Die Schweizer Häuser weilen seit mehr als 100 Jahren in der Karl-Weysser-Straße, wo sie einst aufgrund einer kurzlebigen architektonischen Mode nach alpenländischem Stil gebaut wurden. Gesellschaft haben sie inzwischen allerdings von hoch aufragenden Mehrfamilienhäusern bekommen - diese stechen aus der Wohnsiedlung heraus.
Nun soll eines der charmanten Häuschen abgerissen werden - trotz des historischen Charakters der Architektur. Allerdings greift in diesem Fall eine gesetzliche Ausnahmeregelung im Denkmalschutz: Der Erhalt des Hauses kostet den Besitzer mehr als sein Ertrag ihm einbringt - somit gilt die weitere Unterhaltung als für den Eigentümer nicht zumutbar. "Das Amt für Denkmalschutz hat den Abriss deshalb genehmigt", erklärt Baubürgermeister Michael Obert.
Viele Durlacher sind daher erzürnt. "Wir bedauern den Verlust natürlich sehr", betont Durlachs Ortsvorsteherin Alexandra Ries. Denn gerade die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude machten einen großen Teil von Durlachs Charme und Attraktivität aus. Teile des Ortschaftsrates hätten es begrüßt, wenn die Stadt Karlsruhe für den Unterhalt aufgekommen wäre, berichtet Ries. "In Zeiten klammer Kassen ist das natürlich zu teuer, weshalb sich der Gemeinderat mit Ausnahme der SPD-Fraktion (und der freien Wähler, Anmerkung der Redaktion) für den Abriss ausgesprochen hat", so Obert.
Missmut in Durlach: Abriss einerseits - Neubebauung andererseits
Angesichts der Tatsache, dass es bei einem der beiden alten Gebäude statische Probleme geben soll, würde ein Abriss auf Seiten der Durlacher Bevölkerung vielleicht gar nicht so kritisch gesehen. Jedoch geht die Angst um in dem 30.000 Einwohner zählenden Stadtteil. Die Angst, dass auf der frei werdenden Fläche ein Häuserblock anstelle des ansehnlichen Fachwerkhauses gebaut werden könnte.
"Eigentlich gibt es einen Paragraphen, der besagt, dass der Bauherr das neue Gebäude an die Umgebung anpassen muss", erläutert Michael Obert. Da aber die Umgebung der historischen Publikums-Lieblinge ebenfalls aus modernen Häuserblöcken bestehe, sei die Wahrscheinlichkeit groß, dass dort keine Schweizer Haus-Nachbildung entstehen werde. "Wenn es um die Baugenehmigung geht, wird der Ortschaftsrat aber zumindest angehört", hofft Ries.
Mitsprache bei der Neubebauung ist ein rechtliches Problem
Auch in der Stadtverwaltung hofft man auf eine zufriedenstellende Neubebauung. "Rein rechtlich haben wir das aber einfach nicht in der Hand", bedauert Obert. Maximal könne man die Bebauung durch eine Erhaltungsklausel um ein Jahr zurückstellen und sich in dieser Zeit mit der Baufirma einigen. "Nach dem Abriss hat also weder der Gemeinderat Karlsruhe noch der Ortschaftsrat Durlach etwas Entscheidendes zu sagen, wir stehen dann vor einem rein rechtlichen Problem", erklärt der Baubürgermeister. Käme es zu einer Klage, würde die Baufirma höchstwahrscheinlich gewinnen - das ist in diesem Fall die Gesellschaft für Immobilienprojektierung und Grundstücksentwicklung (G.I.G.).