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Standards mit Stilwillen: Complete Eve - "Mother Of Pearl"

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Standards mit Stilwillen: Complete Eve - "Mother Of Pearl"

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    Aber auch wer auf anspruchsvolle und nicht aufmerksamkeitsheischende Hintergrundmusik bei einer stilvollen Party steht, liegt mit der Platte nicht falsch. Womit jetzt aber nicht gemeint ist, dass wir es hier mit Musik zu tun haben, die es nicht wert wäre, in stiller und aufmerksamer Stunde mit Muse gehört und aufgenommen zu werden. Das passende Ambiente zu diesem Werk ist jedenfalls vorgegeben.

    Legt man die Songauswahl des Albums zugrunde, so ist "Mother Of Pearl" ein Album voll klassischer Jazz-Standards aus dem Kanon des "American Songbook". Meist nähert sich die Besetzung um Sängerin Eva Weis (Gesang), Hellmut W. Ruder (Gitarre), Norbert Christ (Bass) und Jörg Schöllhorn (Piano) den Stücken in traditionell-klassischen Mustern. Dieser Ansatz wird aber immer wieder spielerisch und handwerklich-virtous gebrochen. Stücke wie das wunderschön akzentuiert gesungene und arrangierte "Besame Mucho" beweisen mit ihrem erfrischenden und klaren Charakter, dass ein Klassiker wie dieser immer noch zu einem Höhepunkt werden kann. Auch ein wunderbar elegisch ausgesungenes "The Man I Love" von George Gershwin erweist sich als der "mollige" Klassiker, wie ihn sich der Meister der "herbstlichen Gefühlslage" wohl nicht hätte sentimentaler und melancholischer vorstellen können.

    Mal traditionell, aber oft auch neuartig und mutig nähert sich das zumeist in klassischer Duo- oder Dreierbesetzung spielende Ensemble um Eva Weis dem ausgewählten Repertoire. Ein Stück wie "You And The Night And The Music" stellt erstmal eine gewagte und halsbrecherische Bass-Improvisation vornan, um dem eine gesanglich frei-jazzige Ausführung folgen zu lassen. Exzentrisch wäre wohl das richtige Wort dafür. Die Instrumentierung bleibt oft spartanisch und begleitet effektvoll und variantenreich, ohne dabei nicht selten dabei Reminiszenzen an den jüdischen Klezmer oder osteuropäischen Zigeuner-Jazz hervorzurufen. Die instrumentalen Solos haben meist Hand und Fuß und sind auf den Punkt, Auslauf wird eher selten, dann aber mutig gewährt.

    Das Spektrum der gespielten und hervorgerufenen Emotionen erstreckt sich dabei (musikalisch) von klassisch bis gegen den Strich gekämmt, von (songtechnisch) tieftraurig bis zu witzigen Höhepunkten wie einer vokalen Einlage von Eva Weis als Trompeterin im getragenen "You Don´t Know What Love Is". Stücke wie die Tango-Eigenkomposition "Ay Luna" beweisen zudem Stilsicherheit in einem Repertoire, das südamerikanische Einflüsse mit esoterisch und augenzwinkernd-ironisch angehauchten Momenten verbindet.

    Das Ganze ist überwiegend warm instrumentiert und wunderschön gesungen. Eindeutiger Mittelpunkt ist folglich Vokalistin Eva Weis. Und nur das kein falscher Eindruck entsteht: Hier wird zwar keine neue Billie Holiday geboren, doch Eva Weis macht ihre (Gesangs-)sache so ausgesprochen geschmackvoll und gut, dass das Album in Verbindung mit dem stilsicher bebilderten und eleganten Booklet ein rundes Ganzes ergibt. Und wie sie die Blue Notes im Raum stehen und für sich sprechen lässt, das ist die hohe Schule des Jazz und beweist Erfahrung in den verrucht-verrauchten Clubs dieser Erde.

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