In der Sophienstraße 73, mitten im Herzen der Innenstadt-West, steht das rot angestrichene Eckhaus mit der Beschilderung "Hotel Augustiner", welches von der AWO-Karlsruhe betrieben wird. Doch die Menschen, die hier untergebracht sind, machen keinen Urlaub – sie haben keinen anderen Platz zum Schlafen.

Im Dezember 2009 wurde die Sozialpansion Augustiner anstelle des ehemaligen Hotels eröffnet. Seit die Einrichtung im Jahr 2015 ein weiteres Stockwerk dazu bekommen hat, bietet es einen Wohnraum auf Zeit für insgesamt 37 Menschen. Sieben Zimmer davon sind Doppelzimmer.
Hilfe zur Überwindung besonderer Lebenslagen
Die erwachsenen Personen werden zentral durch die Stadt Karlsruhe zugeteilt, erklärt uns Isabell Loladze. Sie ist Sozialarbeiterin und seit 2018 Leitung des Augustiner Hotels. Zu ihren Aufgaben gehören verwalterische und organisatorische Aufgaben, aber sie arbeitet auch eng mit den Bewohnern zusammen.
"Wir sind ein pädagogisches Team aus Jugend- und Heimerziehern, Arbeitserziehern, Sozialarbeitern und Quereinsteigern, haben eine Hauswirtschaftskraft, sowie eine 24-Stunden-Betreuung bei Tag und Nacht", erzählt sie im Gespräch mit ka-news.de. Letzteres sei ein besonders wichtiger Faktor in der Sozialpension. Denn wer hier landet, befindet sich, laut Loladze, in einer Ausnahmesituation: "Wir sind eine Anlaufstelle für besonders Schutzbedürftige, die sich im Leben gerade einfach in einer Einbahnstraße befinden.

Der Grund für den Wohnungsverlust konnte eine Räumung oder Kündigung wegen Eigenbedarf sein, man ist von daheim rausgeflogen, hat sich trennen oder scheiden lassen oder ist aus der Haft entlassen worden. Zudem befinden sich die Menschen häufig in multiplen Problemlagen.
"Manche unserer Bewohner standen vorher mitten im Leben", ergänzt sie. "Erst durch einen Schicksalsschlag, einen Unfall, den Verlust des Partners oder eine psychische Erkrankung ist es aus den Fugen geraten."
Zurück ins eigenständige Leben
Während des Aufenthalts in der Sozialpension soll es das übergeordnete Ziel der Person sein, aus der Situation wieder herauszukommen.
Dafür müssen sich die Bewohner zusammen mit den Sozialarbeitern zum Beispiel darum kümmern, ihre finanzielle Existenz zu sichern, sich ordnungsgemäß umzumelden und gemeinsam Zukunftsperspektiven zu entwickeln: Zieht man in eine eigene Wohnung, oder lieber in einer stationär oder ambulant betreute Wohnform, wie sieht es mit Therapie aus? Das sind alles Fragen, mit denen sich Loladze, ihr Team und die Obdachlosen befassen müssen.
Unterstützung bei Wohnung, Job und mehr
Sie und ihr Team unterstützen die Personen bei Dingen wie der Vermittlung an Beratungsstellen oder Kontaktaufnahme zu früheren Mietern, dem Jobcenter, dem Sozialamt, Bewerbungen schreiben und vielem mehr.
Allerdings gibt es beim Augustiner keine Versorgung mit Essen oder eine Tagesstruktur, wie in einem Heim, wo man Ausflüge macht oder gemeinsam kocht. Kochplatten und Kühlschränke haben die Bewohner bei Bedarf auf ihren Zimmern, die Wäsche waschen sie selbst im Waschsalon um die Ecke.

Ein offenes Ohr für den gegenseitigen Austausch hat die Sozialarbeiterin trotzdem immer. "Die Menschen hier leben aber größtenteils eigenständig und selbstverantwortlich", sagt sie.
In diesem Rahmen gibt es daher auch Hausregeln – auf ein Minimum beschränkt, damit das Zusammenleben funktioniert: Gewalt und harte Drogen sind tabu, ab 22 Uhr gilt die Nachtruhe, außerdem sind die Bewohner dazu angehalten, eine gewisse Grundsauberkeit in ihren Zimmern einzuhalten. In diesen bleiben die Bewohner im Schnitt etwa 27 Wochen. Es gibt aber auch Ausnahmen.
Ein Aufenthalt auf kürzere oder längere Zeit
"Von einer Woche bis zwei Jahre Aufenthalt kam schon alles vor", meint Loladze. Auch wenn die Einrichtung eigentlich einen pädagogischen Schwerpunkt auf der Zusammenarbeit hat, steht in Realität eher die Krisenintervention im Vordergrund: Streitereien, Armut, außerhalb begangene Delikte, Suchtmittelmissbrauch stehen in der Pension an der Tagesordnung.

"Ein respektvoller Umgang miteinander und die Begegnung auf Augenhöhe ist hier sehr wichtig, außerdem müssen wir es auch akzeptieren, wenn jemand unsere Hilfe nicht annehmen 'will' oder kann, und sich somit schadet. Man sollte auf jeden Fall psychisch stabil sein, um das Erlebte auch verarbeiten zu können", sagt Loladze.
Trotz der manchmal schwierigen Umstände macht ihr die Arbeit großen Spaß, sagt sie gegenüber ka-news.de. "Ich setze mich gerne für Menschen ein, die es nicht selbst schaffen und biete Hilfe zur Selbsthilfe, wo dies auch nur möglich ist. Es ist schön, dass sich dabei dann auch Beziehungen zu den Personen aufbauen."
Mehr Angebote, Prävention und Akzeptanz
Loladze würde sich für die Zukunft wünschen, dass es neue, weiterführende Angebote für diese Menschen gäbe, ohne strenge Zugangsvoraussetzungen. "Wo sie sein können, wie sie sind, wenn es einfach nicht anders geht." In der Prävention sollte noch mehr dafür getan werden, dass Wohnungen nicht so schnell verloren werden. "Denn Wohnen ist ein Grundrecht."

Zudem wäre es ihr ein großes Anliegen, dass sich das Bewusstsein und vor allem die Akzeptanz in der Gesellschaft steigert: "Wohnungslose stoßen bei der "Normalbevölkerung" immer wieder auf Ausgrenzung, durch Vorurteile wegen ihres Erscheinungsbildes. Das zeigt sich vor allem bei der Suche nach einer Wohnung. Dabei kann so ein Schicksal jeden treffen."
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