Der Karlsruher Stadtbahntunnel ist im Bau einer der kompliziertesten Tunnel weltweit, bestätigt Schichtingenieur Björn Döppner. Teilweise beträgt der Abstand zur Oberfläche nur vier Meter - die geringe Überdeckelung, wie es in Fachkreisen heißt, ist die besondere Herausforderung beim Karlsruher Tunnelbau, da keine vorherige Bodenverbesserung beispielsweise durch Vereisungen stattgefunden hat.
Tunnelbau ist bis zu 50 Prozent schneller als geplant
Döppner ist zusammen mit zwei weiteren Kollegen verantwortlich für die Bauüberwachung des Tunnels: Er koordiniert die Arbeiter unter Tage, hält Kontakt zum Bauherrn - der Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig) - und überwacht die Führung der Maschine durch den Schildführer.
"Wir hätten nicht erwartet, dass es so gut läuft", erzählt Döppner am Dienstag auf der Baustelle vor Ort. Geplant wurde mit durchschnittlich acht bis zehn Metern fertiggestelltem Tunnel pro Tag. Die Vortriebsleistung liegt laut dem Bauingenieur deutlich höher - teilweise bei bis zu 50 Prozent.
Wenn es so weiter geht, könnte man mit dem Bau des Tunnels deutlich früher fertig sein als geplant. Aber: "Vor der Hacke ist es duster, sagt ein altes Sprichwort", so Döppner, "man weiß nie was in der nächsten Minute passieren kann." Unerwartete Ereignisse könnten den bisherigen Zeitvorsprung auch schnell wieder zunichte machen.
Gibt es Gebäudeschäden durch den Tunnelbohrer?
Eine handfeste Prognose will man aus diesen Gründen auch nicht bei der Kasig geben. "Wir haben noch rund Zweidrittel der Strecke vor uns", sagt Kasig-Geschäftsführer Uwe Konrath am Dienstag im Gespräch mit ka-news. "Sicherlich ist es so, dass wir in verschiedenen Abschnitten über 50 Prozent mehr geleistet haben." Auf die Frage nach einem Zwischenfazit in Bezug auf eine verkürzte Bauzeit heißt es: "Wenn wir die Hälfte hinter uns haben - in rund 350 Metern - kann man weiter sehen."
Konkrete Aussagen gibt es zu möglichen Erschütterungen im Erdreich, die durch den Bau des Stadtbahntunnels ausgelöst werden könnten. Sie sind derzeit nicht vorhanden: "Wir haben bislang keine entsprechenden Werte gehabt", so Konrath. "Die Erschütterungen, die von der Tunnelvortriebsmaschine ausgelöst werden, sind geringer als die alltäglichen Werte, die vom Vorbeifahren der Straßenbahnen erzeugt werden."
Messgeräte überwachen Bewegungen im Erdreich
Erfasst werden die Erschütterungen unteranderem durch sogenannte Extensometer: 136 Messinstrumente sind vom Durlacher Tor bis zum Kaiserplatz am Mühlburger Tor im Erdreich installiert und registrieren feinste Bewegungen millimetergenau. In der Tunnelröhre selbst werden laut Kasig keine Messungen per Extensometer durchgeführt.
Mögliche Auswirkungen auf Gebäude werden von Prismen erfasst, diese sind im Gegensatz zu den Extensometern deutlich sichtbar, beispielsweise im strahlenden Gelbton an der Fassade des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) am Durlacher Tor. Gleichzeitig ermöglicht "Iris" - das Integrierte Risiko und Informationsmanagementsystem - Arbeitern und Bauherren den Einblick in Echtzeitdaten der Messung.
Aktuell gibt es eine mögliche Schadensmeldung in der Kaiserstraße. Eine anstehende Ortsbegehung soll bald Klarheit bringen. "Wir untersuchen momentan, ob die gemeldete Rissbildung vom Tunnelvortrieb kommt oder nicht", so Konrath. Eine Rissbildung gefährde jedoch nicht die Standsicherheit des Gebäudes. Besonders kritische Stellen in Bezug auf einsturzgefährdete Gebäude gebe es entlang der Baustrecke nicht. Außer der Meldung in der Kaiserstraße, wurden sind der Kasig keine weiteren Schäden bekannt.