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Karlsruhe: Fiducia öffnet Türen

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Fiducia öffnet Türen

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    Die Zentrale der Fiducia IT AG im Karlsruher Killisfeld umfasst 19 Gebäude. 1.650 Menschen arbeiten hier. Insgesamt hat das Unternehmen, das außerdem Niederlassung in München und Stuttgart unterhält, 3.400 Mitarbeiter. "Trotzdem sind wir in der Öffentlichkeit nicht sonderlich präsent. Die meisten meiner Bekannten haben den Namen 'Fiducia' noch nicht gehört", sagt Sander. Viele aber hatten schon mit dem Ergebnis seiner Arbeit zu tun. Die Fiducia organisiert und entwickelt nämlich das EDV-Betriebsnetz der Volks- und Raiffeisenbanken in Süddeutschland. Ob Geld am Bankautomaten abgehoben oder per Internet Geld überwiesen wird: Jede Kontobewegung wird auf den von der Fiducia verlegten Datenwegen vorgenommen und auf den Rechnern in Karlsruhe-Killisfeld gespeichert.

    Gründliche Kontrollen, um vertrauenswürdig zu bleiben

    In zwei Rechenzentren werden sämtliche Daten von einander getrennt abgespeichert (Foto: ka-news)

    Die Übersetzung des lateinischen Wortes "fiducia" lautet "Vertrauen". Dass die Fiducia weniger vertraut als Vertrauen erwartet, wird jedem klar, der an der Führung durch eines der beiden Rechenzentren teilnimmt. Das Gebäude darf nicht photographiert werden, die Benutzung von Handys innerhalb des Hauses ist verboten und jeder sicherheitsrelevante Bereich wird mit Kameras überwacht. Der über drei Meter hohe Stahlzaun, der Teile der Anlage umgibt, erinnert an die Barriere, die das Bundeskanzleramt umgibt. "Natürlich wird alles 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche von unserem Sicherheitsdienst überwacht", versucht David Hartmann, Sicherheitsbeauftragter für die Hardware, mögliche Bedenken vorsorglich aus dem Wege zu Räumen. In zwei VW-Bussen des Sicherheitsdienstes waren die Journalisten zuvor zum Rechenzentrum gebracht worden. Seine genaue Adresse darf nicht veröffentlicht werden.

    Rund vier Millionen Euro ist dieses Kabelgewirr wert: Einblick in einen der Großrechner der Fiducia (Foto: ka-news)

    Im vergangen Jahr hat die Fiducia einen Umsatz von 711,6 Millionen Euro erwirtschaftet. Sie ist damit das siebtgrößte IT-Unternehmen in Deutschland. Ein Teil des Geldes wurde in die Anschaffung von vier neuen Großrechnern investiert. Rund vier Millionen kostet eines der Geräte, schwarze Kästen von der Größe eines amerikanischen Kühlschranks. Um die Neugier der Journalisten zu befriedigen öffnet David Hartmann die beiden Türen eines Rechners. Man sieht Kabel, Module, Kupferdrähte - nur das gelegentliche Aufleuchten eines Lämpchens verrät Aktivität. Irgendwo in diesem Kasten sausen also die Datenströme herum, in den Reihen schmaler Spinde werden sie auf Kassetten archiviert und in den mannshohen weißen Quadern am Ende des Raumes werden die wichtigsten Informationen auf besonders sicheren CDs gespeichert.

    Dröhnende Propeller und mächtige Schiffsdiesel

    Der handballfeldgroße Halle ist von einem Geräusch erfüllt, das an das Dröhnen eines kleinen Propellerflugzeugs erinnert: "Das ist die Lüftung", erklärt Hartmann, "die Luft wird aus den Leitungen im Boden in die Computer gepumpt." Mehr als 20 Grad Celsius sollte die Raumtemperatur nicht überschreiten. Ein angenehmer Arbeitsplatz, wäre die Geräuschkulisse nicht. "Acht Stunden am Tag muss hier niemand arbeiten", beruhigt Hartmann.

    Wesentlich ruhiger ist es in dem Raum, in dem in 824 Batterien von der Größe eines Benzinkanisters genug Strom gespeichert wurde, um den Betrieb der Anlage für 15 Minuten sicherzustellen. So lange benötigen die vier Generatoren, um in Schwung zu kommen. Rund 190 Liter Diesel verbraucht jeder der 10.000 PS starken Schiffsmotoren. Um die Stromversorgung für fünfeinhalb Tage sicherstellen zu können, lagern in den Tanks insgesamt 100.000 Liter Treibstoff. Obwohl die Generatoren nur vorgewärmt werden, liegt die Temperatur im Generatorenraum bei deutlich über 30 Grad. "Wenn die Maschinen voll laufen, herrschen hier unten Temperaturen wie im Schiffsrumpf", schmunzelt der Leiter der Security Zentrale, Lutz Bleyer, über das Relikt frühindustrieller Technik, von dem im Notfall alles abhängen würde. "Aber dieser Notfall ist bis jetzt noch nicht eingetreten", sagt Bleyer und Hartmann ergänzt, dass im Falle eines kompletten Stromausfalls große Datenmengen unwiederbringlich verloren wären: "Die Banken wären also nicht nur vorübergehend vom Zahlenstrom abgeschnitten. Der Schaden lässt sich kaum beziffern."

    Für die Sicherheit der Rechner sorgt der Nutzer

    Natürlich aber ist ein Stromausfall nicht die einzige Gefahr, gegen die sich die Sicherheitsabteilung der Fiducia gewappnet hat. Auch mancher Hacker ist an der Umleitung der Datenströme interessiert, schließlich werden Milliarden von Euro über das elektronische Netzwerk transferiert. "Jede E-Mail checken wir dreimal, ehe sie geöffnet wird", so Bleyer, "außerdem laden wir alle 15 Minuten die neuesten Virenschutzprogramme auf unsere Rechner." Obwohl das Gefahrenpotential seit Jahren wächst, ist Bleyer von der Sicherheit des Verfahrens überzeugt: "Auch wir entwickeln uns ständig weiter. Sowohl intern als auch extern werden regelmäßig Revisionen durchgeführt." Die Fiducia verwalte eben nicht nur das System, sondern stelle es auch selbst her: "Das ist ein langfristiger Prozess, den wir permanent begleiten."

    "Ein Vorteil ist, dass wir ständig mit unseren Kunden, den Banken in Kontakt stehen", fügt Sander hinzu. Die Fiducia schreibt nicht nur die Programme und baut das Netzwerk auf, sondern unterrichtet die Banker auch in der Handhabung. Am Ende jeder Systemumstellung steht die Nachbetrachtung: "Grundsätzlich hat ein System rund zehn Jahre Bestand. Aber selbstverständlich muss es so aufgebaut sein, dass eine Anpassung an die sich ständig ändernden Anforderungen möglich ist." Wichtigstes Kriterium bleibe aber für die Fiducia, deren Aktien sich komplett im Besitz der Volks- und Raiffeisenbanken befinden, die Sicherheit. Um diese zu garantieren, darf freilich nicht nur der Technik vertraut werden. "Der beste Schutz sitzt vor dem Rechner", glaubt Bleyer und meint damit gleichermaßen seine Untergebenen wie die Nutzer des Fiducia-Netzwerks.

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