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Karlsruhe: Abgaskamin am Karlstor: Turm wird vorerst nicht gebaut

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Abgaskamin am Karlstor: Turm wird vorerst nicht gebaut

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    Wenn überhaupt ein Kamin kommt, soll es eine Dreierkombi statt eines massiven Turms werden.
    Wenn überhaupt ein Kamin kommt, soll es eine Dreierkombi statt eines massiven Turms werden. Foto: fst

    Ergebnis: Der durchgehende Autotunnel unter der Kriegsstraße wird wie geplant gebaut - zunächst aber ohne Kaminturm. Stattdessen werden die realen Abgaswerte im fertigen Tunnel ein Jahr lang gemessen. Würde ein Kamin tatsächlich notwendig werden, käme er frühestens 2020. Die Stadt hofft aber, unter den Grenzwerten zu bleiben.

    "Ich kann noch keine Entwarnung für die nächsten 100 Jahre geben, aber immerhin bis 2020", so der Karlsruher Oberbürgermeister Frank Mentrup zur Entscheidung über den unbeliebten Kaminturm am Karlstor, der nun erst einmal nicht gebaut wird. Das sei gut für das Stadtbild und gut für die erregten Gemüter. Der Kamin sollte eigentlich die Abgase aus dem geplanten Straßentunnel unter der Kriegsstraße führen.

    Das monströse Bauwerk mit einer Höhe von 20 Metern und einem Durchmesser von fünf würde zwischen Weltzien'schem Haus und Bundesgerichtshof (BGH) stehen. Die Pläne hatten bei Bürgern wie Stadträten Entsetzen ausgelöst. Zuletzt wandte sich BGH-Präsident Klaus Tolksdorf mit einem Protestbrief an den Oberbürgermeister.

    Abwarten und Messen

    Wegen des großen Unmuts hatte Mentrup versprochen, den Bau des Turms möglichst zu vermeiden. Jetzt gab es von Behördenseite grünes Licht, den fertigen Tunnel 2019 ein Jahr lang auch ohne Kamin betreiben zu dürfen. In dieser Zeit werden die Abgaswerte gemessen und darauf basierend eine engültige Entscheidung gefällt. "Die Behörden haben sich hier bewegt und damit einen großen Druck von uns genommen. Wahrscheinlich wird ein Abluftkamin gar nicht erst nötig sein", meint Mentrup.

    Denn bisher lägen die Prognosen für Schadstoffe im späteren Tunnel immer nur knapp über den Grenzwerten, die einen Kamin erforderlich machen. "Dabei sind emissionslose Fahrzeuge wie etwa Elektro-Autos noch gar nicht einkalkuliert worden", so der Oberbürgermeister. Außerdem beruhten die aktuellen Berechnungen auf Daten aus der Reinold-Frank-Straße - in den bestehenden Tunnelabschnitten der Kriegsstraße gibt es keine Messstation.

    Sollte ein Kaminturm später tatsächlich unvermeidbar sein, soll er problemlos zum fertigen Tunnel dazu gebaut werden können.

    "Boulevard Kriegsstraße" soll nicht "verhunzt" werden

    Aber selbst wenn die Abgasgrenzwerte im Kriegsstraßentunnel dann doch überschritten werden, bedeutet das noch immer nicht automatisch einen Kaminturm am Karlstor. Die Karlsruher Schieneninfrastrukturgesellschaft (Kasig) sucht bereits alternative Lösungen für die Schadstoffentsorgung. Zusammen mit Planungsbüros prüfte sie nicht weniger als 17 Möglichkeiten, von denen am Freitag sechs exemplarisch vorgestellt wurden.

    Auch hierzu gibt es ein vorläufiges Ergebnis: Sämtliche Lösungen, die vom ursprünglichen Bebauungsplan stark abweichen würden, wurden verworfen. So wird es etwa keinen kleineren Kaminturm im Nymphengarten geben, weil die Betriebskosten einer aufwendigen Gegenstromanlage sehr hoch wären und Bäume gefällt werden müssten. Abgasschächte direkt durch die umliegenden Gebäude zu werden wegen Geräuschbelästigungen der Bewohner und den Eingriff in Privateigentum abgelehnt.

