten + Signalkörper = Ampel

    Auf einem langen Tisch stehen fünf Bildschirme, nur zwei von ihnen sind eingeschaltet. In den Regalen an den Wänden reihen sich alphabetisch sortierte Aktenordner aneinander. Von hier aus steuern die Verkehrplaner die Karlsruher Ampeln? Nicht ganz. Jede "Lichtsignalanlage" hat ein eigenes System vor Ort, erklärt mir Gerhard Schönbeck. Mit "Lichtsignalanlage" meint er die computergesteuerte Steueranlage, die im Volksmund "Ampel" genannte Anlage, bestehend aus Signalmasten und Signalkörper, also dem Rot-Gelb-Grün-Licht-Kasten, die gelben Anforderungstasten für Fußgänger und die im Boden verbauten Anforderungsschleifen für Autofahrer.

    250 Signalanlagen gibt es in der Fächerstadt und damit auch 250 verkehrstechnische Knotenpunkte. "Der Signalkasten ist die Intelligenz vor Ort", erklärt Jan Saal. Der graue Kasten sieht aus wie die Schaltkästen der Telekom. "Bei unseren steht aber 'Siemens' drauf", lacht Saal. Dort läuft das Steuerungsprogramm entsprechend der Tageszeit ab. Es gibt ein Morgen-, ein Tages- und ein Nachtprogramm. Treten die Kicker des KSC im heimischen Wildpark gegen das runde Leder, schalten die Verkehrsexperten auf "KSC" um.

    Rund-um-die-Uhr-Überwachung der Ampeln

    "Die meisten Anlagen sind tagsüber verkehrsabhängig gesteuert", wirft Schönbeck ein. Das heißt, dass das Ampelprogramm nicht stur seiner Programmierung folgt, sondern den Pkw bei erhöhtem Autoverkehr mehr Grünphasen zugesteht. Obwohl die Signalanlagen vor Ort unabhängig funktionieren, ist etwa die Hälfte über Kabel beziehungsweise Funk mit dem großen Verkehrsrechner im Technischen Rathaus verbunden.

    Der Verkehrsrechner überwacht die Funktion der Anlagen. Über ihn kommunizieren die Ampeln auch miteinander. Ist eine Ampelanlage gestört, kommuniziert sie dies unmittelbar an den Rechner im Rathaus. Von dort können die Planer Maßnahmen einleiten, um die Störung zu beheben. Dazu kümmern sie sich rund um die Uhr via Rechner um die Ampeln in der Fächerstadt.

    "Die Anlagen sind jederzeit in der Lage, autark zu laufen", erklärt Kurt Heisler. Deshalb dient der Verkehrsrechner vielmehr dem "Service und Management" und überwacht lediglich die Abläufe an den Knotenpunkten.

    Ampelschaltung ist immer ein Kompromiss

    "Die Anlage überprüft anhand der Bedürfnisse, wer wann über die Kreuzung darf. Dieser Vorgang läuft sehr komplex ab", beschreibt Schönbeck das technische Grundprinzip der Ampelschaltung. Die Steuerung ist besonders wegen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) komplex, weil die Straßenbahn stets Vorfahrt hat. "Bedingt durch den ÖPNV haben wir in Karlsruhe die komplexeste Steuerung bundesweit", betont Schönbeck.

    Sowohl Straßenbahnen und Autos, als auch Fußgänger und Fahrradfahrer müssen innerhalb einer festgelegten Umlaufzeit von zirka 90 Sekunden eine Kreuzung überquert haben. Das ist keine einfache Sache, zumal Fußgänger rechnerisch mit 1,2 Metern pro Sekunde und Radfahrer mit vier Metern pro Sekunde deutlich langsamer unterwegs sind als ein Pkw. "Man versucht immer einen Kompromiss hinzukriegen, um alle Bedürfnisse der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer am Knotenpunkt optimal zu bedienen“, erklären mir die Fachmänner Saal und Schönbeck.

