Wer bei einem Marathon nach genau 42,195 Kilometer die Ziellinie überquert, hat Respekt verdient, findet Bernhard Liesaus. Der 48-Jährige weiß, wovon er spricht. Im Laufe seiner Läufer-Karriere ist er selbst viele Marathons und Halbmarathons gelaufen. Dabei wollte er nicht einfach nur durchkommen. Die Laufzeit habe die entscheidende Rolle gespielt. 2:36 Stunden ist Liesaus persönliche Bestzeit. "Das ist eine sehr gute Zeit. So schnell läuft momentan niemand in der Region", erzählt er nicht ohne Stolz. Und das obwohl sein letzter Marathon elf Jahre zurück liegt.
"Der Marathon rächt sich hinterher"
Für Europäer sei es ohnehin schwer, richtig gute Zeiten zu laufen, mit denen sie international mithalten können. "Die Afrikaner sind uns da von ihren Anlagen her einfach überlegen", stellt Liesaus fest. Bestes Beispiel war zuletzt Stephen Kiprotich aus Uganda. Der 23-Jährige erlief sich bei den Olympischen Spielen in London die Goldmedaille in 2:08 Stunden.
Voraussetzung dafür, überhaupt 42 Kilometer am Stück laufen zu können, ist ein intensives Training. "Zwei Jahre sollte man regelmäßig und mehrmals in der Woche jeweils zehn Kilometer laufen", sagt Liesaus - bevor man überhaupt mit der Vorbereitung auf den Lauf beginnen kann. Dort müsse der Läufer dann mindestens zwischen 60 und 70 Kilometer pro Woche laufen. "Den Marathon darf man nicht unterschätzen. Denn der rächt sich erst hinterher", spricht er aus Erfahrung.
"Der Körper ist eigentlich nicht für den Marathon geeignet"
Eigentlich sei der menschliche Körper nicht dafür geeignet, solche Distanzen zu Fuß und in einem schnellen Tempo zurückzulegen. Die Belastung, die der Körper während des Laufs aushalten muss, ist enorm. "Wenn man läuft, wirkt ungefähr das Dreifache des Körpergewichts auf die Gelenke." Hinzu kommt der Flüssigkeitsverlust, der vor allem bei warmem Wetter sehr hoch ist. Dadurch wird auch das Immunsystem sehr stark beansprucht. Darauf müsse man den Körper vorbereiten, sonst mache diese noch Monate später Probleme.
Wer dies tut, kann die 42,195 Kilometer-Distanz souverän bewältigen. Dann müsse man sich unterwegs auch nicht zum Durchhalten zwingen - vorausgesetzt die Taktik stimmt. "Langsamer angehen und auf dem zweiten Teil das Tempo anziehen", rät der Lauf-Experte für den ersten Marathon. Er selbst habe zu seinen aktiven Zeiten seine Taktik immer kurz vor dem Rennen gewählt. "Da wusste ich dann, ob ich gut drauf war."
"Laufen hält jung"
Zu dieser Zeit ist Bernhard Liesaus zur Vorbereitung auf Wettkämpfe rund 150 Kilometer in der Woche gelaufen. Dazu kamen Gymnastik und Regeneration. "Das war ein großer Zeitaufwand", erinnert er sich. "Aber ich habe das gern gemacht. Und als ich noch keine Familie hatte, war das auch kein Problem."
Zwei Marathons lief er im Jahr - "einen schnellen im Frühjahr und einen langsamen im Herbst". Bis zu vier Läufe könne man jährlich bewältigen, wenn es nur darum gehe, durchzukommen. Mittlerweile läuft Liesaus keinen Marathon mehr. "Es reizt mich einfach nicht mehr", bekennt er. "Ich hatte meine Zeit und die war schön. Jetzt sind andere dran." Ganz aufgegeben hat er das Laufen dennoch nicht. Zwei- bis dreimal wöchentlich schnürt er immer noch die Laufschuhe. Auf Zeit läuft er nicht mehr - vielmehr für die allgemeine Fitness, denn "Laufen hält jung", bekräftigt er schmunzelnd.
In unserem Laufstrecken-Dossier können Sie nachlesen, wie sich Manuel Trutter für den Halbmarathon fit läuft und dabei Laufstrecken in Karlsruhe unter die Lupe nimmt. Gleichzeitig gibt es Tipps rund ums Laufen und den gesunden Rücken.