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Bretten: Arbeitslos: Wenn ein Umzug zur Amtssache wird

Bretten

Arbeitslos: Wenn ein Umzug zur Amtssache wird

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    Arbeitsagentur: Umzug nur bei zwingende Gründen
    Arbeitsagentur: Umzug nur bei zwingende Gründen Foto: (Symbolbild)

    Kramer ist seit etwa fünf Jahren arbeitslos und wohnt mit seiner 19-jährigen Freundin und seinem jüngsten Sohn in einer Mietwohnung in Bretten. Er bezieht Arbeitslosengeld II (ALG II). Der gelernte Maler und Lackierer ist auf Jobsuche. Seine Freundin arbeitet in Bietigheim.

    60 Prozent aller Rechtsstreitigkeiten wegen Umzügen

    Der 31-jährige möchte mit seiner kleinen Familie von Bretten in das zirka 40 Kilometer entfernte Bietigheim im Kreis Ludwigsburg ziehen. Kramer sieht für sich auf dem Arbeitsmarkt im Kreis Ludwigsburg bessere Chancen. "In Ludwigsburg könnte ich sofort mit der Arbeit beginnen", meint Kramer. Von einer Zeitarbeitsfirma habe er bereits eine mündliche Zusage für eine Stelle. Den Umzug könne er sich allerdings nicht leisten. Er sei auf staatliche Umzugskostenbeihilfe angewiesen. Seit über einem halben Jahr kämpft Kramer für den Umzug. "Das Sozialamt schickt mich zum Arbeitsamt und umgekehrt", empört er sich. Jetzt hat Kramer einen Anwalt eingeschaltet.

    Kramer ist kein Einzelfall. Etwa 60 Prozent aller Rechtsstreitigkeiten der Arbeitsagentur hätten mit Umzugskosten zu tun, schätzt Rolf Martin von der Arbeitsagentur Bretten.

    Umzug nur aus "zwingenden Gründen"

    Wenn ein Umzug aus sozialen, persönlichen oder gesundheitlichen Gründe geschehen soll, dann ist das Sozialamt dafür zuständig. Soll der Umzug aufgrund einer Arbeitsaufnahme in einer anderen Stadt erfolgen, dann die Arbeitsagentur, erklärt Martin. Eigentlich sollen die Ämter mehr zusammenarbeiten, da sich die Zuständigkeitsbereiche teilweise überschneiden. Dennoch ist die Zusammenarbeit nicht immer vorbildlich, gibt Martin zu. Die Leute werden manchmal hin und hergeschoben. Die Prüfung des Wohnungsgeldes sei ein "Bürokratiemonster" und die Zuständigkeiten müssten eindeutiger geklärt werden.

    Das ist allerdings nicht das einzige Problem: Sollte ein Umzug aus zwingenden Gründen erforderlich sein und die Kosten sind angemessen, dann kann die Arbeitsagentur laut Sozialgesetzbuch erwerbsfähigen Hilfebedürftigen Umzugskostenbeihilfe genehmigen. "Wenn es aber keine zwingenden Gründe gibt, dann sollen die Leute da bleiben wo sie sind", findet Martin. Auch Menschen, die kein ALG II beziehen, könnten nicht ständig umziehen.

    Schwammiges Recht

    Die Formulierung  "zwingende Gründe" ist allerdings einer von vielen sogenannten "unbestimmten Rechtsbegriffen". Diese Begriffe sind schwammig und lassen viel Raum für Interpretationen. Erst durch Auslegung gewinnt der unbestimmte Rechtsbegriff an Schärfe. Die Auslegung schließt dabei stets eine Bewertung aller Umstände des Einzelfalls ein. Für die Betroffenen wie Michael Kramer ist daher die Entscheidung nicht immer nachvollziehbar.

    Martin dagegen sieht bei konkreteren Formulierungen im Gesetzbuch die Gefahr einer Pauschalisierung. So könnten für bestimmte Städte und Gemeinden genaue Beträge für Umzüge festgelegt werden, die dann im Einzelfall nicht ausreichen würden. Einzelfallentscheidungen seien daher wichtig, um Ungerechtigkeiten zu vermeiden, so Martin.

    "Ich will arbeiten und mein Leben gestalten"

    Einen Arbeitsvertrag hat H. nicht. "Wenn er einen Arbeitsvertrag hat, dann sind wir nicht engherzig", so der Sachbearbeiter. Kramer sieht das anders: "Keine Wohnung keine Arbeit, keine Arbeit keine Wohnung. Das ist ein Teufelskreis. Ich will arbeiten und mein Leben gestalten, aber ich darf nicht."

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