Mit der Zerschlagung des nationalsozialistischen Unrechtsregimes im Mai 1945 begann gleichzeitig der Neuaufbau der Verwaltungen auf der Ebene der Städte und Gemeinden sowie der Landkreise. Im Landkreis Karlsruhe, dessen Verwaltung in den letzten Kriegsmonaten über viele Kommunen verteilt war, leitete von Mai 1932 bis zu seinem Freitod bei Einmarsch französischer Truppen im April 1945 Landrat Theodor Wintermantel die Verwaltungsbehörde. In Bruchsal hatte dieses Amt der promovierte Jurist Dr. Friedrich Denzel seit 1939 inne, der Anfang August 1945 auf Weisung der amerikanischen Militärregierung entlassen wurde.
Kaufmann, Strauß, dann wieder Kaufmann
Auf Befehl der französischen Militärregierung wurde am Tag der Kapitulation des Deutschen Reiches, am 8. Mai 1945, der beim Landratsamt Karlsruhe als Personalsachbearbeiter tätige Anton Kaufmann zum provisorischen Landrat des Landkreises Karlsruhe bestellt. Der in Buchen gebürtige Kaufmann begann im Jahr 1901 mit 16 Jahren die Ausbildung zum Gerichtsschreiber und hatte bis 1937 bereits zahlreiche Stationen in der staatlichen Verwaltung in Baden hinter sich, ehe er zu Jahresbeginn 1938 als Verwaltungsoberinspektor beim Bezirksamt Karlsruhe seinen neuen Dienst antrat. In der schwierigen Nachkriegszeit des alltäglichen Mangels an Nahrungsmitteln, Wohnraum oder medizinischer Versorgung, hatten er und seine Nachfolger die große Aufgabe, die Versorgung der Bevölkerung mit den notwendigsten Dingen sicher zustellen.
Neff blieb für sieben Monate im Amt
Nach nur rund sechs Wochen löste ihn in diesem Amt Fritz Peter Strauß ab, der als Jude die Jahre des Nationalsozialismus zum Teil in Verstecken und nur unter Aufbringung seiner Gesundheit überlebt hatte. Der 1903 in Freiburg geborene spätere gelernte Schneidermeister, hatte bis 1933 ein eigenes Geschäft in Karlsruhe, ehe er für 18 Monate nach Frankreich emigrierte. Von der Gestapo über die Grenze zurück nach Deutschland gelockt, verbrachte er zunächst drei Monate als Schutzhäftling in Kislau und kam nur unter Abgabe einer Loyalitätserklärung wieder auf freien Fuß. Strauß, der von Ende Juni bis September 1945 ebenfalls als kommissarischer Karlsruher Landrat fungierte, musste schließlich nach Anschuldigungen der amerikanischen Militärregierung sein Amt aufgeben, ehe Kaufmann für nur vier Wochen erneut berufen wurde.
Ihm folgte Anfang Oktober 1945 für immerhin sieben Monate der in Bretten gebürtige und spätere Alleininhaber der Carl-Neff-Herdfabriken, Dr. Alfred Heinrich Neff, der 1945 auch zum Bürgermeister Brettens bestellt worden war. Neff hatte 1932 an der Universität Köln zum Dr. rer. pol. promoviert und war unter anderem Assistent am psychologischen Institut der Wirtschaftshochschule Mannheim. Eine weitere akademische Laufbahn scheiterte nach der Machtübernahme durch die NSDAP an seiner antifaschistischen Einstellung.
Seit 1940 übernahm Neff den elterlichen Betrieb und nahm Anfang 1946 - noch während seiner Amtszeit als kommissarischer Landrat - einen Lehrauftrag für die Fächer Soziologie und Psychologie an der TH Karlsruhe war, wo er im März 1946 einen Vortrag über "Die Psychologie des Schaffens und die produktive Geistestätigkeit" hielt. Neff verblieb nach seinem Ausscheiden aus dem Kreisdienst - anlässlich der ersten Kreistagswahl im April 1946 - für weitere Jahre an der Universität Karlsruhe, wurde schließlich Präsident der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe und zum Ehrensenator der TH Karlsruhe und Ehrenbürger der Stadt Bretten ernannt.