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Karlsruhe: Cybermobbing in Karlsruhe: Wenn Nacktfotos das Leben zur Hölle machen

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Cybermobbing in Karlsruhe: Wenn Nacktfotos das Leben zur Hölle machen

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    (Archivbild)
    (Archivbild) Foto: Bild: Schierenbeck/dpa/tmn

    Die Party ist in vollem Gang. Der Alkohol fließt in Strömen. Mit den Hemmungen fallen auch die Hüllen. Das junge Mädchen tanzt nur mit einem BH bekleidet. Ihre Umwelt hat sie völlig vergessen. Deshalb bekommt sie auch nicht mit, wie ein junger Mann mit seinem Handy Fotos von ihr macht. Noch in der gleichen Nacht postet er diese auf seinem Facebook-Account - sichtbar für seine 350 Freunde und den Rest der Welt.

    Auch Erwachsene können Opfer werden

    Das ist nur einer von vielen Fällen, wie er sich regelmäßig in sozialen Netzwerken ereignet. Jugendliche machen sich über andere mit kompromittierenden Fotos lustig, verbreiten Gerüchte im Netz und erpressen mit falschen Accounts. Eine betrogene Freundin hat aus Rache Nacktfotos ihres Ex-Freundes veröffentlicht. "Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen", sagt Hans-Peter Pott, Fachkoordinator für den Bereich Jugendkriminalität beim Polizeipräsidium Karlsruhe. Über 300 Fälle von Cybermobbing in Zusammenhang mit der Plattform Facebook seien den Beamten allein in diesem Jahr bekannt.

    Die Täter sind vor allem Jugendliche und junge Erwachsene. Bei Netzwerken wie Knuddels würden auch noch nicht strafmündige Jugendliche unter 14 Jahren und Kinder auffällig werden. Die Opfer sind ebenfalls häufig erst im Teenageralter. Die Täter seien selten Unbekannte und stammten meistens aus dem persönlichen Umfeld des Opfers.

    Cybermobbing ist kein Kavaliersdelikt

    "Auch Erwachsene können Opfer werden, wie beispielsweise Lehrer, die einem irgendwie in die Quere gekommen sind", so Pott weiter. Zum Beispiel wurde eine 29-jährige Lehrerin zur Zielscheibe eines Schülers. "Ich würde meiner Lehrerin am liebsten den Schädel mit einem Hammer einschlagen, bis ich jede Hirnzelle einzeln herauspuhlen kann." Der 15-Jährige hatte das auf seiner Facebook-Seite gepostet, um seiner Wut über die Lehrerin Luft zu machen.

    Cybermobbing ist kein Kavaliersdelikt, das ohne Folgen bleibt. Stellt man Bilder von jemandem ohne dessen Zustimmung ins Netz, verbreitet Gerüchte oder bedroht ihn, verletzt man dessen Persönlichkeitsrecht - also das Grundrecht zum Schutz vor Eingriffen in den Lebens- und Freiheitsbereich eines Menschen. Gemeinnützige Tätigkeiten und Arbeitsstunden könnten den Delinquenten als Strafe erwarten.

    Trotz aller Vernetzung beginne Mobbing nach wie vor auf dem Schulhof, so Pott. Durch die Möglichkeit, mit Handys Fotos und Filme zu machen, habe das Lästern jedoch eine neue Dimension bekommen. Sticheleien, Beleidigungen und das bewusste Ausgrenzen und Fertigmachen würden im Internet fortgesetzt. Durch die Tatsache, dass diese angebliche Wahrheiten für eine Vielzahl von Nutzern sichtbar seien, fühlen sich die Opfer meist hilflos. Darüber zu reden und Fälle zur Anzeige zu bringen, sei gegenüber dem Schweigen die bessere Alternative, raten Experten wie Hans-Peter Pott.

    "300 Freunde zu haben, kann ein Nachteil sein"

    Im Internet wie in der Schule gilt der Rechtsgrundsatz, dass der Täter erst "über­führt" werden müsse, bevor dessen Verhalten nach einer Anhörung, zu der neben dem Schüler auch dessen Eltern geladen werden, sanktioniert werde. Darauf weist der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg in einer aktuellen Pressemitteilung hin. Der Paragraph 90 des Schulgesetzes gebe den formalen Rahmen vor, innerhalb dessen sich die Schule bewegen könne.

    Besser als Strafe sei Vorbeugung, damit es erst gar nicht zum Mobbing komme, sagt VBE-Vorsitzende Gerhard Brand. Um den in manchen Klassen für einzelne wirklich schlimmen Zustän­den entgegenzuwirken, seien an den Schulen mehr Psychologen und Sozialarbeiter er­forderlich sowie besser aus- und fortgebildete Lehrer, fordert der VBE-Chef.

    Nutzern von Facebook und anderen sozialen Netzwerken rät Hans-Peter Pott, sich seine "Freunde" genau auszusuchen. "300 Freunde zu haben, kann ein Nachteil sein - vor allem wenn man sie so wenig kennt." Hilfreich sei es außerdem, seinen Rechner mit einer leistungsstarken Antiviren-Software auszustatten, um Hackerangriffe abzuwehren, die es auf Passwörter abgesehen haben.

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