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Karlsruhe: Die verschenkte Schenkung

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Die verschenkte Schenkung

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    Hofrat Professor Heinrich Ordenstein war ein großer Musikfreund. Er erbaute vor rund 120 Jahren ein Institutsgebäude mit schallgedämmten Unterrichtsräumen. Seinen über 440 Quadratmeter großen Bau in der Sophienstraße 35 nannte der Gönner und Klaviervirtuose "Conservatorium für Musik in Karlsruhe". Laut Urkunde des Karlsruher Stadtarchivs vermachte Ordenstein das gesamte Anwesen samt Inventar am 22. September 1910 der "Stadtgemeinde Karlsruhe". Der Wert der Schenkung wurde auf 230.000 Goldmark beziffert. Nach heutiger Berechnung sind diese rund drei Millionen 680.000 Euro wert. Stein des Anstoßes für Canisius ist die Auflage: "Nach dem Tod von Ordenstein im März 1921 war die Stadt, und dazu verpflichteten sich die Verantwortlichen auch, angehalten den weiteren Betrieb des Konservatoriums zu garantieren." Weder das Haus, noch das Inventar laut Vertrag durften veräußert werden.

    Der Krieg, die Zerstörung und der "Reibach Volksw ohnung"

    Die Zukunft des inzwischen als "Badisches Konservatorium für Karlsruhe" bekannten Instituts schien gesichert. Bis 1942 bei einem Bombenangriff das Konservatoriumsgebäude komplett zerstört wurde. Unversehrt blieben hingegen die beiden dazugehörigen Wohnhäuser, laut Unterlagen des Karlsruher Stadtarchivs. Um die Vorgeschichte aber nicht weiter in die Länge zu ziehen alles weitere in Kurzform: das Konservatorium wurde nicht wieder aufgebaut, sondern ausgelagert: ins Haus Solms, dann 1946 in die Jahnstraße 20 und 1984 in die Kaiserallee 11 erweitert. "Das Grundstück wurde am 5. Juli 1955 Eigentum der ‚Volkswohnung’. In den Akten ist ein Übernahmewert von 28.200 D-Mark vermerkt", erklärt Canisius. In seinen Augen ein klarer Bruch der Schenkungsabmachung und ein riesiger Reibach für die gemeinnützige Gesellschaft. Dass die Stadt Karlsruhe mit über 99 Prozent erster Gesellschafter ist, ändert für ihn nichts an dem "mehr als fragwürdigen Kuhhandel". Zumal alleine der Grundstückswert des Geländes - inzwischen Sophienstraße 43 - im Dezember vergangenen Jahres von Beamten der Stadt Karlsruhe auf zirka 613.000 Euro beziffert wurde. Mit den dazugehörigen Gebäuden um den heutigen Spielplatz belaufe sich der Wert auf an die eine Million 213.000 Euro.

    Für Canisius sind solche Schachereien pure Scheingeschichten. Für ihn wurden mit dem Nachlass von Ordenstein unrechtmäßig Haushaltslöcher der Fächerstadt gestopft. Inzwischen sei der Konservatoriumshaushalt sogar mit Schulden belastet. "Das müsste nicht sein, wenn der Rechtsgrund der Rückübertragung berücksichtigt würde", so der in der Geschichte wühlende "Ankläger". Für ihn ist die treuhänderische Verwaltung aufgegeben worden. "Und nicht nur in meinen Augen", so Canisius. "Während meiner soliden Recherche haben das viele der Helfer in den verschiedensten Positionen auch gesagt. Die Stadtväter haben einst als Treuhänder versagt." Aber niemand in den verantwortlichen Behörden, von der Stadtverwaltung bis zum Regierungspräsidium, wage, das "heiße Eisen" anzupacken.

    "Ich lege meine Hände ins Feuer: die Geschichte stinkt"

    Das Unrecht geht in den Augen des bis zum vergangenen Oktober am Konservatorium beschäftigten Musikexperten aber weiter. Canisius: "Die Stadt hat zu allem Fehlverhalten auch noch jede Menge Steuergelder verschwendet." Er spricht damit die so genannte "Standortfindungskommission" an. "Es gibt da inmitten von Karlsruhe ein geschenktes Grundstück von 13 à 34 Quadratmeter. Ich frage mich, warum ein gewaltiger Behördenapparat in Gang gesetzt wird, um einen neuen Standort für das Konservatorium zu finden?", so der Kritiker, der sein ganzes Tun zum Wohl und für die Zukunft des Instituts investiert hat. "Ich lege meine beiden Hände ins Feuer: Die Geschichte stinkt."

    "Einigen der heute Verantwortlichen sind die Hände gebunden", so der pensionierte "Ankläger". Was er fürs Allgemeinwohl jedoch sehr bedauert. Es gebe einfach Interessenskonflikte aufgrund ihrer Positionen, zum Beispiel im Vorstand der "Volkswohnung" oder ihrer "getrübten Sichtweise inmitten des Beamtenapparats". Sparzwänge sind ihm auch kein Fremdwort. Ebenso der Zahn der Zeit habe manche Spur unkenntlicher gemacht. Aber Canisius ist sich sicher, alle Belege zusammengetragen zu haben, um aus der einstigen, verschwundenen Schenkung wieder das zu machen, was sie nach dem Tod von Professor Heinrich Ordenstein war: ein "Mit Recht" schuldenfreies, renditebringendes Badisches Konservatorium. Das sei die Stadt und die "Volkswohnung" der Kulturlandschaft in Karlsruhe schuldig. Ein Thema, das den Gemeinderat nach der Ansicht von Canisius unbedingt aufrütteln müsste.

    Anmerkung der Redaktion für alle Leser, die mehr zu dem Thema wissen wollen: die Zusammenfassung der Recherche von Dr. Claus Canisius - die ka-news exklusiv vorliegt - ist als PDF-Datei abrufbar (86 kB).

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