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Karlsruhe: Erstmals keine Kundgebungen am 1. Mai: Wie die Karlsruher Demo-Kultur sich jetzt gegen das Corona-Virus wehrt

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Erstmals keine Kundgebungen am 1. Mai: Wie die Karlsruher Demo-Kultur sich jetzt gegen das Corona-Virus wehrt

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    Der Briefkasten des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe.
    Der Briefkasten des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Foto: Thomas Riedel

    Am 1. Mai, dem "Tag der Arbeit", sind in Deutschland die Büros leer und die Märkte geschlossen: In der ganzen Republik ist das Datum ein gesetzlicher Feiertag. Er soll auf die Rechte der Arbeitnehmer erinnern. In Zeiten ohne Corona-Pandemie werden aus diesem Grund nicht nur Maibäume aufgestellt und Wanderungen unternommen, sondern vielerorts auch zu Demonstrationen aufgerufen.

    Die Hauptkundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbund Baden-Württemberg zum Tag der Arbeit in Karlsruhe.
    Die Hauptkundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbund Baden-Württemberg zum Tag der Arbeit in Karlsruhe. Foto: Uli Deck

    Seinen Ursprung hat der "Tag der Arbeit" in den USA. Ende des 19. Jahrhunderts waren die Arbeitsbedingungen mitunter hart. So forderten die nordamerikanischen Arbeiter in einem mehrtägigen Generalstreik eine kürzere Arbeitszeit - den Acht-Stunden-Tag. 

    Forderungen seit Jahrzehnten die selben

    Im Raum Karlsruhe sind die Arbeiterverbände seit rund 130 Jahren am 1. Mai aktiv. Das teilt der Deutschen Gewerkschaftsbund auf Nachfrage von ka-news.de mit. Jahr für Jahr demonstrierten die Arbeitnehmer in der Fächerstadt. Die Ziele sind heute wie damals nahezu dieselben: In den 1970ern ist auf dem Marktplatz - rund um die Pyramide - ein Transparent mit den Worten "Gleicher Lohn für Männer und Frauen" zu sehen.

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    Foto: Stadtarchiv Karlsruhe 8/BA Schlesiger A23/135/1/20

    Doch: Die Corona-Pandemie zwingt die Gewerkschaften aktuell zu einer historisch einmaligen Entscheidung. Zum ersten Mal seit der Gründung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) 1949 wird es keine Demos und Kundgebungen am Tag der Arbeit geben. "Der 1. Mai ist unser Kampftag, um für unsere Botschaften einzustehen. Es macht schon traurig, dass wir dafür nicht in großem Rahmen auf die Straße gehen werden", sagt Wolfgang Weber, Vorsitzender des DGB Karlsruhe Land.

    Der Protest wird von der Straße ins Netz verlagert

    Die Demonstrationen abzusagen sei eine freie Entscheidung. "Wir wollen verantwortlich mit der Situation umgehen. Solidarität heißt deshalb in diesem Jahr: Abstand", so Weber im Gespräch mit ka-news.de weiter. Der Protest soll mit einem Live-Stream ins Netz verlagert werden, genauer gesagt in die sozialen Netzwerke Facebook und Youtube.  

    Nur an manchen Orten geht es am Feiertag - in kleinem Rahmen - auf die Straße. So werden sich auf dem Marktplatz in Ettlingen einige Menschen mit Transparenten versammeln. "Es soll eine symbolische Geste sein, wir werden Atemschutzmasken tragen und den gesetzlichen Sicherheitsabstand einhalten", sagt Wolfgang Weber.

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    Foto: Stadtarchiv Karlsruhe 8/A29_117_5_43 /BA Schlesiger A23/135/1/20

    Trotz Corona kein pauschales Demo-Verbot

    Denn obwohl Versammlungen im öffentlichen Raum in der Corona-Zeit verboten sind, dürfen Demonstrationen abgehalten werden. Sie sind in besonderem Maße durch das Grundgesetz geschützt. Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb entschieden: Sie dürfen nicht pauschal verboten werden, sondern dürfen unter Einhaltung des Infektionsschutzes stattfinden

    Dennoch haben es Teilnehmer von Demo-Zügen gerade nicht so leicht. Am Sonntag, den 19. April, waren in Karlsruhe Aktivisten von "Leave no one behind" mit Bannern in der Fächerstadt unterwegs, um auf die Situation von Geflüchteten an den EU-Außengrenzen aufmerksam zu machen. 

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    Foto: ka-reporter

    "Wir sind schockiert und wütend, dass unsere Meinungsfreiheit eingeschränkt wurde"

    Obwohl die Teilnehmer der Demonstration in Zweiergruppen unterwegs waren und laut Angaben eines ka-Reporters den Sicherheitsabstand eingehalten hätten, wurden sie von der Polizei kontrolliert. Nach rund einer Stunde seien sie gebeten worden, ihre Transparente nicht weiterhin offen zu zeigen.

    "Wir sind schockiert und wütend, dass unsere Meinungsfreiheit ohne triftigen Grund eingeschränkt und unsere Personalien aufgenommen wurden", schreibt der Betroffene an die ka-news.de-Redaktion.

    Auch Fridays for Future mit Online-Streik

    Sowohl Stuttgart als auch die Stadt Gießen hatten zuvor ebenfalls versucht, solche Proteste zu untersagen. Dennoch wandert die Demo-Kultur zunehmend ins Netz. So auch der fünfte, globale Klimastreik von "Fridays-For-Future". Doch wie läuft eine solche Online-Demonstration ab?

    Unter dem Hashtag #NetzstreikfürsKlima hat die Bewegung aufgerufen, Bilder mit Plakaten in den sozialen Medien zu posten. Darüber hinaus wurde die Karlsruher Innenstadt mit Plakaten "gepflastert", die die Mitstreiter zuvor bei mehreren Sammelstellen abgeben konnten. Insgesamt 300 Plakate kamen dabei zusammen

    "Mit den Einschränkungen des öffentlichen Lebens in Folge der Verbreitung des Corona-Virus wurde es für uns unmöglich, große Demonstrationen wie im letzten Jahr zu veranstalten", teilt die Karlsruher Ortsgruppe auf Nachfrage von ka-news.de mit. Dadurch sei der Fokus in die digitale Welt gerückt - "Social Media statt Menschenmengen und Live-Streams statt Kundgebungen."

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