    Die meisten Alternativen konzentrierten sich auf eine teilweise Öffnung der Tunneldecke in verschiedenen Varianten. Auch diese Vorschläge wird man nicht weiter verfolgen: "Die großen Öffnungen verhunzen alles, was wir für die Kriegsstraße geplant haben", so Mentrup. Nach Fertigstellung des Autotunnels soll oberirdisch ein großzügiger Boulevard mit Bäumen und Straßenbahnen entstehen.

    NOX: Futuristische Alternative zum Kamin?

    In Zukunft wird die Stadt nur noch eine einzige Alternative zum Kamin für eine etwaige Abgasensorgung verfolgen: den "photokatalytischen Abbau von Stickoxiden" (NOX). Durch Zugabe des Stoffes Titandioxid in oder auf den Beton von Tunneldecken und -wänden erfolgt unter UV-Licht eine chemische Reaktion, die Schadstoffe abbaut. Der Bau weiterer Abluftsysteme wäre dadurch überflüssig. Dafür müssten UV-Lampen im Tunnelinneren installiert, sowie die Flächen häufiger gereinigt werden.

    "Besonders im Beton der Rampe wäre diese Methode charmant, denn hier würde Regen bei der Reinigung helfen helfen", so Mentrup. Man müsse schauen, ob das NOX-Verfahren eine intelligente Lösung sein könne. Einziger Haken: Die Methode steckt noch in der Forschungsphase. Erste Versuche gibt es zur Zeit in anderen europäischen Ländern und Japan. Deshalb will die Stadt jetzt auch selbst testen: Schon Ende dieses oder nächstes Jahr sollen in der Reinold-Frank-Straße einen Fläche von 500 Quadratmetern mit Titandioxid beschichtet und Daten erfasst werden. "Wir stehen hierzu bereits in Kontakt mit einer Firma in der Kurpfalz", so Uwe Konrath von der Kasig. "

    Wenn der Feldversuch gut läuft und die Kosten nicht zu hoch sind, dann werden wir den Tunnel auf jeden Fall mit dieser Lösungsvariante bauen", verspricht Mentrup. Damit wäre der Kaminturm dann ebenfalls vom Tisch.

    Wenn der Kamin doch kommt

    Parallel zu den Untersuchungen von Alternativen zum Kamin beriet eine Jury aus Architekten und Vertretern der Stadt auch über Entwürfe für den Fall, dass solch ein Turm später doch noch gebaut werden müsste. Das Ergebnis des Wettbewerbs, an dem vier Architektenbüros teilnahmen, stand am Freitag ebenfalls fest. Die Jury entschied sich für den Entwurf der Karlsruher PIA-Architekten mit Andrew Holmes: Statt einem würde der Kamin aus drei schlanken, dreieckigen Türmen bestehen. Innen bestehen diese aus einer Stahlkonstruktion, außen aus satiniertem, also nicht durchsichtigem, Glas.

    Bei der Präsentation erschien dieser Entwurf vergleichsweise unauffällig, die Kamine stehen etwas versetzt in der nahen Hecke. Außerdem schätzt die Jury hier den leichten Aufbau. "Zur Reinigung der Glas-Kamine müssen sich die Architekten aber noch Etwas überlegen", räumt Konrath ein. Ähnliches gilt für die Gestaltung des Tunnelportals am Karlstor, deren Vergabe an den Kaminenturf gebunden ist. Hier wollen die PIA-Architekten eine Art "Pixel-Wand" entlang der Rampen bauen, die auch große, schwarz-weiße Portraitfotos von Personen zeigen. Die Stadtvertreter befürchten hierducrh allerdings eine zu starke Ablenkung der vorbeifahrenden Autos und wollen stattdessen lieber geomtrische Formen.

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