Absichtlich baut er in seine Stücke Musik aus seiner Jugendzeit ein. "Wir leben ja noch! Natürlich bin ich alt, aber man soll mich nehmen wie ich bin", wehrt sich der leidenschaftliche Kabarettist gegen ein Abdrängen in die Altenecke. Bereits zum dritten Mal arbeiten die Grauen Zellen mit der Volkshochschule (VHS) Karlsruhe und dem Seniorenbüro zusammen. "Wir alle beschäftigen uns viel zu wenig mit dieser Lebensphase", erklärt Kerstin Safian, die Leiterin des Seniorenbüros der Stadt Karlsruhe. " Es gibt nicht nur Hilflosigkeit und Pflegebedürftigkeit im Alter, sondern auch Leben und Aktivität." Das Seniorenkabarett bringt seine Lebenserfahrung kritisch und ironisch auf die Bühne, denn Humor ist wichtig. "Auch wenn es nur Galgenhumor ist", ergänzt Darstellerin Anita Aho trocken.
Anspruchsvolles Niveau
"Es stimmt einfach von vorne bis hinten: Die Texte, die Darstellung, die schauspielerische Leistung", schwärmt Margarete Kern, Fachbereichsleiterin Thema Alter von der VHS Karlsruhe begeistert. Natürlich sind die Mitglieder der 1995 von Fritz Pechovsky gegründeten Gruppe keine Profis, " aber das müssen wir auch gar nicht sein", findet er. Mit seinem neuen Stück "Forever Young" nimmt er den aktuellen Trend hin zur ewigen Jugend ins Visier. "Wenn ich heute in die Medien schaue, dann weiß ich nicht: Will ich alt werden oder nicht?", beschreibt er die Orientierungslosigkeit in der Bevölkerung. "Alt werden ist nicht schön. Ich habe viel verloren, ich sehe nicht mehr gut und höre schlecht. Gleichzeitig gewinne ich aber auch: Erfahrungen und Erlebnisse." Die Vergangenheit ist für den agilen Autor das Reservoir, aus dem er seine Programme schöpft. "Mit Anstand alt werden, bedeutet für mich drei Dinge bewahren: Spontaneität, Enthusiasmus und Kreativität", hält er dem "Laufen, Essen und Denken" der Forever Young-Anhänger entgegen.
Liebe und Tod
Ein Stück über den Tod und das Sterben wollt er schreiben. "Das Wichtigste in unserem Leben sind Liebe und Tod, sonst gibt es nichts", lautet die Ansicht des 77-Jährigen. So handelt der erste Teil des Stückes "ich lache mich tot", vom Sterben, denn der "Tod kann auch lustig sein", begründet Fritz Pechovsky den Titel. So verarbeitet er das Klischee der Todesanzeigen lesenden Senioren am Frühstückstisch genauso, wie das der lustigen Witwe, die auf Männerfang geht. "Es mag ein Klischee sein, aber es gibt diese Menschen wirklich", beteuert er augenzwinkernd. Nach dem zweiten Part können die Zuschauer guten Gewissens den Saal verlassen, denn die Akteure sind "Forever Young", bis der Vorhang fällt.
Begeisterte Anhänger in Baden-Württemberg
"Zuerst hatten wir Angst vor der Reaktion des Publikums", erinnert sich Anita Aho. "Aber die Leute haben unseren Umgang mit dem Thema honoriert und toll aufgenommen". Kein Wunder, denn jedes Gruppenmitglied ist mit vollem Herzen dabei. "Wir versuchen nicht uns selbst zu spielen, und doch steckt immer ein Stück von uns drin", detailliert die Akteurin nachdenklich. Auf der Bühne stehen ist jedoch eine Erfahrung die sie nicht missen will. "Hier habe ich etwas gefunden, wo ich dahinter stehe", bekräftigt Anita Aho. Bestätigt wird sie durch die begeisterten Zuschauer , egal ob in Leonberg, Bad Dürrheim, Ostfildern oder Urach. Fritz Pechovsky dagegen spukt schon die nächste Idee im Kopf herum: "Vielleicht sollte ich mal was über ‚Wachstum‘ machen. Ich kann dieses Wort nicht mehr hören. Was soll wachsen, wohin?", fragt er sich kopfschüttelnd.
Das Stück ist aber nicht nur für ältere Mitbürger gedacht. Auch junge Leute sind bei den nächsten Aufführungen am Samstag 7. Dezember 19.30 Uhr und Sonntag 8. Dezember jeweils ab 15 Uhr, in der VHS (Ulrich Bernays-Saal) willkommen.