Im Rahmen der Besprechung berechnete er die sich ergebenden Unterhaltsansprüche der Ehefrau und des gemeinsamen Kindes. Nachdem der Ehemann daraufhin um "Zurückstellung der Scheidungssache" gebeten hatte, forderte ihn der Rechtsanwalt im Auftrag der Ehefrau zur Zahlung des berechneten Unterhalts auf. Außerdem vertrat er diese während des späteren Scheidungsverfahrens vor Gericht.
Der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe entschied nun, der Anwalt habe sich nicht pflichtwidrig verhalten. Ein solches setze nämlich voraus, dass bei der Beratung ein Interessengegensatz der Parteien vorliege. Dies sei nicht der Fall, wenn die Interessen der Beteiligten "trotz einzelner Konfliktpunkte" auf ein gemeinsames Ziel - hier die einvernehmliche Scheidung - gerichtet seien.
Im Vorliegenden Fall sei der Rechtsanwalt zunächst nicht als Diener einer Seite, sondern als "unparteiischer Mittler" aufgetreten. In einem solchen Fall sei es dem Rechtsanwalt nicht untersagt, bei auftretenden Meinungsverschiedenheiten die eine der Parteien gegen die andere zu vertreten. Der 3. Strafsenat hat das Urteil der Strafkammer deshalb die Revision des Angeklagten aufgehoben und ihn freigesprochen.