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Karlsruhe: "Attac"ke in Karlsruhe

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"Attac"ke in Karlsruhe

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    Im Rahmen der Karlsruher Globalisierungsgespräche hatte Attac die Bundestagskandidaten der fünf großen Parteien zu einem öffentlichen Diskussionsabend zu den Hauptthemen Finanzen und Arbeitsplätze, sozialer Friede, Europa und Friedenspolitik und Globalisierung und Energie eingeladen.

    Argumente sollten an diesem Abend im Mittelpunkt stehen, betonte Moderator Dr. Ullrich Lochmann von "Attac" Karlsruhe zu Beginn der Diskussion. Die Anwesenden sollten zum einen die Möglichkeit bekommen, sich über die Kandidaten selbst und deren Gebiete und Ziele zu informieren und zum anderen sachliche Informationen über die Parteien zu erhalten.

    "Viele Unternehmen würden bei einer Kündigungsschutzlockerung einstellen"

    CDU-Kandidat Ingo Wellenreuther (Foto: pr)

    Den Anfang machte der CDU-Bundestagsabgeordnete und Karlsruher Stadtrat Ingo Wellenreuther, der einen Abriss über den Komplex Finanzen und Arbeitsplätze gab. Bei fast sechs Millionen Arbeitslosen ist er der Meinung, dass die CDU die beste Lösung für einen Ausweg aus der Misere anbiete. Man müsse die Bürokratie eindämmen, das Steuerrecht müsse gerecht und vereinfacht und das Sozialsystem tragbar gemacht werden.

    Großen Widerspruch aus dem Publikum bekam Wellenreuther bei seinen Ausführungen zum Punkt Kündigungsschutz zu hören: "Das ist doch zynisch" war die Reaktion eines Zuhörers auf das Vorhaben der CDU, den Kündigungsschutz erst nach zwei Jahren einsetzen zu lassen und Versicherungsrechte zu lockern. Es liege an diesem "übertriebenen Schutz", dass Unternehmen nicht mehr Mitarbeiter einstellen wollen, entgegnete Wellenreuther, der zum Abschluss noch die Kinderbetreuung ansprach und eingestand, dass seine Partei in der Vergangenheit in diesem Punkt zu wenig Prioritäten gesetzt habe.

    Stärkung von Föderalismus und Subsidiarität

    FDP-Kandidatin Simone Szurmant (Foto: pr)

    Die für die FDP antretende Wirtschaftsmathematik-Studentin Simone Szurmant, Bundesschatzmeisterin der Liberalen Hochschulgruppen, sprach ebenfalls für eine Entschlackung der Bürokratie und einer Vereinfachung der Steuergesetze aus. "Politik kann nur die Rahmenbedingungen verbessern" und in der Mitbestimmung der Arbeitnehmer sehe sie einen Schritt zur Besserung der Wirtschaftslage. Die Ein-Euro-Jobs seien am Anfang vielleicht eine gute Idee gewesen, entsprächen aber eher einer "Zwangsarbeit" und müssen somit wieder abgeschafft werden, betonte Szurmant.

    "Es gibt genug Aufträge, die Kommunen brauchen nur mehr Geld"

    Karin Binder, Kandidatin der "Linken", spaltete die Zuhörerschaft mit ihren Ausführungen zu den Themen Arbeitsplätze und sozialer Friede. Die ehemalige Stuttgarter Stadträtin (1990-1992) betonte zunächst, dass sowohl die Regierung Kohl als auch Rot-Grün die soziale Sicherheit Deutschlands in sehr hohem Umfang beschnitten hätten. Sie forderte, dass die "verantwortungslose Unternehmenspolitik" beendet werden müsse. Die Unternehmen sollten keine Subventionen mehr bekommen, statt dessen müsse man den Kommunen das "Geld in die Hand" geben. Auf Vorwürfe wie "Sie verteilen Geld, das sie nicht haben" und "Ein reines Oppositionsprogramm macht es sich etwas leicht" konnte Binder keine handfesten Argumente entgegnen.

    Zusammengehörigkeit von Bildung, Arbeit und Innovation

    SPD-Kandidat Johannes Jung (Foto: pr)

    Johannes Jung, Landesvorstand Baden-Württemberg und Karlsruher Kreisvorstand der SPD, erläuterte seine Ansichten zu der Zukunft Europas und zur Friedenspolitik. Als "alter überzeugter Europäer" spricht er sich für einen besseren Austausch mit den Nachbarländern aus. Karlsruhe habe auf Grund seiner geografischen Lage eine "Führungsrolle" und müsse die regionale Zusammenarbeit mit Frankreich weiter ausbauen, wobei Jung das "Non" der Franzosen zur EU-Verfassung sehr bedauere.

    Die SPD halte weiterhin an dem Ziel fest, die weltweite Armut bis 2015 zu halbieren, zudem sei die Partei für eine Politik der Nachhaltigkeit und für eine Marktöffnung mit besonderem Augenmerk auf den Agrarsektor, führte Jung weiter aus. Im Zusammenhang mit der Friedenspolitik musste er sich Vorwürfen in Bezug auf den deutschen Kosovo-Einsatz stellen.Jung entgegnete, dass er die Region vor, während und nach des Kriegs bereist habe und die zivile Nachkonflikterarbeitung dort Positives bewirkt habe.

    "Globalisierung muss Klimaschutz sein und braucht Leitplanken"

    Bündnis 90/Die Grünen-Kandidatin Sylvia Kotting-Uhl (Foto: pr)

    Bezug auf die aktuelle Katastrophe, die der Wirbelsturm "Katrina" in den USA angerichtet hat, nahm Sylvia Kotting-Uhl, Landesvorsitzende Baden-Württemberg Bündnis 90/Die Grünen. Sie hofft, dass die Geschehnisse in den USA zu einem Umdenken führen und der Staat doch noch das Kyoto-Abkommen unterzeichnen werde. "Globalisierung ist ein neues Phänomen und führt zu Strukturwandel", so Kotting-Uhl. In jedem Land gäbe es Globalisierungsverlierer und diese müsse man auffangen. "Jede Ungerechtigkeit in der Welt kann auf uns zurückschlagen", die Folgen seien Terrorismus und Flucht. In Punkto Energie müsse man weg vom Uran, von Öl und Kohle, zudem forderte Kotting-Uhl eine europaweite Kerosinsteuer.

    Am Ende des Abend hatte sich jeder Besucher ein eigenes Bild von den Kandidaten und ihren Parteien machen können. Von Politikverdrossenheit jedenfalls war nichts zu spüren und vom barfüßigen, jungen "Hippie" bis zum konservativen älteren Mann waren fast alle politischen Lager vertreten.

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