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Karlsruhe: Dramatischer Rückgang: Karlsruhe kämpft gegen Insektensterben

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Dramatischer Rückgang: Karlsruhe kämpft gegen Insektensterben

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    (Symbolbild)
    (Symbolbild) Foto: ka-news

    Wenn am Dienstag zum ersten Mal im neuen Jahr der Karlsruher Gemeinderat tagt, stehen nicht nur die klassischen Politik-Themen wie Stadionneubau, E-Mobilität oder Pendlerströme auf der Tagesordnung. Ein weiterer Punkt sind die Anfragen der CDU und der Kult-Fraktion. Der Inhalt: Die Insektenpopulation in und um Karlsruhe. In einer Anfrage an den Gemeinderat will die CDU wissen, wie es um die Insekten bestellt ist und was gegen das Insektensterben in der Fächerstadt getan werden kann.

    Neue Untersuchung für 2019/20 geplant

    Die Stadt Karlsruhe hat bereits auf die Anfrage der CDU-Fraktion geantwortet. Sie bestätigt einen Rückgang der Insekten als "überregionales Phänomen, zu dem es belastbare Studien gibt". Konkrete Zahlen für Karlsruhe stammen aus dem Jahr 2002: In den 15 im Stadtgebiet untersuchten Flächen fanden sich 26 verschiedene Tagfalter- sowie 131 Wildbienenarten. 2019/20 soll eine weitere Untersuchung der städtischen Flächen stattfinden, um das Grünflächenmanagement entsprechend anpassen zu können.

    Das Sterben der Insekten in Karlsruhe lässt sich anhand einer der größten Insektengruppen nachvollziehen: Der Schmetterlinge. Die Landesdatenbank Schmetterlinge Baden-Württembergs zeigt die Verbreitung einzelner Arten über die Fläche für die vergangenen Jahrzehnte.

    Hier ist der deutliche Rückgang einzelner Arten ersichtlich: Waren in den Jahren 1970 bis 1990 beispielsweise die Schmetterlingsarten "Trauermantel", "Großer Eisvogel" oder "Goldene Scheckenfalter" in der Region Karlsruhe vertreten, so sind sie in den Jahren 1990 bis 2010 verschwunden.

    Warum sind Insekten wichtig?

    Mag sich der ein oder andere über den Rückgang der vermeintlich lästigen kleinen Tiere freuen - sei es in der Wohnung oder auf der Autoscheibe - so setzt das Aussterben der Insekten eine umweltschädliche Kette in Gang. Insekten haben eine zentrale Rolle für das Funktionieren unseres Ökosystems. Sie sind neben dem Wind die wichtigsten Bestäuber, insbesondere in der Landwirtschaft zum Beispiel im Obstbau oder auch im Gemüsebau.

    Die bestäubten Wildblumen dienen Vögeln und anderen Tieren als Nahrungsmittel. Weiterhin sind Insekten Nahrungsmittel für Vögel, Igel oder Fledermäuse. Insekten regulieren Schädlinge in der freien Natur und agieren als natürliches Pflanzenschutzmittel - wie beispielsweise der Marienkäfer.

    Was kann gegen das Insektensterben getan werden?

    Das Ausmaß des Rückgangs unterscheidet sich je nach Lebensraum der kleinen Tierchen: So legten Studien nahe, dass der Insektenrückgang auf Ackerflächen besonders dramatisch sei, so die Stadt. Die Verwaltung hat daher vor allem für die Außenbereiche Maßnahmen gegen das Insektensterben erarbeitet.

