Auch den Behörden sind solche Betrugsfälle bestens bekannt: Michael Cordier, Leiter des Betrugsdezernats der Polizei Karlsruhe, berichtet gegenüber ka-news von etwa 25 derartiger Fällen innerhalb eines Jahres. Der im Folgenden geschilderte Fall veranschaulicht das Vorgehen der Täter – und die, wie der Autor nun weiß, im Ernstfall einzig richtige Reaktion.
Ein bisschen seltsam kam uns das Ganze ja schon vor. Wer, mit Verlaub, verschickt schon einen Scheck über 9.000 Euro, wenn er ein Boot kaufen will, das eigentlich nur die Hälfte kostet und das er lediglich von Fotos kennt? Noch dazu aus dem Ausland, genauer gesagt von den britischen Inseln, weshalb gut die Hälfte des Betrags allein für Verschiffung und Transport nach England draufgehen würde?
Aber man lernt ja nie aus. Und wenn der Verkauf auf diese Weise wirklich klappen würde, könnten wir uns die ganzen Scherereien sparen, die wir vielleicht gehabt hätten, wenn der Käufer die Segeljolle zunächst hätte besichtigen wollen. Gleichwohl waren wir vorsichtig. Das klang alles viel zu schön um wahr zu sein! Da war ein wenig Misstrauen durchaus angebracht. Mittlerweile meldet sich der Engländer nämlich nicht mehr. Und bei der Polizei bestätigte man uns, dass unser Erlebnis keineswegs einen Einzelfall darstellt.
Dem Käufer das Boot überlassen, bevor er bezahlt hat?
Aber der Reihe nach. Auf eine Verkaufsanzeige, die wir Anfang Dezember ins Internet setzten, meldeten sich rasch eine ganze Menge Leute. Doch all diese Anfragen verliefen bald im Sande. Nur dieser ominöse Engländer war hartnäckiger. "Ich möchte Ihr Boot kaufen. Der Preis ist für mich in Ordnung", schrieb er gleich in seiner ersten Anfrage. Ein wörtliches Zitat aus seinem Schreiben ist dies allerdings nicht, da er der deutschen Sprache nur sehr bedingt mächtig erschien, aber wohl trotzdem gemeint hatte, die E-Mail unbedingt auf Deutsch verfassen zu müssen. Anfangs amüsierten wir uns über diesen komischen Vogel von der Insel. Der konnte das schließlich nicht im Ernst meinen. Aber was sollte das Ganze dann?
Der Engländer stellte sich die Abwicklung des Kaufes so vor: Er werde das Geld bei der hiesigen Vertretung seiner Bank hinterlegen, wo wir es beziehen könnten, sobald unser Boot in seinem Besitz sei. Wir wurden hellhörig. Er sollte die Segeljolle erhalten, bevor wir das Geld hatten? Uns war sofort klar, dass wir uns auf diese Art der Zahlung nie im Leben einlassen würden. Es mochte vielleicht Leute geben, die gutgläubig Dinge hergaben und auf den Eingang der Zahlung für den Rest ihres Lebens warteten. Wir wollten der Polizei eine diesbezügliche Beschäftigung wegen unserer Leichtgläubigkeit ersparen - die hat sich anderes zu tun.
Eines Tages war der seltsame Käufer tatsächlich am Telefon
Wir übrigens auch. Unserem britischen "Freund" teilten wir mit, er möge das Geld doch bitte überweisen, dann könnten wir uns durchaus einig werden. Einige Tage später hatten wir einen Scheck über 9.000 Euro von der Irish National Bank im Briefkasten. Und erneut eine E-Mail im Postfach. Wir sollten den Scheck bei unserer Bank einlösen und die Logistikgesellschaft mit dem Transport des Schiffes nach London beauftragen. Die 9.000 Euro müssten für Kaufpreis und Transportkosten reichen. Wir mussten erstmal schlucken. Konnten wir uns wirklich darauf einlassen? Und war der Scheck überhaupt echt?
