Allerdings muss man auch konstatieren: Die Spanier waren zwar nicht besser, aber effektiver, als die Deutschen. Sie nutzten zwei ihrer Gelegenheiten, die Nagelsmann-Elf münzte nur eine der vielen guten Chancen in ein Tor um. Phasenweise fehlte der Elf aus dem Gastgeberland die Durchschlagskraft - insgesamt fehlte auch das Matchglück.
Aber der Reihe nach.
Nagelmanns Startelf-Änderungen zünden nicht
Bei der Aufstellung gab‘s eine faustdicke Überraschung: Emre Can rückte für Robert Andrich in die erste Elf. Can fand nicht zu seine Klasse, sah früh gelb und musste zur Halbzeit raus, Andrich kam für ihn rein.

Die Deutschen brauchten einige Minuten, um richtig ins Spiel zu kommen. Sie versuchten sich im Pressing, hatten viel Ballbesitz - nach 15 Minuten rund 60 Prozent - aber die 65 Prozent verlorener Zweikämpfe trugen mit dazu bei, dass sie in der Offensive nicht allzu gefährlich waren. Pechvogel: Der agile, fleißige Kai Havertz. Erst scheiterte er mit einem Kopfball am spanischen Keeper, dann ging ein Schuss knapp vorbei.
Nach dem Rückstand spielt Deutschland auf
In Halbzeit zwei bestimmten die Deutschen nach dem Rückstand durch Dani Olmo - Rechtsschuss in Minuten 51, Vorbereitung Lamine Yamal - zunehmend das Spiel.

Aber dann wurde der eingewechselte Niclas Füllkrug zum Pechvogel. Ein Schuss von „Fülle“ krachte an den Pfosten, zweimal rettete der gute spanische Keeper. Der eingewechselt Wirtz traf kurz vor dem Abpfiff zum hoch verdienten 1:1. Das war der Lohn für enorm viel Arbeit, dafür dass diese Mannschaft Riesenmoral zeigte. Aufgeben war nie ein Option der Mannschaft, die immer an sich glaubte.
Hand oder nicht Hand?
Die 106. Minute war verhängnisvoll, wohl spielentscheidend. Beim Stand von 1:1 stoppte Spaniens Marc Cucurella in der einen Schuss von Jamal Musiala mit der linken Hand. Er verhindert mit der Hand, dass der Ball ins Tor flog. Der englische Schiedsrichter Anthony Taylor ließ weiterspielen. Er hätte es einen Handelfmeter für Deutschland geben müssen.

Deutschland war weiterhin besser, drängte weiter nach vorne. Der Schockmoment in Minute 119. Toni Rüdiger unterlief ein Stellungsfehler, der Ex-Dortmunder Mikel Merino war da und traf per Kopf zum 2:1 für Spanien. Fast im Gegenzug hätte traf Füllkrug fast das 2:2 erzielt - aber eben nur fast. "Fülle" hatte viel Pech.
"Klarer Elfmeter für uns"
Joshua Kimmich, der seine beste Turnierleistung ablieferte, konnte nur noch den Kopf schütteln: "Ein klarer Elfmeter für uns." Seine Analyse: "Bei der letzten WM in Katar haben wir versagt. Diese Mannschaft hat Team-Spirit, hat gut gespielt", so der Bayern-Profi. Die Niederlage gegen Spanien sei furchtbar, "denn wir waren die bessere Mannschaft." Man hätte den Sieg gegen ein sehr gutes Spanien verdient gehabt.

Toni Kroos, der sein letztes Profispiel ablieferte, war tief enttäuscht: "Wir haben alle alles rausgehauen, um nicht zu verlieren. Unser Traum ist geplatzt. Es war sehr, sehr bitter", so die Passmaschine. "Wir haben eine gute EM gespielt - aber es tut enorm weh auszuscheiden."

Niclas Füllkrug bekam Kopfschmerzen vom Kopf schütteln: "Wir sind ganz, ganz traurig. In der Kabine war totale Stille. Für mich ist es total schwer damit umzugehen. Da brauche ich Zeit."
In zwei Jahren besser machen
Auch 90 Minuten nach dem Schlusspfiff hatte Bundestrainer Julian Nagelsmann noch Tränen in den Augen, das Ausscheiden seiner Mannschaft tat ihm unheimlich weh. "Wir haben unverdient verloren", sagte er, atmete tief durch eher er fortfuhr: "Das tat weh, jetzt dauert es zwei Jahre, bis wir es besser machen." Für Nagelsmann war es keine Diskussion ob Handelfmeter oder nicht. Der spanische Verteidiger berührte die Kugel mit der linken Hand im Strafraum, verhinderte mit der Hand, dass der Ball ins Tor flog. Daher: "Das war ein Handelfmeter!"

Aus, vorbei für Deutschland.
Aber: Diese Mannshaft holte sich die Herzen der deutschen Fußballfans zurück. Mit einer riesigen Moral. Kämpferisch war das Team absolute Klasse.