    Geringe Wartezeiten für effektive Abwicklung

    Anspruchsvolle Knotenpunkte sind zum Beispiel das Durlacher Tor, der Entenfang und der Mendelsohnplatz. Deren Komplexität ist abhängig von der Verkehrsbelastung, der Anzahl der Verkehrsarten und den Richtungen der Straßenbahnen. "Je mehr Bahnen dazukommen, desto komplexer wirds“, erläutert Saal. So sorgen am Durlacher Tor drei Steuergeräte dafür, "das Optimum beim Knoten herauszuholen."

    Hinweise, wie die Karlsruher Ampelexperten die Verkehrsflüsse in der Fächerstadt regeln sollen, erhalten sie aus den "Richtlinien für Lichtsignalanlagen", kurz: RiLSA. "Unsere Bibel", wie sie die Verkehrsplaner bezeichnen. Dort sind die Grundregeln verzeichnet. Wie sie diese in der Praxis umsetzen, müssen sie von Signalanlage zu Signalanlage entscheiden.

    Die Programme, nach denen jede Ampel schaltet, programmieren Ingenieurbüros für die Stadt. "Wir haben keine Programmierer, da der Gesamtaufwand zu hoch wäre", sagt Saal. Grundlegend gilt hier die Richtlinie, dass die Summe der Wartezeiten aller Verkehrsteilnehmer möglichst gering sein muss, damit der Verkehr am Knotenpunkt möglichst effektiv abgewickelt werden kann.

    "Nur gut, dass unsere Ampeln nicht einfrieren können"

    Bei so viel Information komme ich kaum hinterher mit dem Mitschreiben. Während mein Kuli kurz vor dem Rauchen ist, werfen Schönbeck, Saal und Heisler einen Blick aus dem Fenster auf die weiße Winterpracht. "Nur gut, dass unsere Ampeln nicht einfrieren können", sagt Saal und ergänzt: "Das liegt an den Bauteilen."

    Selbst bei frostigen Temperaturen in der sonst eher warmen Fächerstadt versagen die Ampeln auf den Karlsruher Straßen ihren Dienst nicht, erzählt Jan Saal. Die Bauteile können Temperaturen zwischen -20 Grad Celsius und + 70 Grad Cesius aushalten. Ein Problem, das bei der derzeitigen Witterung allerdings auftreten könnte, sind eingeschneite Signalgeber.

    In den letzten Jahren sind rund 80 Prozent der Lampen auf LED-Birnen umgerüstet worden. Die sind zwar energieeffizienter und heller. Der Nachteil der neuen Birnen ist jedoch ihre Eigenschaft, nicht mehr heiß zu werden und folglich auch nicht mehr den Schnee zu schmelzen, der sich auf den Scharten bildet.

    "Wir haben viele Verkehrsexperten da draußen"

    "Signalanlagen sind etwas dynamisches", ähnlich wie das Verhalten der Verkehrsteilnehmer, das sich mit der Zeit ständig ändert. Gerade deshalb ist "die Kommunikation mit unseren Kunden sehr wichtig", bemerkt Schönbeck. Täglich erreichen die Stadtplaner zahlreiche Anrufe, mit denen die Verkehrsteilnehmer ihren Unmut über die Situation im Straßenverkehr zum Ausdruck bringen. Jeder erhält eine Antwort, in der die Verkehrsspezialisten den beklagten Punkt erläutern und das Gesamtsystem erklären. 

    Grundsätzlich ist das Problem, dass "der Verkehrsteilnehmer nicht das Gesamtsystem am Knotenpunkt erkennt, sondern nur seine persönliche Situation", bedauert der Ampelchef. Daraus entstehe dann die Kritik: "Wir haben viele Verkehrsexperte da draußen." Und Kurt Heisler bekennt: "In allen Städten ist der Betrieb von Signalanlagen nicht der angenehmste Job.“

    Wir wollen heute in unserer ka-news-Umfrage von Ihnen wissen: Ampelschaltung in Karlsruhe - mehr schlecht als recht? Stimmen Sie ab!

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