Wenn die Nacht hereinbricht und das Wochenende in den Startlöchern steht, fängt die Stadt an, zu pulsieren: Jugendliche und junge Erwachsene machen sich auf - und die Bars und Clubs Karlsruhes unsicher. Sie tummeln sich mit Bier und Musik im Schlossgarten und der Innenstadt, stehlen Anwohnern den Schlaf. Noch am nächsten Morgen zeugen zersplitterte Glasflaschen und achtlos weggeworfener Müll von einer lebendigen Partynacht.

In Zeiten ohne Pandemie birgt das Nachtleben einer Großstadt wie Karlsruhe viel Konfliktpotential. In diesem Jahr gestaltet sich die Situation aufgrund der noch immer andauernden Schließung der Diskotheken zwar grundlegend anders, doch nicht weniger problembehaftet. Während die jungen Menschen zunehmend auf den Straßen randalieren, kämpfen die Clubbetreiber mit drohenden Insolvenzen.

Um die Situation für alle Beteiligten zu verbessern, hat die Stadt Mannheim im Jahr 2018 den bundesweit ersten "Nachtbürgermeister" berufen. Nun steht der erste Wechsel an: Ab August 2020 übernimmt DJ und Veranstalter Robert Gaa das Amt. Wie sieht der Berufsalltag des neuen Nachtbürgermeisters aus?

Er ist "Brückenbauer zwischen Bar- und Clubbetreibern, Gästen, Anwohnern, Polizei, ÖPNV und der Stadtverwaltung", teilt die Stadt Mannheim mit. In Konfliktfällen gehe er bereits vor einer Eskalation auf alle Parteien zu, um gemeinsam Lösungsansätze zu erarbeiten.
Während Corona sorgt die Partyszene für Probleme
Doch nicht nur für die Probleme der Szene ist der "Night Mayor" zuständig. Er soll darüber hinaus die Nachtkultur der Stadt voranbringen, neue Impulse setzen und die Branche besser vernetzen.

Ein "richtiger" Bürgermeister ist Robert Gaa allerdings nicht. "Die Stelle des Nachtbürgermeisters in Mannheim ist nicht vergleichbar mit der Stelle eines beigeordneten Bürgermeisters oder eines Dezernenten", so die Stadt Mannheim auf Nachfrage von ka-news.de. Die Stelle ist bei einer Tochterfirma im Bereich der kulturellen Stadtentwicklung angesiedelt - das Gehalt des "Night Mayors" somit Verhandlungssache.
Auch Stuttgart möchte einen Nachtbürgermeister
In Zeiten der Corona-Krise ist der Nachtbürgermeister sehr gefordert und gefragt. Aus diesem Grund wird in Mannheim - anders als geplant - die Stelle vorerst doppelt besetzt. Bis zum Jahresende wird Robert Gaa wird von seinem Vorgänger Hendrik Meier unterstützt.
Der Grund: Zum einen sehen sich viele Clubbetreiber in ihrer Existenz gefährdet, da die Corona-Verordnung noch bis Ende September die Schließung der Diskotheken vorschreibt. Zum anderen steigt die Gewaltbereitschaft der Partyszene, wie die Krawallnächte von Stuttgart und Frankfurt eindrücklich vor Augen geführt haben.

Stuttgart hat bereits angekündigt: um die Situation auch langfristig in den Griff zu bekommen, soll noch in diesem Jahr ebenfalls ein Nachtbürgermeister eingestellt werden. Braucht auch die Stadt Karlsruhe einen "Night Mayor"?
Karlsruhe inzwischen aufgeschlossen
Während sich der Gemeinderat noch vor einiger Zeit gegen einen solchen Posten ausgesprochen hatte, haben sich die Umstände mittlerweile geändert. "Die Dinge entwickeln sich weiter, so dass die Idee, die hinter dem Nachtbürgermeister steht, heute vielleicht anders zu bewerten ist", sagt Albert Käuflein, Kultur- und Sicherheitsbürgermeister der Stadt Karlsruhe.

Das Leben verlagere sich mehr in den öffentlichen Raum, sei es durch Außengastronomie, Open-Air-Veranstaltungen oder private Grillabende. "Dies zieht Interessenkonflikte nach sich, die frühzeitig und aktiv angegangen werden müssen, bevor sich Fronten verhärten", betont Käuflein.
Erfolgsmodell: 25 Prozent weniger Lärmbeschwerden
Ob die Lösung in der die Schaffung einer Nachtbürgermeister-Stelle liegt oder anderweitig mit den Konflikten umgegangen wird, möchte die Stadt derzeit noch offen lassen. Im Oktober greift der Hauptausschusses das Thema im Rahmen des "Sicherheitskonzeptes Innenstadt" auf.

In Mannheim konnte der Nachtbürgermeister bereits erste Erfolge erzielen. "Die Lärmbeschwerden im Ausgehviertel Jungbusch nahmen in den letzten beiden Jahren um zirca 25 Prozent ab", so die Stadtverwaltung auf Nachfrage von ka-news.de.
Darüber hinaus seien die Wege zwischen Betreibern, Stadtverwaltung und Anwohnern deutlich kürzer geworden und die Vernetzung aller Stakeholder intensiviert. "Auch gerade in Zeiten von COVID-19 wurde sehr deutlich, wie wichtig eine solche Schnittstellenposition ist."