Sie stehen versteckt im Wald bei Liedolsheim, gar nicht weit von Karlsruhe entfernt: Ein paar alte Betongebilde, teils gut erhalten, teils zerstört und eingestürzt. Als ka-news.de an einem sonnigen und milden Wintertag Anfang Januar auf die bizarr wirkenden Betonklötze stößt, kann man kaum erahnen, welche Funktion sie einst zu erfüllen hatten.

Denn: Sie sind Teil eines der größten Verteidigungssysteme des Deutschen Reiches im Zweiten Weltkrieg.

Der 630 Kilometer lange sogenannte Westwall verlief von Kleve in Nordrhein-Westfalen aus weiter durch Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg bis hin zur Schweizer Grenze bei Grenzach-Wyhlen. Entlang der Westwall-Linie finden sich noch heute Bunkeranlagen in unterschiedlichem Zustand. Teilweise sind die Anlagen zerstört und liegen verfallen in den Wäldern.

In Baden-Württemberg beginnt die Westwall-Linie nördlich von Karlsruhe, die weiter über den Ettlinger Riegel in Richtung Schweiz verläuft. Die Anlagen liegen frei zugänglich, nur durch einen kleinen Zaun geschützt.

Doch Achtung: Weil die Gebäude eingestürzt oder einsturzgefährdet sind, ist das Betreten streng verboten! Für die Natur gilt dieses Verbot jedoch nicht: Im Laufe der Jahre haben Sträucher und Bäume die grauen Riesen erobert.

Die Bunkeranlagen bei Liedolsheim bestehen aus massiven Betonwänden und Decken mit starkem Bewehrungsstahl, der vielfach durch den Beton sprießt.

Im Laufe der Jahrzehnte allerdings wuchsen an den Stahlstangen Tropfsteine, die Betonstücke sind teilweise mit saftigem Moos bedeckt, Algen und pflanzliche Mikroorganismen befallen die Bunkerwände.

Insgesamt wirkt an diesem sonnigen Wintertag alles wie ein bizarres Kunstwerk der Natur.

Besonders düstere Eindrücke erwecken allerdings die noch bestehenden Zugänge der Anlage mit den dazugehörigen Stahlträgern und Lüftungsschächten.

Der Westwall galt seinerzeit als ein gigantisches Bauwerk. Die Gesamtkosten lagen bei geschätzten 3,5 Milliarden Reichsmark. Es wurden 17 Millionen Tonnen Beton am Westwall verbaut. Um diese unvorstellbaren Massen an Beton zu befördern, wurden erstmals großflächig Trommelbetonmischer eingesetzt.

Für den Bau von Bunkern, Stollen sowie zahlloser Gräben mit Panzersperren - alles Teil des tödlichen Westwall-Systems - mussten zwischen 1937 und 1939 über 30.000 Bauern mit ihren Familien die eigenen Betriebe verlassen. Gerettet hat der Westwall das Dritte Reich bekanntermaßen trotzdem nicht: Nach Kriegsende wurden viele Anlagen von den Alliierten gesprengt.
Noch mehr Bilder von diesem außergewöhnlichen Ort gibt es hier:



Hinweis: Kommentare geben nicht die Meinung von ka-news wieder. Der Kommentarbereich wird 7 Tage nach Publikationsdatum geschlossen. Bitte beachten Sie die Kommentarregeln und unsere Netiquette!