Pikantes Detail am Rande: Wir sollten doch bitte sofort eine Anzahlung an das Logistikunternehmen in Höhe von 2.600 Euro überweisen. Natürlich bevor das Geld aus England eingetroffen ist. Merkwürdig auch, dass der "Käufer" uns dies nicht per Mail mitteilte, sondern eines Tages tatsächlich am Telefon war. Auf unseren freundlichen Hinweis, dass wir das Geld überweisen würden, sobald die 9.000 Euro wirklich auf unserem Konto waren, reagierte er alles andere als begeistert, schien jedoch immer noch nicht abspringen zu wollen.
Die entscheidende Frage lautete nun: Konnte man diesen Scheck wirklich einlösen? Zur Klärung dieses Sachverhalts bot sich ein kurzer Besuch bei der Bank um die Ecke an. Klar, den Scheck könne man problemlos einlösen, war das erste, das wir zu hören bekamen. Schön! Auf genaueres Nachfragen erklärte man uns dann aber, dass das Ganze vielleicht doch nicht so unproblematisch sei.
Denn bei dieser Bank träten wohl öfter Unregelmäßigkeiten auf. Das Geld erscheine nach dem Einlösen des Schecks zwar tatsächlich auf dem Konto des Empfängers, bis der Betrag aber wirklich in Deutschland angekommen sei, vergingen meist noch ein bis zwei Wochen. Solange könne der Engländer die Kohle jederzeit zurückziehen.
Geld könne ein halbes Jahr zurückgezogen werden
Das hörte sich zwar nicht wirklich gut an, aber das Problem schien doch verhältnismäßig einfach zu lösen zu sein. Der dubiose Käufer bekommt sein Boot eben erst, wenn das Geld definitiv auf unserem Konto ist. Wenn er so lange nicht warten wollte, müsste er den Betrag eben überweisen. Nach diesen Überlegungen besuchten wir also ein zweites Mal eine Filiale unseres Geldinstitutes, diesmal jedoch in einer anderen Stadt.
Was wir nun zu hören bekamen, verdüsterte die Aussichten auf einen Verkauf nach England erheblich. Denn die Sache stellte sich nun noch verzwickter dar: Sollte sich der Scheck nämlich als gefälscht herausstellen, so erklärte man uns, könne der Käufer sein Geld noch ein geschlagenes halbes Jahr lang zurückziehen. Also geringfügig länger als die zwei Wochen, von denen man uns zunächst erzählt hatte. Uns wurde eindringlich von einem Einlösen des Schecks abgeraten. Um die Echtheit des Schecks herauszufinden, müsste man das Papier zur Irish National Bank schicken, die eine solche Kontrolle allerdings lediglich einige wenige Male im Jahr durchführe.
"Banken brauchen mehrere Wochen, um gefälschte Schecks zu identifizieren"
Damit war die Sache für uns gestorben. Kein Mensch, der noch halbwegs bei Verstand ist, würde diesen Scheck einlösen und das Boot nach England verschiffen lassen. Dachten wir zumindest. Zu unserem Erstaunen erfuhren wir, dass es keineswegs unüblich war, dass Menschen große Summen an Geld bezahlten, das Objekt ihrer Begierde aber noch gar nicht bekommen hatten und folglich auch nie zu Gesicht bekamen. Ihr Geld übrigens auch nicht mehr.
"Wir kennen diese Betrugsmasche bei Verkäufen von Booten, Fahrzeugen, Kunstgegenständen und Immobilien – bei allem, was sich gut übers Internet abwickeln lässt", berichtet auch Michael Cordier vom Betrugsdezernat. Oft gehe es dabei sogar um sechsstellige Summen. "Die Betrüger setzen gezielt auf gefälschte und nicht gedeckte Schecks", erklärt er. Ausgenutzt werde auch der Umstand, dass die Banken mehrere Wochen brauchten, um einen gefälschten Scheck zu identifizieren.
Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Wir teilten unserem britischen Freund mit, dass eine Bezahlung nur per Überweisung möglich sei. Das Boot steht immer noch bei uns im Garten ...