    Städtische Maßnahmen im Außenbereich

    • Städtische Grünflächen Insektenfreundliche Behandlung, sofern die Verkehrssicherheit nicht gefährdet ist. Je nach Lage und Beschaffenheit unterschiedlicher Mäh-Rhythmus. Brombeerhecken könnten belassen werden. Mehrkosten und Mehrpersonal erforderlich.
    • Neue Umweltauflagen in Pachtverträgen Auf verpachteten städtischen Flächen sollte die Stadt Karlsruhe geeignete Auflagen in die Pachtverträge aufnehmen und so deren Umsetzung verbindlich festlegen und kontrollieren. Bestehende Agrarumweltmaßnahmen sollten finanziell und ökologisch optimiert von den städtischen Pächtern umgesetzt werden.
    • Kontrolle der europäischen Gesetzgebung Verpflichtungen zur ökologischen Flächenpflege, die aus der europäischen Gesetzgebung, zum Beispiel der FFH-Richtlinie oder der Eingriffsregelung resultieren, müssten konsequenter umgesetzt werden. So werden Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen, deren zielgerichtete Pflege eine gesetzliche Verpflichtung ist, oft nicht den Anforderungen entsprechend gepflegt. Die Begründung hierfür ist fehlendes Personal, fehlendes Geld und bei privaten Bewirtschaftern fehlende Bereitschaft zur Umsetzung
    • Förderung Streuobstwiesen Die sachkundige Hilfe bei der Pflege von privaten Streuobstwiesen soll daher noch weiter intensiviert und gefördert werden. Unter anderem wurde hierzu ein umfangreiches "Streuobstwiesenkonzept" erstellt, welches in Kürze dem Gemeinderat vorgestellt wird. Eine ökologische Ausrichtung in diesem weiteren Beratungszweig ist für die Stadt Karlsruhe selbstverständlich und bereits durch das Liegenschaftsamt in seiner Funktion als offizielle Beratungsstelle für Obst und Gartenbau etabliert.
    • Im Wald Das Forstamt erstellt 2018 ein Maßnahmenkonzept zur Optimierung von Pflegemaßnahmen im Stadtwald zur Förderung der Artenvielfalt bei Insekten. Ausbildung blütenreicher Säume entlang von Waldwegen und Waldrändern durch geeignete Pflege. Zusätzliche finanzielle Mittel und Personal notwendig.

    Maßnahmen im Innenstadtbereich

    • Änderung Straßenbeleuchtung Umstellung der öffentlichen Beleuchtung auf weniger insektenkritische Leuchtmittel, beziehungsweise zeitweise Reduktion der Beleuchtungsstärke und -dauer. Die Stadtwerke Karlsruhe unterstützen dieses Vorhaben. So sollen staubdichte Leuchten eingesetzt werden, damit keine Insekten in die Leuchte gelangen und dort verhungern oder verbrennen. Außerdem ist die Lichttemperatur "neutralweiß" ausgewählt worden. Diese zieht weniger Insekten an. 
    • Wiese/öffentliches Grün Naturnahe Pflege seit 1980. Wiesen werden ein- bis zweimal pro Jahr gemäht, das Mähgut abgeräumt. So entstehen bunte Wiesenlandschaften und Blumenwiesen mit 35 bis 40 verschiedenen Pflanzenarten. In verschiedenen Gebieten wurden gebietsheimische Wildkräuter stellenweise eingesät. Aus Kostengründen ging 2004 der Anteil der ein- bis zweimal gemähten und gepflegten Wiesen kontinuierlich zurück. (2003: 167 von 523 Hektar, 2016: 104 von 571 Hektar). 2019/20 ist eine erneute Untersuchung von Biologen geplant. Sie sollen die Insektenvielfalt auf den städtischen Wiesen prüfen.
    • Insektenfreundliche Pflanzen in Grünanlagen Weitere Artenförderung der Stadt durch vielfältige Bäume und Sträucher. Stauden und Sommerblüher für Wildbienen, Hummeln und Schmetterlinge. Allerdings: Bei der Pflanzenauswahl der Grünanlagen könne dem Aspekt der Insektenfreundlichkeit größeres Gewicht gegeben werden, so die Stadt.
    • Brachflächen als Blühflächen Brachflächen haben zwar ein hohes Potential für die Steigerung der biologischen Vielfalt, eine derartige Nutzung dieser Flächen steht allerdings in Konkurrenz zu anderen Nutzungsmöglichkeiten, vorrangig zur baulichen Entwicklung. Entsprechend des Prinzips Innenentwicklung vor Außenentwicklung stellen Blühflächen auf Brachen daher nur eine vorübergehen Nutzung dar. Des Weiteren ist bei der künftigen Inanspruchnahme der Flächen als Bauland darauf zu achten, dass die Zwischennutzung nicht zu einem erhöhten Ausgleichsbedarf im Sinne des Natur- oder Artenschutzes führt.
    • Städtische Friedhöfe Bei Neuanlagen und Ersatzpflanzungen von Bäumen und Sträuchern auf Karlsruher Friedhöfen legt die Stadt ein besonderes Augenmerk auf heimische und standortgerechte Baum- und Straucharten. Auf einzelnen Friedhöfen werden Blumenwiesen gestreut, auf vielen Stadtteilfriedhöfen sowie dem Hauptfriedhof wurden in den vergangenen Jahren Bienenvölker angesetzt.
    • Engagement der Bürger Bürger können die ökologische Vielfalt mit einfachen Maßnahmen fördern. So sollte von reinen Rasenflächen abgesehen werden und stattdessen artenreiche Wiesen gefördert werden. Dazu trägt auch eine reduzierte Mähtätigkeit bei. Tipps und Hinweise bietet der Naturgarten e.V. als Verein für naturnahe Arten- und Landschaftsgestaltung.
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