Ulrich Beer-Bercher ist Gründungsmitglied der Initiative für ein Friedensdenkmal, die für die gewaltfreie Lösung von Konflikten steht. "Das Leibgrenadierdenkmal ist ein affirmatives Denkmal", sagt Beer-Bercher im Gespräch mit ka-news. Mit anderen Worten, es bestätige und verherrliche die kriegerische Lösung, und rühmt die Schlachten, in denen die Leibgrenadiere gekämpft haben. In der Tat erinnert das Denkmal an die napoleonischen Kriege, die Revolution von 1848, den Deutsch-Französischen Krieg als auch den Ersten Weltkrieg und an die Soldaten, die zur Verteidigung ihrer Heimat ins Feld gezogen sind.
Beer-Berchers Meinung nach ist das Greifdenkmal verzichtbar, weil es die Schlachten der Grenadiere auflistet und nicht den Gefallenen und Opfern gewidmet ist. Somit stehe das Denkmal nicht für Trauer oder Bedauern.

Distanzierung vom 1. Weltkrieg ist notwendig
"Natürlich gibt es bei uns in der Initiative auch unterschiedliche Meinungen", sagt Beer-Bercher. "Manche Mitglieder möchten das Denkmal komplett entfernen und ins Museum schicken lassen, andere würden einen Kompromiss mit zwei Denkmälern - den Greif und ein Friedensdenkmal - begrüssen." Persönlich würde er das Leibgrenadierdenkmal nicht wieder aufbauen. "Es gehört ein Friedensdenkmal auf den Europaplatz", meint er.
Laut Beer-Bercher brauche die Gesellschaft eine Distanzierung vom 1. Weltkrieg, um Wiederholungen solcher Konflikte zu vermeiden. Revisionisten, die imperialistische Ideen vertraten, so Beer-Bercher, haben das Denkmal gebaut. Er befürwortet das Antikriegsdenkmal am Ettlinger Rathausturm, von Oskar Kiefer 1927 errichtet, das deutlich vor dem Krieg mahnt.

"Wenn Kriegerdenkmäler mahnen, haben sie eine sinnvolle Funktion." Ulrich Beer-Bercher möchte, dass das Stadtbild die gegenwärtige Zeit und die damit verbundenen Werte repräsentiert. "Ein Friedensdenkmal sollte auf einem prominenten Platz stehen", sagt er. Es sollte nach vorne gerichtet werden und den Menschen ehren, die zu den Zeiten des Wiederaufbaus von Deutschland und dem Versöhnungsprozess nach dem 2. Weltkrieg beigetragen haben.

Denkmäler sind Kunstwerke
"Ein Ort, an dem Kulturdenkmäler verfallen, ist wie ein Mensch, der sein Gedächtnis verliert", sagt Karl Leis, Karlsruher Antiquitätenhändler und Mitglied der Historischen Bürgerwehr im Gespräch mit ka-news. Das Zitat von Ann-Sophie Mutter ist relevant - Denkmäler gehören zum Stadtbild und zur Geschichte der Stadt. Man sollte das, was früher errichtet wurde, nicht einfach beseitigen. Die meisten Gefallenendenkmäler seien Kunstwerke von bekannten Künstlern, Mahnmale und Gedenkstätten, und stellen keine Verherrlichung des Krieges dar. Sie dienen, so Leis, zur Erinnerung an die Leute, die damals gekämpft haben und als Mahnmale gegen zukünftige Kriege.
Man sollte auch den Zeitgeist und die Leute weiterhin respektieren, sagt Leis, der 2010 bei den Abbauarbeiten an der Entdeckung der sogenannten Kassette, einer Metallschachtel unter dem Grundstein, die Originaldokumente und bedeutende Erinnerungsstücke über die Leibgrenadiere enthielt, beteiligt war. Leis sorgte dafür, dass die Kassette so gut wie möglich gerettet werden konnte.

Für Hinterbliebene sind Denkmäler auch Trauerstellen
Der Antiquitätenhändler sieht die Gefallenendenkmäler auch als Ersatz für eine Grabstätte. Der 1. Weltkrieg beispielsweise fand nicht auf deutschem Boden statt und Soldaten sind unter anderem in Frankreich, Belgien oder Russland gefallen. So hatten die Angehörigen keine menschlichen Überreste ihrer geliebten Väter, Ehemänner und Söhne und daher auch kein Grab.
Eine Trauerfeier für den Verstorbenen war damit nicht möglich, und es hat ein Ort gefehlt, an dem sie ihn besuchen oder Blumen bringen konnten. Das Denkmal hat in diesem Fall als eine Art Ersatzgrab fungiert, vor allem in den Dörfern und kleinen Ortschaften, wo die Namen der Gefallenen an Gedenktafeln aufgelistet wurden.

In gewissem Maße war das Denkmal auf dem Karlsruher Europaplatz auch eine Trauerstelle, an der die Angehörigen sich treffen und trösten konnten. Das Gefallenendenkmal der zwei weinenden Frauen in Ettlingen-Bruchhausen, errichtet 1927, drückt dies deutlich aus.
"In allen anderen Ländern", betont Leis, "werden die Denkmäler als Mahnmale behandelt, nur in Deutschland wollen manche versuchen, durch Ändern oder Entfernen dieser Ehrenmale die Geschichte zu entstellen."
Denkmal regt zur Auseinandersetzung mit der Geschichte an
"Es gibt eine klare Zusage der Stadt, dass das Denkmal wieder aufgestellt wird", sagt der Karlsruher Kulturbürgermeister Albert Käuflein im Gespräch mit ka-news, "und daran halten wir uns". Das Greifdenkmal nehme Bezug auf geschichtliche Ereignisse, erklärt er, und sei selbst Teil der Geschichte, das man nicht entfernen sollte. Vielmehr bietet das Denkmal die Möglichkeit, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen.
Käuflein könnte sich vorstellen, dass eine kommentierende Tafel am Denkmal dabei helfen könnte. Außerdem wäre es vorstellbar, Veranstaltungen am Denkmal abzuhalten - etwa gemeinsame Gedenkfeiern zusammen mit den Feind von einst. "Die Bedeutung eines solchen Denkmals wandelt sich damit", ist Bürgermeister Käuflein überzeugt.

Wiederaufbau kommt erst Ende 2019
Doch bis es soweit ist, zieht es sich noch etwas hin: Auf Anfrage von ka-news teilt die Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig) mit, dass an den Aufbau des Denkmals frühestens Ende 2019 gedacht werden könne. Wie auch so manch anders Denkmal, muss aber auch Leibgrenadierdenkmal dann noch eine weitere Baustellenzeit überstehen: Der Europaplatz bekommt, wie auch die gesamte Innenstadt, einen neuen Pflasterbelag.
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