Die "Stuttgarter Nachrichten" bezogen sich ihrerseits auf interne Unterlagen der Deutschen Bahn. Den Berichten zufolge wolle die Bahn bis auf den Katzenbergtunnel bei Freiburg bis 2011 mit keinem Projekt auf der Rheintalstrecke mehr beginnen und in den nächsten fünf Jahren nur zwei Millionen Euro Eigenmittel in das Schienennetz im Südwesten investieren.
Bahn: "Viergleisiger Ausbau hat höchste Priorität"
Die Deutsche Bahn hält dem nun entgegen, sie werde in den nächsten fünf Jahren deutlich über zwei Milliarden Euro in die Infrastruktur in Baden-Württemberg investieren. Allein in diesem Jahr würden über 500 Millionen in die Erneuerung und den Ausbau der Gleise fließen. Die Bahn stehe zudem auch weiterhin zu den zentralen Projekten wie der Neu- und Ausbaustrecke Karlsruhe-Basel oder der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm.
Der viergleisige Ausbau der Rheintalstrecke habe nach Angaben der Bahn "höchste Priorität bei Planung und Realisierung". Derzeit wird zwischen Freiburg und Basel der knapp zehn Kilometer lange Katzenbergtunnel gebaut. Bis 2012 soll der rund 500 Millionen Euro teure Abschnitt von Haltingen bis Schliengen an die vorhandene Strecke angebunden sein. Die Genehmigungsverfahren für die weiteren Abschnitte zwischen Offenburg und Basel laufen nach Bahn-Angaben auf Hochtouren, so dass bei gesicherter Finanzierung der Ausbau bis zum Jahr 2020 abgeschlossen sein könne.
Innenminister Rech begrüßt "positive Haltung" der Bahn...
Auch das Projekt Neubaustrecke Wendlingen-Ulm stehe im Zusammenhang mit Stuttgart 21 "weit oben" auf der Liste der Investitionsvorhaben. Hier erwartet die Deutsche Bahn noch in diesem Jahr eine Entscheidung des Bundes zur Finanzierung dieser wichtigen Strecke. Es könne also keine Rede davon sein, dass wichtige Infrastrukturvorhaben im Südwesten zurückstellt würden. Im Gegenteil würden zentrale Neu- und Ausbauvorhaben schnellstmöglichst umgesetzt werden, um mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen.
Innenminister Heribert Rech hat die "eindeutig positive Haltung" der Deutschen Bahn AG zu zentralen Schienenprojekten in Baden-Württemberg begrüßt. "Die heutige Erklärung der DB AG widerlegt alle Spekulationen. Ich gehe davon aus, dass die Bahn zu ihrem Wort steht und die für das Land wichtigen Infrastrukturprojekte vorantreibt", so Rech am Donnerstag in Stuttgart.
...Opposition kritisiert Börsengang, "Stuttgart 21" und...
Noch vor Bekanntwerden des Bahndementis bezeichnete Werner Wölfle, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion der Grünen im Landtag von Baden-Württemberg , die mutmaßlichen Sparabsichten der Bahn als "unübersehbare Folge des geplanten Börsengangs des Gesamtkonzerns einschließlich der Gleise und Bahnhöfe". In diesem Zusammenhang befürchtet Wölfle einen ähnlichen Qualitätsverlust wie in Großbritannien. Die Landesregierung forderte er auf, den geplanten Börsengang mit Netz im Interesse des Landes im Bundesrat zu verhindern. "Die Verkehrsunternehmen der DB sollen gerne an die Börse gehen, aber das Netz und die Bahnhöfe müssen in staatlicher Hand bleiben."
Die geplante Reduzierung der Bautätigkeit hätte für das Land gravierende Auswirkungen, vor allem im Bereich Lärmschutzmaßnahmen. Absehbar seien auch Verzögerungen beim Bau der Neubaustrecke Ulm - Wendlingen. Wenn "Stuttgart 21" dieses Jahr wegen fehlender Finanzmittel "beerdigt" würde, wäre eine Verzögerung um zwei Jahre nicht so tragisch, weil dann der Anschluss dieser Strecke an das bestehende Netz neu geplant werden müsste. Wölfle befürchtet aber, dass der Zeitverzug bei dieser Strecke dazu führen wird, die Entscheidung über Stuttgart 21 weiter hinauszuschieben.
...Stillstand bei Schieneninvestitionen
Gleichzeitig forderte Hans-Martin Haller, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, die Landesregierung dazu auf, bei der Deutschen Bahn Druck zu machen, "damit mehr Geld in den Streckenausbau in Baden-Württemberg fließt". Die SPD-Landtagsfraktion sei besorgt über den Stillstand bei den Schieneninvestitionen. Haller: "Die Landesregierung muss gegenüber der Bahn endlich ihre wachsweiche Haltung aufgeben und energischer für die Interessen Baden-Württemberg bei der Schienen-infrastruktur kämpfen. Denn beim Ausbau des Schienennetzes ist es verkehrs- und umweltpolitisch höchste Eisenbahn."
Auch für die Investitionspolitik der Bahn selbst zeigte Haller kein Verständnis: "Es ist ärgerlich, dass sich die DB auf Kosten des Südwestens offensichtlich für die Börse fit macht und gleichzeitig nichts gegen den Investitionsstau bei ihren ureigensten Aufgaben unternimmt." Oberstes Ziel der Bahn müsse es sein, für einen reibungslosen Transport von Menschen und Gütern zu sorgen. Das sei nur mit einem gut ausgebauten und intakten Schienennetz zu erreichen. Baden-Württemberg brauche ein leistungsfähiges Schienennetz, um auch weiterhin seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit voll ausspielen zu können.