Sie heißen die Flying Foxes, sind zwölf Mitglieder, und trainieren fleißig draußen - bei jedem Wetter - zwei mal in der Woche. Es ist Donnerstag, kurz nach 18 Uhr: Lilly trägt eine große Tüte voller Plastikstöcke - diese stellen die Besen dar. Pascal, Paula und Ania bringen Ringe auf Pfosten an, die werden später die Tore sein. Alles wird auf dem Rasen in Position gebracht.
Zum Aufwärmen laufen Pascal, Agnes und die zehn anderen Spieler der Mannschaft über das Spielfeld. Es sieht fast wie bei einem Handball-Training aus - wären da nicht die Plastikstöcke, die sich die Quidditch-Spieler zwischen die Beine geklemmt haben. Sie sollen die fliegenden Besen aus dem Zauber-Universum darstellen. Dann üben sie das Passen der Bälle - und davon gibt es jede Menge im Spiel: Vier verschiedene Bälle sind zeitgleich auf dem Feld.
Quidditch für Dummies: Quaffel, Klatscher, Schnatz
Sieben Spieler sind pro Quidditch-Team im Einsatz. Wie bei Harry Potter gibt es auch hier der Quaffel (ein Volleyball). Mit dem versuchen Jäger, drei pro Team, Tore zu schießen. Der Hüter verteidigt die drei Torringe. Sollte er doch mal einen Ball durchlassen, gibt jedes Tor zehn Punkte. Dann kommen die Klatscher (rote Bälle) ins Spiel: Während sie bei Harry Potter die Spieler von ihren fliegenden Besen hauen, ist es im Muggel-Quidditch anders. Hier sind es normale Bälle, die die Treiber auf die gegnerischen Spieler werfen. Wenn ein Spieler getroffen wird, muss er zu seinem Tor laufen und darf erst dann wieder ins Spiel kommen. Um die Bälle zu erobern ist fast alles erlaubt, auch das Tackeln wie beim Rugby: Daher ist es ein Vollkontaktsport, selbst wenn beide Geschlechter in einem Team spielen.

Nach 18 Minuten Spiel kommt der goldene Schnatz: Statt des kleinen Balls mit Flügeln, wie bei Potter, ist er ein unparteiischer Spieler, der ein gelbes Trikot trägt. An seiner Hose hängt eine Socke mit einem Tennisball. Die Sucher müssen diese Socke fangen, um das Spiel zu beenden und 30 Punkte für das eigene Team zu gewinnen.

Rennen, passen, werfen - das alles, mit einem Besen zwischen den Beinen: "Es ist reine Gewöhnungssache! Wir lassen ihn fast nicht mehr auf dem Boden fallen!" erklären Paula und Agnes, die Trainerinnen der Flying Foxes. "Eigentlich ist Quidditch zwei Spiele in einem, und sogar drei, wenn der Schnatz auf das Feld kommt. Es ist eine Mischung aus Rugby, Handball und Völkerball", fasst Paula zusammen. Es ist also kompliziert, deshalb sind bei Turnieren immer fünf Schiedsrichter auf dem Feld.
Karlsruhe hat ein eigenes Quidditch-Team
In Karlsruhe wurde das Team in September 2016 gegründet: Zwei Kumpels, die von Quidditch gehört hatten, wollten auch in Karlsruhe spielen können. Also haben sie mit Freunden - darunter die jetzigen Trainer Paula und Agnes - im Park Quidditch gespielt. Nach und nach hat sich das Team vergrößert und sich dem Verein Post Südstadt Karlsruhe (PSK) angeschlossen. Dadurch kann die Mannschaft auf einem Sportfeld zwei mal pro Woche trainieren und bekommt das nötige Equipment.

Harry Potter-Fans sind sie nicht alle: Paula schon, aber Agnes nicht. "Viele kommen nur wegen Harry Potter, aber in der Mannschaft kennen wir uns nicht alle damit aus. Wir sind vor allem für den Sport da!" Sie lieben Quidditch zwar "60 Prozent für den Sport, aber auch 40 Prozent für die Menschen: Beim Quidditch lernt man ganz viele Leute kennen, jeder ist super offen. Jeder ist bei uns willkommen! Auf Turnieren ist die Stimmung immer großartig. Alle Teams gehen immer nach dem Spiel zusammen feiern", erzählt Agnes begeistert. "Als Quidditch-Spieler können wir uns nicht zu ernst nehmen. Es ist egal, ob wir gewinnen oder verlieren", fügt Paula hinzu.
"Außerdem hat jeder die gleiche Chancen auf dem Feld: Es ist immer frustrierend, wenn man mit 20 mit einem neuen Sport anfängt, und dass alle Spieler schon in der Kindheit angefangen haben. Bei Quidditch spielt keiner seit mehr als drei, vier Jahren. Wenn man anfängt, kann man sehr schnell so gut wie die anderen werden."
"Quidditch ist zum richtigen Sport geworden"
Die Mannschaft freut sich, sich immer weiter zu entwickeln: "Quidditch wurde vor etwa zwölf Jahren in den USA geboren. Damals gab es keine festen Regeln, nichts. Nun werden unsere Technik und unsere Taktik immer besser. Aber das ist nicht nur bei uns so, sondern in ganz Deutschland - vielleicht sogar in der ganzen Welt. Wir verbessern uns alle gleichzeitig, und das ist sehr motivierend. Quidditch ist nicht mehr nur für Nerds. Die Spieler sind richtige Sportler", erklärt die Bio-Studentin Paula. Sie ist seit zwei Jahren dabei.
Und die Flying Foxes trainieren hart: Auf dem Feld reden die Spieler von komplizierten Taktiken, üben das Tackeln, das Passen und das Werfen. Sie haben diese Saison die Baden-Württemberg-Liga gewonnen und haben an der deutschen Meisterschaft teilgenommen, wo sie der 19. Platz erreicht haben. In Deutschland spielen insgesamt rund 40 Mannschaften, und sie schießen zur Zeit wie Pilze aus dem Boden, auch wenn Harry Potter-Filme und -Bücher schon lange vorbei sind: "Die Anzahl an Mannschaften hat sich innerhalb von einem Jahr verdoppelt!"