Die Situation sah für Holthaus ganz einfach aus: Ab dem Sommersemester 2007 müssen Studenten an baden-württembergischen Hochschulen 500 Euro Studiengebühren zahlen. Um Befürchtungen zu entkräften, in Zukunft könnten es sich nur noch wohlhabende Eltern leisten, ihre Kinder auf die Uni zu schicken, sollte die landeseigene L-Bank den Studenten die Gebühren vorstrecken, jedoch erst nach entsprechender Weisung der Hochschule. Stolz verkündet die vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst herausgebrachte Information zum Studiengebührenmodell "500 Euro für ein besseres Studium": "Wer die Studiengebühren nicht selbst aufbringen kann, hat Anspruch auf ein zinsgünstiges Darlehen." Also stellte Holthaus seinen Antrag bei der Uni.
Nur wer zwischen den Zeilen liest, ahnt die Einschränkung
Was in dem Leitfaden wie auch auf der Studiengebühren-Informationsseite des Ministeriums im Internet nicht steht: nicht alle Studenten haben ein Anrecht auf einen Kredit der L-Bank. Im Landeshochschulgebührengesetz ist geregelt, wer darf und wer nicht. Anspruch auf Darlehensgewährung haben neben Studienanfängern auch Studenten "bei Aufnahme eines konsekutiven (die Folge bezeichnend; Anm. d. Duden) Masterstudiengangs" und "bei Aufnahme eines Zweitstudiums, sofern die Abschlüsse beider Studiengänge für die Erlangung eines Berufsabschlusses gesetzlich vorgeschrieben sind". Holthaus hat seinen Bachelor in Germanistik an der Universität Karlsruhe gemacht und danach den Aufbaustudiengang Musikjournalismus für Rundfunk und Multimedia an der Musikhochschule (HfM) in Karlsruhe begonnen.
Eine schlechte Wahl, zumindest wenn man einen Studienkredit will. Da es kein konsekutiver Studiengang ist, besteht für den 27-Jährigen auch kein Anspruch, wie ihm seine Hochschule mitteilte. Sie lehnte den Antrag ab. "Ich habe erstmal gelacht, als die Absage kam," erinnert sich Holthaus. "Man geht schließlich davon aus, dass das Ministerium, wenn es schon einen Leitfaden herausgibt, dort wenigstens darauf hinweist, dass nicht alle Studenten Anspruch auf einen Kredit haben", beklagt sich Holthaus über die irreführende Informationspolitik des Hauses Frankenberg.
Wieso, weshalb, warum - auch wer anfragt bleibt dumm
Dabei liegt der Fehlschluss nahe, denn schließlich wurde in derselben Broschüre das Versprechen der sozialen Gerechtigkeit noch unterstrichen: "Niemand wird aus finanziellen Gründen davon abgehalten, ein Studium zu beginnen." Dass damit nur das Grundstudium gemeint ist, muss der Antragsteller schon zwischen den Zeilen herauslesen. Die Antwort, die der Leitfaden auf die Frage "Welche Möglichkeiten habe ich, wenn ich das Geld nicht aufbringen kann?" gibt, bestärkt den unvorsichtigen Leser nur in seinem Glauben an einen Universalkredit, denn "Studierende haben gegenüber der landeseigen L-Bank unabhängig von der Wahl des Studienfachs einen Anspruch auf ein (...) Darlehen". Auch hier kein Hinweis, dass dies nur für die Wahl des Erststudiums und nicht für den weiteren Bildungsweg gilt.
Dass der Anspruch auf ein Darlehen so eingeschränkt sein könnte, auf einen solchen Gedanken sei er gar nicht gekommen, gibt Holthaus zu. Schließlich profitiere das Land ja auch von den Studienkrediten. Mit um die sieben Prozent Zinsen sei er nicht gerade günstig, und für die Ausfälle kommt ein von den Hochschulen finanzierter Fonds auf, so dass das Land kein Risiko trägt. Vor diesem Hintergrund sei die "Diskriminierung" einiger Studenten für ihn nicht nachvollziehbar. Auch weil die Zahl derjenigen, die überhaupt einen Kredit in Anspruch nehmen, mit bislang etwa 4.000 der zirka 250.000 Studierenden in Baden-Württemberg so gering ist, fragt sich Holthaus, warum einige Studenten gezielt von der Kreditvergabe ausgeschlossen werden. Die Antwort auf diese Frage blieb das Wissenschaftsministerium auf ka-news-Anfrage schuldig.
Holthaus ist es inzwischen gelungen, die Studiengebühren für das anstehende Semester privat zu finanzieren - auf Pump. Allerdings sieht er viel Arbeit auf sich zukommen. Die 500 Euro müssen schließlich zusätzlich zum Lebensunterhalt erwirtschaftet werden. Und das neben der Diplomarbeit. "Mit dem Kredit wäre das kommende Semester deutlich leichter geworden", meint Holthaus. Dennoch ist er entschlossen sein Diplom durchzuziehen - schließlich hat das Land schon etliche tausend Euro in seine Ausbildung investiert. Jetzt abzubrechen, das wäre ja Steuerverschwendung.