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Pforzheim: Bombardierung war am 23. Februar: Zensur wegen Gedenktag in Pforzheim?

Pforzheim

Bombardierung war am 23. Februar: Zensur wegen Gedenktag in Pforzheim?

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    Undercover Records wird am 20. Februar 2009 mit einem Infostand beim Konzert vertreten sein (Ausschnitt des Flyers).
    Undercover Records wird am 20. Februar 2009 mit einem Infostand beim Konzert vertreten sein (Ausschnitt des Flyers). Foto: ps

    Für den 31. Januar war ein Hardcore-Konzert mit den Bands Society Off und Know Your Foe geplant sowie am 13. Februar ein OI!-Punk-Konzert mit der Band Loikaemie. Beide Konzerte sollten im Jugendkulturtreff Kupferdächle stattfinden. Dieser hatte zugesagt, die Konzerte waren bereits beworben worden. Im November 2008 sagte der Stiftungsrat des Kupferdächle die Veranstaltungen mit der Begründung ab, vier Wochen vor und nach dem Gedenktag der Zerstörung Pforzheims am 23. Februar 1945 dürften keine Konzerte stattfinden, die einen politischen Bezug auf dieses Datum enthalten.

    Bloße Teilnahme macht verdächtig

    Detlef Wagner, Geschäftsführer des Kupferdächle, macht im Gespräch mit ka-news den Konflikt an der Person Nico Reischmann fest. Reischmann ist Vorsitzender des Vereins Kulturschock Pforzheim, der auch im linken Bündnis alerta aktiv ist. Als kritisch sieht Wagner insbesondere Reischmanns jahrelange Beteiligung an Gegendemonstrationen zu den ebenfalls jährlich am 23. Februar stattfindenden Mahnwachen der Neonazi-Gruppe Freundeskreis Ein Herz für Deutschland.

    Diese Gegendemonstrationen werden von linken Gruppierungen und Gewerkschaften durchgeführt. Seit einigen Jahren komme es dabei regelmäßig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit autonomen Gruppen. "Das ist ein neuralgischer Punkt in Pforzheim", so Wagner. Er hat jedoch keine Hinweise, dass Reischmann in gewalttätige Auseinandersetzungen verstrickt sei. Wagner reiche die bloße Teilnahme an den Demonstrationen, um ihn als Persona non grata zu betrachten. Damit gelte für ihn auch Reischmanns Tätigkeit für den Kulturschock als politisch belastet. Kulturschock selbst sieht seine Aufgabe ausschließlich in der Förderung jugendlicher Subkultur, die in etablierten Foren kein Podium finde. Der Verein ist als gemeinnützig eingetragen und enthält in seiner Satzung keine politischen Ziele. Man könne im Verein die Absage durch das Kupferdächle nicht nachvollziehen.

    Beteuerungen genügen?

    Besonderes Unverständnis ruft bei den Verantwortlichen von Kulturschock die Tatsache hervor, dass wenige Tage vor dem 23. Februar ein Konzert unter noch fragwürdigeren Umständen geplant ist. Am 20. Februar soll dort ein Metall-Konzert stattfinden, bei dem das Label Undercover Records eingebunden ist. Dieses habe auch verschiedene neonazistische Bands vertrieben, unter anderem Ad Hominem mit eindeutig antisemitischen Texten.

    Wagner erklärt, dass man keine Belege für eine derartige neonazistische Gesinnung gefunden habe. Der Inhaber des Ein-Mann-Labels Undercover Records, Alexander Tiebel, habe beteuert mit neonazistischer Gesinnung nichts zu tun zu haben. Auf der Website des Labels ist Ad Hominem nicht zu finden. Hinweise auf eine Verbindung gibt das Online-Lexikon Wikipedia.

    Ästhetische Differenzen?

    Ebenso enttäuscht sei man bei Kulturschock auch vom Verhalten der Stadt. Man hatte sich um eine Ersatz-Veranstaltungsort beim Haus der Jugend in Pforzheim bemüht, was die Stadt verhindert habe. Die Stadt ist dort mit 25 Prozent beteiligt.

    Wie der Pressesprechers der Stadt Pforzheim, Michael Strohmayer, gegenüber ka-news erklärt, hat der Gemeinderat der Stadt im Jahr 2007 eine Resolution erlassen mit dem Ziel, die Würde des Gedenktages zu schützen. In Zusammenhang damit habe die Stadt beschlossen, in ihren eigenen Einrichtungen vier Wochen vor und nach dem 23. Februar keine Veranstaltungen zuzulassen, die die Würde des Gedenktages beeinträchtigen könnten.

    Strohmayer macht in Hinblick auf die gewünschten Konzerte in erster Linie ästhetische Erwägungen geltend, nach denen ein würdiges Gedenken fraglich sei. Trotz skeptischer Einschätzung kann er keine konkreten Hinweise auf etwaige links-extremistische Züge nennen. Er gibt zu bedenken, dass zu anderen Zeiten oder an anderen Veranstaltungsorten die Konzerte ohne weiteres durchgeführt werden könnten.

    Die Verantwortlichen von Kulturschock sind überzeugt, es werde mit Vehemenz gegen Links vorgegangen, auf dem rechten Auge sei man jedoch blind.

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