ka-news.de: Wie ist das Klima in Karlsruhe?
Hendrik van Ryk: "An Wahlkampfständen habe ich das Gefühl, dass die Menschen nicht mehr so gerne angesprochen werden. Die Stimmung ist zurückhaltender und skeptisch. Aber ich habe keine große Angst, rauszugehen, Plakate zu hängen oder Flyer auszuteilen.
Zugenommen haben die 'stummen' Übergriffe wie anonyme Briefe oder Drohungen, die auch oft auf das Privatleben abzielen – es wird mein Mann oder Hund involviert.
Natürlich frägt man sich da, wie schnell der Schritt von der anonymen Bedrohung zur konkreten Tätlichkeit geht. Aktuell habe ich aber nicht das Gefühl, dass die Stimmung in Karlsruhe derart aufgeheizt wäre."
Gibt es Vandalismus (an Büroräumen, mit Wahlplakaten)?
Bei den Wahlplakaten ist es gefühlt mehr geworden. Bei uns wird oft das Logo oder das Gesicht beschmiert, also schwarz eingefärbt. Dies betrifft auch gezielt unsere FDP-Plakate – die Plakate darüber oder darunter sind meist unversehrt. Attacken auf unser Büro gibt es weniger. 2023 hatten wir zweimal Bauschaum im Briefkasten – das war es.
Im Vergleich zur Kommunalwahl vor fünf Jahren hat sich der Vandalismus an Wahlplakaten verdoppelt. Allerdings führen wir auch keine Statistiken – viele kaputte Plakate sind im Innenstadtbereich vorhanden.
Dort muss man sich auch die Frage stellen, welche Aktionen mit politischer Motivation erfolgen oder ob sie in einem überschwänglichen Leichtsinn auf dem Partyweg nach Hause zerstört werden.
Wie geht es den Karlsruher Spitzenkandidaten*innen – welche Auswirkungen haben die jüngsten Ereignisse auf die Präsenz im öffentlichen Raum?
Wir sind oft am reinen Wahlkampfstand, wo alle zusammen unterwegs sind. Wahlkampf an den Haustüren machen wir für die Kommunalwahl nicht – unabhängig von den aktuellen Ereignissen.
Meine Plakate habe ich oft mit meinem Mann oder Hund zusammen aufgehängt. Ganz alleine würde ich in den Randbezirken nicht losziehen.
Haben Politiker*innen und Mitarbeiter*innen Angst, werden Sicherheitsvorkehrungen getroffen (bspw. nicht allein in bestimmte Stadtteile gehen, nicht allein an Haustüren….)?
Im Moment hat sich im kommunalen Bereich nichts verändert. Bei uns wird gerade das Büro umgebaut, deswegen findet man uns aktuell nicht ganz so gut – das ist vielleicht hilfreich (schmunzelt).
Auffällig ist, dass in der Fraktion in Karlsruhe etwas mehr darauf geachtet wird, dass die Tür zu den Büroräumen zu ist. Von einer Bedrohungslage kann man aber nicht sprechen.
Welche Erfahrungen haben Ihre Mitglieder*innen während des Wahlkampfes gemacht?
Es gab keine konkreten Vorfälle. Das einzige, das wir erleben, ist, dass der Konkurrenzkampf zwischen den Parteien heftiger wird. Da werden schon mal die fremden Plakate abgehängt, um eigene aufzuhängen. Aber tätliche Übergriffe hatten wir keine.
Gab es auch bei Ihnen schon Gewalt gegen Mitarbeiter*innen (während des aktuellen Wahlkampfes und/oder in den vergangenen Jahren)?
Verbale und digitale Gewalt ist vorhanden. Für die Kommunalwahlen richten wir eigene Mailadressen ein – in den Posteingängen finden sich viele Mails mit Beschimpfungen. Da kann man die täglich 25 erst einmal löschen. Auch der ein oder andere anonyme Anruf kommt an.
Welche Rolle spielt die zunehmende Gewalt Thema bei der Planung von Wahlkampfaktivitäten?
Bei unserer großen Veranstaltung am
sind die verstärkten Sicherheitsvorkehrungen spürbar. Auch weil sie als Kandidatin sehr polarisiert.Vor zehn Jahren kam Christian Lindner als Redner nach Karlsruhe, setzte sich auf eine Bierbank auf dem Kirchplatz St. Stephan und stand auf, als er mit seiner Rede dran war. Das ist heute undenkbar. Jetzt ist das BKA und weitere Sicherheitsbehörden involviert.“
Führt die zunehmende Gewalt dazu, dass sich junge Menschen nicht mehr in die Politik trauen? Was unternehmen Sie dagegen?
Beim jüngeren Nachwuchs stellen wir das nicht fest. Die sind eher angriffslustig. Wir merken es allerdings bei den 30- bis 50-Jährigen. Hier sind wirtschaftliche Existenzen und Familie involviert, viele möchten nicht öffentlich ins Rampenlicht treten. Bei der Listenaufstellung war die öffentliche Präsenz oft Thema.
Früher wurden noch die privaten Adressen in der Amtlichen Bekanntmachung der Listen veröffentlicht – das gibt es heutzutage nicht. Dennoch zeigt man sich mit Gesicht und Wohnort. Vor zehn Jahren wurde mir beispielsweise auch mal das Plakat mit Messer an die Haustür genagelt – das ist nicht ohne.
Die Fragen wurden von FDP-Spitzenkandidat Hendrik van Ryk am 13. Mai beantwortet.
Wie ergeht es anderen Karlsruher Politikern? Zum Übersichtsartikel geht es hier.