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Google filmt die Fächerstadt

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Google filmt die Fächerstadt

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    Was und wen bitte schön? Und wer steht als Interessenvertreter hinter diesem Ansinnen? Könnten gar Geheimdienste oder Spione dahinterstecken? Die Antwort ist lapidar und dennoch für viele Bürger beunruhigend. Es handelt sich um ein Gefährt von "Google", einem großen Internetanbieter der landläufig bekannten Suchmaschine. Auch die Kartographien dürften vielen Nutzern bekannt sein, die sich eine Reiseroute suchen oder das eigene Haus mal aus der Vogelperspektive sehen möchten. "Google Maps" nennt sich dieser Service. Das ist dem milliardenschweren Unternehmen aber noch nicht genug, man strebt die Darstellung der Welt aus Sicht der Passanten an.

    Peinliche Details und zufällige Momentaufnahmen

    Zum Start des Vorhabens Mitte Mai letzten Jahres waren zunächst nur fünf amerikanische Großstädte abgefilmt und im Internet durch Panoramafotos von Gebäuden und Straßen dargestellt. Mittlerweile kann man aber immer flächendeckendere Bilder von städtischen Details über Google-Streetview betrachten. Der europäische Kontinent blieb lange Zeit aufgrund ungeklärter rechtlicher Fragen frei von den voyeuristischen Autos. Aber jetzt wurden sie in einigen deutschen Großstädten, und nicht zuletzt in Karlsruhe, doch gesichtet.

    Diese Tatsache erzeugt bei manchem Bürger doch ein mulmiges Gefühl. Ein Teilnehmer des Stadtblogs Karlsruhe etwa habe das Mobil von seinem Balkon aus beobachtet und befürchte nun, im Internet betrachtet werden zu können. Ganz unbegründet ist diese Vermutung nicht, denn in der Vergangenheit wurden Aufnahmen von Männern, die Erotikeinzelhändler besuchten oder Menschen in peinlichen Posen zufällig in das Programm aufgenommen. Wie kann olchen Kollateralschäden vorgebeugt werden?

    Rechtsfragen müssen noch detailliert geklärt werden

    "An den Aufnahmen grundsätzlich hindern kann man Google indes nicht", so Günter Cranz, stellvertretender Leiter von Bürgerservice und Sicherheit (BuS) in Karlsruhe. Solange sie nur die Straße mit dem Fahrzeug entlangführen, sei dies noch keine Sondernutzung. Rechtlich ist die gesamte Thematik aber noch umstritten und klare Grundlagen, die den Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte betreffen, stehen noch aus.

    Hartmut Lubomierski, Hamburger Datenschutzbeauftragter, schwieg sich zu der Diskussion ka-news gegenüber komplett aus. Die ganze Sache sei noch so in der Schwebe, dass er sich kein Urteil erlaube. In anderen Medien beurteilte Lubomierski den Datenschutzaspekt zuvor gelassen. "Die Kamera ist nicht gezielt auf Personen gerichtet. Sie geraten nur darauf, weil sie zufällig an einem bestimmten Ort sind. Aber kann ich als Datenschützer etwas verteufeln, nur weil einer von 1.000 Personen sich ertappt fühlt?", teilte Lubomierski jüngst dem Südkurier mit.

    Und noch einmal: Recht freundlich bitte! (Foto: Götz Bürkle)

    Generell problematisch ist die Tatsache, dass es sich bei Straßenszenen um allgemein zugängliche Daten handelt, diese aber nicht zwangsläufig allgemein veröffentlicht werden dürfen. Hier ist ein Abwägen der schutzwürdigen Interessen der von der Abbildung Betroffenen und denen des Unternehmens vorzunehmen. Bei Gesichtern, Autokennzeichen oder Hausnummern etwa ist die Lage eindeutig: Dort ist den Interessen der Betroffenen unbedingt Vorrang zu geben und diese zu anonymisieren. Aber selbst bei diesem strittigen Punkt sieht Lubomierski nicht zwingend Handlungsbedarf zwecks der Unkenntlichmachung.

    Wehrlose Katzen, Frauenpopos und unanständige Gesten

    Noch bevor allerdings die ersten Bilder online erscheinen werden, ist bereits eine hitzige Diskussion entbrannt. Eine Frau in Amerika beschwerte sich, die Aufnahmen seien so detailgetreu, dass ihr kleiner haariger Vierbeiner in Form einer Katze in ihrer vollen Pracht am Fenster erkennbar ist. Andere machen selbst Jagd auf das "Fotoauto" und tauschen diese Bilder aus. Und es gibt schon wahre Tauschbörsen, die Hinterteile von Frauen zeigen oder in der Nase bohrende Menschen.

    Vielleicht sollte man von Google vorab informiert werden, dass das Auto durch die Stadt "surft". Dann bliebe ästhetisch gewillten Personen immerhin noch der Gang zum Frisör oder ein geschickter Zug mit dem Lippenstift würde schlimmeres kaschieren. Für alle Bürger anderer deutscher Großstädte gilt übrigens auch ein kollektives "Aufwärmen". Denn dort wird nämlich das Mobil auch "vorbeischauen".

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