Am Freitagnachmittag wurde der Kirchplatz St. Stephan Schauplatz einer ungewöhnlichen Aktion: Menschen liegen auf Feldbetten, im Hintergrund tönen die Klänge des Kinderlieds "Lalelu" - was ist da los?
Es ist eine Studenten-Aktion: Sie wollen auf den akuten Wohnraummangel in Karlsruhe zum Semesterbeginn aufmerksam machen. Zugleich markiert sie den Auftakt der Wohnraumkampagne "Dach gesucht!", die seit 2012 das Ziel verfolgt, die Wohnungssituation für Studierende und Auszubildende zu verbessern.
5.000 Wohnungssuchende stehen auf der Warteliste
Das ist auch dringend nötig, denn: Maximal 8.400 Wohngelegenheiten im Wohnheim oder über die private Zimmervermittlung des Studierendenwerks stehen für alle Studenten zur Verfügung. Im letzten Wintersemester waren das laut "Dach gesucht" fast 43.000 Personen. Eine prekäre Situation.
"Vor allem zu Beginn des Wintersemesters ist es dramatisch", erläutert Michael Postert, Geschäftsführer des Studierendenwerks Karlsruhe, auf der Pressekonferenz nach dem Flashmob am Freitag. "Dann beginnen die meisten Studiengänge." Laut Postert stehen momentan rund 5.000 Wohnungssuchende auf der Warteliste für einen Wohnplatz.

"Jeder Student kennt das Problem"
Auch Studentin Charlott Jakob nimmt an dem Flashmob teil und weiß um die angespannte Wohnsituation in der Fächerstadt. Vor ein paar Monaten hat sie selbst noch vergeblich nach einem WG-Platz gesucht. "Jeder Student kennt das Problem", meint sie im Gespräch mit ka-news. Was sie dann berichtet, klingt unglaublich: "Ich habe mal einen Erstsemestler bei mir in der Abstellkammer wohnen lassen, weil er einfach keine Wohnung gefunden hat."

Besonders hart traf der Wohnungsmangel auch den Inder Aakash Shetty. Er studiert Intercultural Management an der Karlshochschule und suchte, bevor er für sein Studium nach Deutschland kam, nach eigenen Angaben drei Monate lang vergeblich nach einer Unterkunft in Karlsruhe. Hier angekommen, hat er übergangsweise für einen Monat in einem Hostel übernachtet, bevor er schließlich doch noch einen WG-Platz in Stutensee bekam.
Start-Up "Nestyu" soll Vermieter und Wohnungssuchende zusammenbringen
Mit zwei weiteren Studenten haben die beiden vor acht Monaten deshalb das Start-Up "Nestyu" gegründet, erzählen sie im Gespäch mit ka-news. Damit wollen sie - ähnlich wie Online-Vermietungsportale von Ferienwohnungen - Vermieter und Wohnungssuchende gezielt zusammenbringen. 65 Anmeldungen konnten sie nach eigenen Angaben seit ihrem Website-Start vor einem Monat schon verzeichnen.
Kampagne "Dach gesucht" noch bis zum 28. September
Auch die Kampagne "Dach gesucht" will - unter anderem mit einem Informationspavillon, der noch bis zum 28. September auf dem Kirchplatz St. Stephan zu finden ist - zentrale Anlaufstelle und Kontaktbörse für Wohnungssuchende und potentielle Vermieter sein.
Vor allem für letztere sieht Bürgermeister Martin Lenz in der Aktion einen symbolischen Appell, ihre letzten Wohnressourcen für wohnungssuchende Studenten zu mobilisieren. "Schließlich", so macht Lenz noch einmal deutlich, "ist Wohnen eines der großen Zukunftsthemen in Karlsruhe."
Wer auch ein Zimmer oder eine Wohnung vermieten möchte, kann sich unter 0721/6909192 und per E-Mail unter info@dach-gesucht.de melden. Zudem kann man sich an den "Dach gesucht"-Pavillon wenden, der noch bis zum 28. September auf dem Kirchplatz St. Stephan zu finden ist.