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Nordsee: Fregatten-Tagebuch/ Donnerstag

Nordsee

Fregatten-Tagebuch/ Donnerstag

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    Die See kam mir erstaunlich ruhig vor, als mich der Lautsprecher mal wieder aus dem Schlaf schreckt. Es soll der letzte, komplette Seetag sein, denn am Freitag wollen wir gegen 10 Uhr in Wilhelmshaven einlaufen. Zum Frühstück in der Offiziersmesse sind alle gut aufgelegt, denn die Nordsee meint es heute tatsächlich gut mit uns. Von den vier Meter hohen Wellen ist nur noch ein Meter übrig, und der macht der Fregatte nicht wirklich etwas aus. Ein angenehmer Tag? Von wegen.

    Auch bei Gefechtsalarm wird auf der Brücke konzentriert gearbeitet (Foto: ka-news)

    Die schrillen Klingeln im Schiff schlagen Alarm, über den Lautsprecher wird die ganze Mannschaft auf Gefechtsposition gerufen. Simulierte feindliche Flugkörper befinden sich im Anflug. Im Unterdeck werden Schwerverletzte präpariert und Nebel vorbereitet, um ein realistisches Szenario herzustellen. Es wirkt aber so realistisch auf mich, dass ich mich mit meiner Kamera lieber im Hintergrund aufhalte.

    Der Navigator tut sich schwer mit Handschuhen (Foto: ka-news)

    Auf der Brücke (von dort wird das Schiff gesteuert) werden mal wieder Anti-Flash-Hauben und Stahlhelme zur Pflicht. Der Navigator tut mir leid, denn er darf seine feinen Berechnungen mit dicken Handschuhen ausführen und einzeichnen.

    Das Material für die Leck-Dichtung wird heruntergelassen (Foto: ka-news)

    Dann schnell nach untern, denn dort hat die Bergung der Verletzten begonnen. Durch den Nebel, der den Rauch eines Feuers darstellen soll, werden sie nach oben gezogen. Das klingt einfach, ist aber mit Feuerschutzkleidung und Atemgeräten in den engen Gängen im Bauch des Schiffes gar nicht so einfach. Auch ein Leck wird simuliert, das schnell mit den vorhandenen Balken gesichert und abgestützt wird. Ich nutze aber die Gelegenheit und gehe im Schiff ganz nach vorne in die "Vorpiek". Der Raum in der Spitze der Fregatte wird als Werkstatt und Lagerraum genutzt. Und auch hier kommt mir, wie an vielen Stellen im Schiff, das Stadtwappen Karlsruhes entgegen.

    Das maritim angepasste Karlsruher Stadtwappen und Straßenschilder aus der Fächerstadt sind an Bord überall zu finden (Foto: ka-news)

    Nach der Übung gehe ich Achtern (nach hinten) und schaue mir an, wie ein Torpedo in eines der vier Abschussrohre eingesetzt wird. Die Torpedos sind wesentlich kürzer, als ich mir das vorgestellt habe.

    Ein Kran bewegt die schweren Torpedos (Foto: ka-news)

    Wenn der Torpedo vor dem geöffneten Abschussrohr liegt, wird er "normalerweise mit Vaseline eingerieben, dass er besser durch das Rohr flutscht", so der Torpedo-Mechaniker. Die Torpedos werden nur gegen gegnerische U-Boote eingesetzt und suchen sich ihr Ziel mit dem eingebauten Sonar-Gerät selbstständig.

    In der Mitte liegt der Übungs-Torpedo, rechts die Echten. (Foto: ka-news)

    Dann wird er in das Rohr geschoben, von wo aus er dann ausgestoßen werden kann. Der Abschuss an sich wird von der Operationszentrale, kurz OPZ, ausgelöst, nachdem der "Feind" auf dem bordeigenen Bug-Sonar geortet wurde.

    Der Torpedo verschwindet im Abschussrohr (Foto: ka-news)

    Auf dem Rückweg komme ich an der Kombüse vorbei. Ich will mal schauen, wo denn das gute Essen herkommt. Die Köche richten gerade rund 200 Portionen Abendessen. Hier werden übrigens auch in See frische Brötchen, Brote und Kuchen für die Besatzung gebacken. Der Bäcker steht dafür jeden Tag ab Mitternacht in der Kombüse. Dafür ist er aber auch der einzige an Bord, der bei Alarm weiterschlafen darf. Die Smuts (Köche) lassen sich von mir nicht stören. Will ich auch nicht, denn ich möchte ja auch etwas davon haben. Auf jeden Fall sieht alles sehr sauber und ordentlich aus.

    Hier kocht der Smut: Die Bordküche (Foto: ka-news)

    Nicht weit weg von der Bordküche liegen die beiden mächtigen Schiffsdiesel, die das Schiff antreiben. Leider ist eine Welle defekt, so dass nur einer davon in Betrieb ist. Der aber richtig, ohne Gehörschutz, der inzwischen zu meiner Standardausrüstung gehört, ist auch hier nichts zu machen. Warm ist es auch, 35 Grad sind es bestimmt.

    Der Herr der Maschinen (Foto: ka-news)

    Eigentlich wollten wir am Nachmittag nochmals Flugbetrieb durchführen, wegen des schlechten Wetters ist er aber abgesagt worden. Deshalb laufen wir bereits gegen 20 Uhr in Wilhelmshaven ein.

    Auf der Back (vorderer Teil des Schiffes) wird das Anlegen vorbereitet (Foto: ka-news)

    756 Seemeilen habe ich in den insgesamt vier Seetagen hinter mich gebracht, als wir am Munitionskai anlegen. Einige verlassen das Schiff und fahren bereits heute nach Hause, andere bleiben und gestalten den Abend in der Offiziersmesse mit Rotwein und Malefiz. Da ich erst morgen nach dem Frühstück das Schiff verlassen werde, sitze ich noch lange mit den Offizieren zusammen. "Die 'Karlsruhe' ist ein ganz besonderes Schiff mit einer ganz besonderen Mannschaft", erzählt mir einer von Ihnen. Er hat recht. Und für mich war es eine ganz neue Erfahrung.

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