Mit Beginn der Heizperiode nehmen die Probleme mit Feuchtigkeitsschäden deutlich zu, weiß Energieberater Gerold Fürniß. Die häufigsten Gründe sind auf ein falsches Nutzerverhalten der Bewohner und die Dämmung der Wohnungen zurückzuführen, wie er immer wieder feststellt. Doch wie entsteht Schimmel an den Wänden überhaupt?
Das Grundproblem ist, dass im Winter die inneren Oberflächen von Fassaden immer kälter sind als die Raumluft. Betroffen sind vorrangig Wände mit schlechtem Wärmeschutz und in wenig beheizten Räumen. An den kalten Flächen schlägt sich Tauwasser aus der Luft nieder, das dem Schimmel als Wachstumsgrundlage dient. Ecken und Fugen werden dabei häufiger von Schimmel befallen. Der Grund: An diesen Stellen entweicht die Wärme in der kalten Jahreszeit besonders stark.
Das heutige Wohnverhalten führt dazu, dass in den Wohnungen durch einen höheren Warmwasserbedarf weitaus mehr Wasserdampf als früher freigesetzt wird. So wird heute täglich geduscht, Kleidung häufiger gewaschen und diese im Winter oftmals in der Wohnung getrocknet. In einem Drei- oder Vier-Personen-Haushalt entsteht dadurch wöchentlich mit rund 70 bis 100 Litern Wasser der Inhalt einer halben Badewanne, der in unsichtbarer Form von Wasserdampf an die Luft abgegeben wird. Hinzu kommt, dass moderne Fenster und Türen dicht schließen und die Oberflächen im Haus dadurch mehr versiegelt sind.
Wie kann Schimmel vermieden werden? Richtiges Lüften führt dazu, dass die feuchtigkeitsgeschwängerte Warumluft durch trockene Frischluft ausgetauscht wird. "Die Leute wenden sich oft ratlos an uns und versichern uns, dass sie immer lange die Fenster öffnen", berichtet Fürniß. Doch genau darin liege der Fehler. Denn in der Kürze liegt die Würze - und in der Intensität. Der Experte rät, zwei- bis dreimal täglich für einen Luftaustausch zu sorgen und dies vor allem beim Kochen und nach dem Benutzen des Badezimmers. Dabei sollen die Fenster immer ganz geöffnet werden. Dies sollte nicht beliebig lange, sondern extrem kurz je nach Außentemperatur erfolgen. Es gilt die Faustregel: Bei Frost zirka zwei bis drei Minuten, bei 0 bis fünf Grad fünf Minuten und bei fünf bis zehn Grad ebenfalls fünf bis zehn Minuten.
Gekippte Fenster sind Gift für Umwelt und Portemonnaie
Selbst bei Nebel und Regen ist gutes Lüften genauso wichtig, da die kalte Außenluft beim Aufwärmen sehr trocken wird. Ungenutzte Räume sollten nicht auskühlen, sondern immer leicht temperiert werden. Eine erhöhte Wärmedämmung des Gebäudes hilft außerdem, Schimmel zu vermeiden, erhöht die Wohnbehaglichkeit und spart darüber hinaus langfristig Heizkosten. Ist eine Sanierung der Außenfassade nicht möglich und die Fenster wurden trotzdem abgedichtet, kann ein angepasstes Lüftungsverhalten diese geänderte Rahmenbedingungen leicht wieder ausgleichen, erklärt Fürniß. Falsch und in mehrfacher Hinsicht schädlich sind beispielsweise stundenlang schräg gestellte Fensterflügel.
Dabei wird das Geld und die Heizenergie zum Fenster rausgepustet. Außerdem kühlt die benachbarte Wand- und Bodenfläche stark aus, was zu einem erhöhten Schimmelrisiko führt. Ein Raumklima von 40 bis 70 Prozent Luftfeuchtigkeit bei zirka 22 Grad Celsius ist optimal. Im Winter sollte die Luftfeuchte durch ausreichendes Lüften dringend unter 50 Prozent gehalten werden. Steigt diese über 70 Prozent an, begünstigt dies sowohl Schimmelbildung als auch Milbenwachstum in der Wohnung. Gerold Fürniß rät daher auch zum regelmäßigen Auslüften der Bettwäsche. Dadurch werd dem Material zum einen die Feuchtigkeit entzogen, zum anderen töte das UV-Licht der Sonne die Hausstaubmilben ab, die vor Schimmel und Katzenhaaren eine der häufigsten Innenraum-Allergien auslösen.
Im Zweifelsfall Experten zu Rat ziehen
Und ist der Schimmel erst einmal da - wie wird man ihn wieder los? Sind Schimmelschäden schon erkannt, ist eine fachgerechte Schimmelbeseitigung wichtig. Im Zweifelsfall sollte ein Bausachverständiger herangezogen werden, um die Ursache der Feuchtigkeit zu ermitteln. Leichtes Schimmelwachstum, das gleich zu Beginn erkannt wurde, kann oberflächlich entfernt werden. Gut geeignet ist 70- bis 80-prozentiger Alkohol (auch Spiritus), mit dem sich das Wachstum stoppen lässt. Abzuraten ist vom Einsatz chemischer Mittel, die insbesondere bei Chlorverbindungen zusätzlich für den Menschen zur Gesundheitsgefahr werden können.
Das Umweltamt weist daraufhin, bei einem Befall von mehr als 0,5 Quadratmeter Fläche nur qualifizierte Sanierungsfachleute zu beauftragen. Denn schon dann ist eine erhöhte Sporenkonzentration in der Raumluft enthalten, so der Experte. Ist die Schimmelbildung bereits stark fortgeschritten, reicht eine oberflächliche Behandlung nicht mehr aus. Hier müssen Tapete und Putz entfernt werden. Damit beseitigt man allerdings auch nur die Folgen des Schadens, die früher oder später erneut auftreten können. Deshalb muss grundsätzlich die Ursache der Feuchtigkeit bekämpft werden.
Vorsicht vor Panikmache
In einem Schadensfall muss geklärt werden, ob der Bewohner oder die Baukonstruktion verantwortlich sind. Erfahrungsgemäß handelt es sich um Beiträge von beiden Seiten, weiß der Energieexperte Gerold Fürniß. Meistens überwiegt allerdings ein ungünstiger Nutzereinfluss. Sobald ein Schimmelbefall entdeckt wird, sollten auf schnellstem Weg Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Bei einer Mietwohnung ist der Eigentümer unverzüglich zu informieren, um später die Schadensaufklärung nicht zu erschweren. Die Schäden fotografisch festzuhalten ist immer ratsam.
Weltweit gibt es über 100.000 Arten von Schimmelpilzen. Die Sporen der Pilze können allergische Reaktionen insbesondere der Atemwege verursachen. Der Mensch ist jedoch an dieses natürliche Vorkommen gut angepasst und daher weitgehend resistent. Daher empfindet Gerold Fürniß die umgreifende Panik vor Gesundheitsrisiken als überbewertet. Nicht immungeschwächte Menschen hätten in den meisten Fällen nichts zu befürchten.
"Wir kommen ständig mit Pilzen in Berührung", erklärt er am Beispiel eines Waldspaziergangs im Herbst und dem Kompost im Haushalt - beide weisen eine hundertfach höhere Sporenkonzentration auf, als der Schimmel an der Wand, klärt der Experte auf. "Gegen Ende des Jahres fault alles im Wald ab - und die Leute gehen dort wandern, weil sie frische Luft schnappen möchten", lacht er.