Anderen Seminarteilnehmern ging es ähnlich. So entstand die Idee, gemeinsam ein alternatives, selbstbestimmtes Wohnprojekt zu gründen. "Als es jedoch an die Umsetzung unserer Idee ging, kamen wir aus dem Diskutieren kaum noch heraus", so Bludau. 20 Individuen, so viele Mitglieder hatte ZAG zu seiner Gründungszeit, hatten nun mal 20 unterschiedliche Vorstellungen von ihrer Zukunft. Soll das Wohnprojekt WG-Charakter haben? Soll es generationenübergreifend sein? Für ihr erstes Projekt einigten sich die Mitglieder in beiden Punkten schließlich auf Nein. Jeder muss die Möglichkeit haben, sich in seine eigenen vier Wände zurückzuziehen. "Und wir wollten zunächst ausprobieren, wie wir miteinander harmonieren. Ein Wohnprojekt mit mehreren Generationen kann dann ein nächster Schritt sein", meint Bludau.
Eine Trennung ist auch immer ein Neuanfang
Kontakt zu einem Architekten hatte ZAG bereits durch das Volkshochschul-Seminar geknüpft. Jetzt machte sich der Verein auf die Suche nach einem geeigneten Grundstück. "Ein bereits bestehendes Haus zu kaufen war keine Alternative für uns", sagt Bärbel Bludau. Die künftigen Hausbewohner wollten mitbestimmen, wie die Wohnungen zugeschnitten sein sollten. Zu viele Umbauten wären damit nötig gewesen. An dieser Stelle schaltete sich die ZAG-Schirmherrin, Baubürgermeisterin Heinke Salisch, in das Geschehen ein. Sie bot dem Verein das Grundstück des ehemaligen Bauhofs in der Weststadt an. "Nun war 'nur’ noch die Finanzfrage zu klären." Im Klartext bedeutete das: Ein Bauherr musste gefunden werden. Aber auch das gelang ZAG schließlich. Dennoch, der Weg bis dahin sei mühsam gewesen, räumt Bludau ein, aber er hat sich gelohnt. Verläuft jetzt alles planmäßig, ist im Frühjahr der erste Spatenstich. Der Einzugstermin ist zwar für Anfang kommenden Jahres geplant, aber: "Erst nach Baubeginn kann man genauer sagen, wie es weitergeht."
Gemeinsam mit sieben weiteren ZAG-Mitgliedern wird Bärbel Bludau das neue Haus beziehen. Ein gewaltiger Schritt. Denn noch wohnt sie auf rund 130 Quadratmetern, ihre neue Wohnung wird über die Hälfte kleiner. Das bedeutet die Trennung von vielen liebgewordenen Dingen. "Aber auch die Möglichkeit noch einmal neu anfangen zu dürfen." Für ihre neue Wohnungseinrichtung hat sie bereits mit den Stühlen aus einem Karlsruher Café geliebäugelt. Die seien nicht sperrig, dafür aber unheimlich bequem. Wichtiger als Einrichtungsfragen sei die Möglichkeit, ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen, betont Bludau. Das bedeutet, die Bewohner greifen sich gegenseitig unter die Arme, helfen, wenn einer aus der Gemeinschaft krank wird. "Und wir können auch noch Geld sparen, wenn wir Hilfsdienste gemeinschaftlich organisieren."
Männerprobleme statt Nachwuchsprobleme
Es klingt ganz selbstverständlich, wenn Bärbel Bludau über die Probleme des Älterwerdens spricht. Ein Thema, das die meisten Menschen gern vor sich herschieben. "Es fällt schwer sich einzugestehen, dass man in ein paar Jahren vielleicht schon nicht mehr so kann wie heute." Aber gerade deshalb sei die frühzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema so wichtig. "Doch noch sind wir sehr rüstig und unternehmen viel", erzählt sie. Ein Grund, warum sich ZAG für das Wohnprojekt einen zentralen Standort gesucht hat. Zudem sieht der Bauplan einen Gemeinschaftsraum vor. Hier werden künftig unter anderem die regelmäßigen ZAG-Treffen stattfinden.
Nachwuchsprobleme hat der Verein nicht. Mittlerweile ist die Mitgliederzahl auf über 40 gestiegen. "Dafür haben wir ein Männerproblem", lacht Bludau. Tatsächlich hat ZAG bisher ausschließlich zwei männliche Mitglieder. "Wenn Männer von unserem Projekt erfahren, fragen sie meist zuerst: Wer wäscht, wer kocht?" Dass jeder Hausbewohner für seine Haushaltsführung allein verantwortlich ist, scheine so mancher Mann nicht akzeptieren zu können. Aber das Prinzip der Eigenständigkeit gelte schließlich für alle.