Mannschaft muss bodenständig sein
Doch dazu musste sich zunächst intern einiges, besser: vieles verändern. Die Zuneigung der Fans zur Nationalelf soll - ja muss - zurückkommen. Weg von abgehobenen Slogans wie "Die Mannschaft", weg von abgehobenen Stars, hin zu Bodenständigkeit und Demut. Das Ziel: Endlich wieder Identifikation mit der Mannschaft.

Dann wird wieder eine Welle der Begeisterung durch Deutschland schwappen. Dann wird "Public Viewing" zum Groß-Ereignis für Millionen. Dann werden die Fans ihr Team pushen…
Stars zum Anfassen, statt zum Anhimmeln
Die DFB-Elf will wieder Fan-Nähe zeigen. Stars zum Anfassen - statt nur zum Anhimmeln sollen es sein. All das fällt leichter, wenn der sportliche Erfolg da ist. Dann schwemmt die Euphorie einiges weg, puscht das Positive nach oben. Attraktiver, aber vor allem erfolgreicher Fußball ist die Basis für ein "Märchen 2024".

Damals, 2006 beim Sommermärchen 1.0, da landete Deutschland auf Rang drei. Jetzt soll es mehr werden. Am besten: Den Titel holen. Trotz lange mäßiger Vorstellungen: Nach dem Aufwind Anfang 2024 unter Neu-Bundestrainer Julian Nagelsmann sind Titel-Hoffnungen wieder da. Lautstark befeuert vom Bundescoach.
Fußball muss wieder vereinen
Aber: es knirscht noch neben dem Spielfeld. Noch ist Deutschland von der fröhlich-positiven Stimmung aus dem Jahr 2006 entfernt. Basics wie Gastfreundschaft, Toleranz und Weltoffenheit sind nicht mehr so selbstverständlich wie 2006. Braune Wolken ziehen übers Land.

Die Fußball-Fans des dreimaligen Europameisters Deutschland werden sich artikulieren und müssen das. Wenn Deutschland zum zweiten Mal Gastgeber ist, muss dieses Land Haltung zeigen. Muss zeigen und vorleben, dass der Fußball vereint.
Reicht es für den Titel?
Aber: Ist der Kader Deutschlands überhaupt in der Lage, um den Titel mitspielen? Reicht dazu die Qualität? Nagelsmann hat mutig umgebaut, auf die Stars Mats Hummels oder Leon Goretzka verzichtet, setzt auf Talente wie zum Beispiel den 20 Jahre alten Aleksandar Pavlović von Bayern München.

Die Elf hat einen Top-Torwart. Auch wenn Manuel Neuer - Jahrgang 1986 - inzwischen in die Jahre gekommen ist. Neu-Kapitän Ilkay Gündogan scheint in der Nationalelf immer mit einem Riesen-Rucksack auf dem Platz zu stehen. Selten nur ist die Leichtigkeit und Finesse zu sehen, die ihn im Club permanent auszeichnet.
Aber: Platzt der Knoten beim Mittefeldstrategen und Vorzeigeprofi, dann kann er der EM-Unterschiedsspieler sein. Spannend: Harmonieren er und Rückkehrer Toni Koos?
Offensiv: Top! Defensiv - Flop…
Je weiter es nach vorne in die Offensive geht, desto grösser wird die Auswahl auf hohem Niveau. Man denke an Leroy Sane, Florian Wirtz oder Jamal Musiala. Wenn ein Weltstar wie Thomas Müller zwar dabei, aber nur auf der Auswechselbank - eben nicht mittendrin, sondern nur daneben - ist, dann ist das der Beleg dafür, dass es einen Teamteil gibt, bei dem Nagelsmann ein Luxusproblem hat.

Allerdings: Die Umkehrung stimmt leider auch. Je weiter es bei der DFB-Elf in Richtung Defensive geht, desto mehr geht's bergab mit Auswahl und Qualität. Beleg gefällig? 22 Gegentore kassierte die deutsche Nationalelf im Jahr 2023... Gegen durchweg mittelmäßige Gegner.
Fazit: Routiniers und Himmelsstürmer
Positiv: Die Mischung zwischen Routiniers und jungen Himmelsstürmern stimmt.
Negativ: Der Nationalelf fehlen Persönlichkeiten. Talente sind da, Standfestigkeit und Widerstandsfähigkeit noch nicht.
Toni Kroos, Weltmeister, erklärte vor seinem Comeback: "Es fehlt das Selbstvertrauen. Und sie haben wenige Leute, die sie mitziehen können."