
Daniela Seibt ist eine der ersten, die ihr rotes Draisler-Fahrrad der Firma Campus in Empfang nehmen darf. Seit bald einem Jahr wohnt die junge Frau in Karlsruhe und studiert im zweiten Semester International Management an der Fachhochschule. Mit dem Fahrrad ist sie bisher noch nicht so viel unterwegs. "Ich bin eher der Läufer", bekennt die 20-Jährige. "Ich bin auch gerade eine halbe Stunde von meinem Studentenwohnheim in der Nordstadt bis hierher gelaufen."
Für bis zu 500 Euro an Liebhaber verkauft
Dass so viele Leute wie in Karlsruhe mit dem Drahtesel unterwegs sind, kennt sie von Zuhause, einem kleinen Ort in der Nähe von Villingen-Schwenningen, jedenfalls nicht. "Da fahren eher die Kinder mit dem Fahrrad, bevor sie alt genug für den Roller sind", schmunzelt Daniela. So müsse man nicht so sehr auf Radler im Straßenverkehr aufpassen.
Ob das Rad zukünftig ihr ständiger Begleiter wird, weiß sie noch nicht. "Zum Einkaufen, für Wasserflaschen, ist das Fahrrad schon toll", findet sie. Aber in Karlsruhe ein neues Rad zu haben, sei vielleicht nicht so ratsam, weil viele geklaut würden. Sie habe in ihrem Wohnheim auch noch ein altes stehen. Prompt kommt die Frage einer Bekannten: "Behälst Du es?" - "Weiß noch nicht", antwortet Daniela Seibt. Viele Studenten hätten ihren Gewinn an wahre Liebhaber der roten Räder verkauft. Bis zu 500 Euro habe der Verkauf schon dem ein oder anderem Studenten in die knappe Kasse gespült.
Rund 4.900 Neu-Karlsruher unter den Studenten
Würde Erste Bürgermeisterin Margret Mergen ein solches Fahrrad gewinnen, würde sie es wohl kaum wieder hergeben. "Ich bin begeisterte Fahrradfahrerin und hätte auch gern so ein Rad. Ich hoffe jedes Mal, dass eines übrig bleibt", gibt sie schmunzelnd zu. Über 3.000 Fahrräder habe die Stadt seit dem Wintersemester 2007/2008 an junge Neu-Karlsruher verteilt. Erstmals wurden die Räder an Karlsruhes meist befahrener Fahrradstraße, der Erbprinzenstraße, übergeben. Dem im April aufgestellten Fahrradzähler zufolge sind bisher mehr als 360.000 Leute über die Straße geradelt.
Mergen freut sich über den Erfolg der Erstwohnsitzkampagne. "Allein im letzten Jahr haben rund 4.900 Studierende ihren Erstwohnsitz in Karlsruhe angemeldet." So wachse die Stadt bei der Bevölkerungsgruppe der 18- bis 25-Jährigen in ganz Baden-Württemberg am schnellsten. Ob dies ausschließlich an der städtischen Kampagne liegt, sagt sie nicht. Für die jungen Neuankömmlinge ist sie jedoch zweifelsohne attraktiv. Alle, die ihre Unterkunft in der Fächerstadt als Erstwohnsitz anmelden, erhalten ein Begrüßungspaket des Stadtmarketings, das verschiedene Gutscheine und ein Los für die halbjährliche Radverlosung beinhaltet.
Vernünftig Radfahren - "sonst gibt es keins"
Abschließend appelliert Mergen an die Vernunft der radelnden Studenten. Viele Radler seien ohne Licht oder entgegen der Fahrtrichtung unterwegs und überquerten Straßen bei Rot. "Das ist nicht wirklich cool", bemerkt die Erste Bürgermeisterin. Zwar sollten die Radler Geduld mit der Stadt und ihren Baumaßnahmen zum Ausbau der Radwege haben.
Doch sollten sie beachten, dass die Verkehrsregeln auch für sie gelten. "Wer ein Rad gewonnen hat, muss auch vernünftig damit fahren - sonst gibt es keins", droht sie scherzhaft. Ernst macht sie mit ihrer Drohung allerdings nicht. Die Gewinner holen sich stattdessen ihre Räder ab und fahren brav und in die richtige Fahrtrichtung davon.