Zur kreativen Einordnung: Ich erzähle erstmal, welche musikalischen Assoziationen mir ins Oberstübchen schießen, wenn ich Ableiters neue Platte höre: Neil Young, Joe Henry, aber auch Amos Lee und ja, überdies ein wenig Jakob Dylan. Allesamt (kleine) Legenden, hinter denen sich Ableiter definitiv nicht verstecken muss. Let's Begin!
Der Opener "Wenn es einmal Zeit wird" beschreibt schon ganz gut die Linie der Scheibe, ein sensibler, akustischer Beginn mit Country- und Folk-Einflüssen, der sich am Ende noch rockig auswächst. Nice!
"Die Schaukel" - eine schöne kleine Hymne
"Die Schaukel" ist ursprünglich von 1982 und essenziell, die sanften Streicher passen toll ins Arrangement. Eine schöne kleine Hymne. "Am Ende des Weges" geriert sich als ein kleiner, waschechter Rocker, auch dieser gefällt. Ganz nah dran am Liedermacher Tom Liwa und seinen Flowerpornoes ist Ableiter mit der zarten Ballade "Neu gemischt" - das ist ein Riesenkompliment!
"Tag im März" ist ein schöner Shuffle und ganz wunderbarer Song, ein feines Gesangsduett mit der famosen Künstlerin Eva Croissant, feiner Stoff, veredelt mit einer gediegenen Hammond. Eine kleine, fragile und eindrucksvolle Songperle und ein neues persönliches Lieblingslied, das in der Rotation läuft, und läuft, und läuft …
Was hier unbedingt erwähnt werden muss, sind die sensiblen, gefühlvollen Lyrics, die deutsche Sprache funktioniert hier - verbunden mit Ableiters charismatischer Stimme - ganz wunderbar; mit einer Seelenfülle, die einen echt begeistern kann. Zudem ist die Scheibe instrumental vom Feinsten, wunderbar leicht und transparent produziert und tight eingespielt.
Reminiszenzen an Liedermacher Reinhard Mey
"Wenn der Wind dann nicht mehr weht" ist fragiler Folk-Pop und hat, was alle Tracks dieses Albums ausmacht: Tiefe - hier begleitet von einer zarten Violine. "Immer mehr“ ist dann der Reinhard Mey-Song, den Mey nie geschrieben hat. Schön! "Wann kommst du" vereint erneut die Stärken von Rolf Ableiter: eine schöne Melodie und ganz viel Soul.
"Immer zu früh" erinnert mich (instrumental) an die großen Arrangements des genialen Randy Newman und könnte einen Film ummanteln - hier kommt Ableiters Stimme noch einmal wunderbar zum Tragen. Ein tolles Finale der Platte. Also: Großes Kompliment, Sir Ableiter, "Wenn es einmal Zeit wird" ist eine melancholisch schimmernde Pretiose und ein wunderbar austariertes und geschmackvolles Album geworden!
Morcheeba - "Blackest Blue"
Die Briten von Morcheeba waren anfangs stark beeinflusst von den kongenialen Kollegen von Massive Attack, machten sich aber im Laufe der Zeit kreativ unabhängig von den "Blue Lines"-Musikern. Spätestens mit "Big Calm" emanzipierte sich das Trio 1998 mit einem jungen Klassiker und diversen Single-Hits. Mit "Blackest Blue" releasen Morcheeba nun ihr zehntes Studioalbum - und ich bin echt gespannt!

Es beginnt mit einem vetrackten, so typischen Morcheeba-Beat, schön, das Ding, "Cut My Heart Out" besticht mit schleifenden Melodie-Versatzstücken. Gefällt schon mal! "Killed Our Love" klingt lazy und gäbe eine schöne erste Single ab - die entspannte Melodie macht's!
Das Album birgt echte Morcheeba-Momente
"Sounds Of Blue" könnte dann auch auf jede andere Morcheeba-Platte passen, einen Platz haben, überhaupt: ein wunderbar ausgeglichener Track, der zeigt, dass die Insulaner noch immer ganz vorne dabei sind, wenn es heißt, einen schönen Song zu schreiben, Auch beim Piano-Stück "Say It's Over" bleibt alles ruhig und verhalten, das im besten Sinne, hier zeigen beide Sänger*innen einfühlsam, wie man vokal einen Song veredelt.
"Sulphur Soul" kommt schön schräg und instrumental/gitarrenlastig daher, bleibt aber melodiös und kreiert echte Morcheeba-Momente. Das epische "Oh Oh Yeah" schleicht sich dann honiggleich in die geneigten Gehörgänge und ist einfach wundervolle Musik zum Verweilen und Kuscheln. Einer der Album-Gewinner und ein echter Dream-Pop-Glanzpunkt!
Morcheeba, das britische TripHop-Original
Mit "Namaste" schicken Morcheeba einen weiteren Schleicher hinterher, der ebenfalls überzeugt, auch das folgende "The Moon" weiß trotz düsteren Sounds durchaus zu gefallen. "Falling Skies" ist dann wieder veritabler Morcheeba-Stoff. "The Edge Of The World" beschließt das träumerische Album und kommt ein bisschen sperrig daher für einen Rausschmeißer, aber hey, die verträumten Vocals bringen alles wieder ins Lot.
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