Württembergische Truppen belagerten dareinst das mauerbewehrte Brettheim. Doch Bürger und Landsknechte wehren sich erfolgreich, so dass die Widersacher kurz vor dem Peter-und-Paul-Tag 1504 einen Waffenstillstand unterzeichnen. Und das wird seither mehr oder minder aufwändig gefeiert; unvergessen das 500er Jubiläumsfest 2004. Das "Drehbuch" stammt aus der Feder eines Zeitzeugen: Die Chronik der Belagerung von Georg Schwarzerd aus dem Jahr 1561 ist Grundlage für die nach historischer Genauigkeit strebenden Darstellungen.
Pure (Nach-)lebensfreude des ausgehenden Mittelalters: In den Lagern geht's hoch her (Foto: pr) |
Auch dieses Jahr bemühen sich unzählige Gruppen mit weit mehr als 3.000 Menschen im mittelalterlichen Habit um ein möglichst authentisches Nachleben des ausgehenden Mittelalters. Doch auch Nicht-Vereinsmeier haben längst Gefallen am Gewanden gefunden; und das nicht nur, um sich die Eintrittskosten (drei Tage, fünf Euro) für die Plakette zu ersparen. Gern gesehen wird es vom peniblen Festkomitee nicht, wenn sich die Gewänder Kostüme schimpfen und nicht bis ins letzte Detail der Historie entsprechen. Doch das Volk begehret's, so lasset sie doch gewähren.
Zweimal Dudelsackmusik von Cultus Ferox
Am Freitagabend um 18 Uhr rüstet sich Brettheim zum Kampfe. Sehens- und hörenswert: Die Berliner Spielmänner von Cultus Ferox sind ab 23 Uhr (ein weiteres Mal am Samstag, 20 Uhr, Bessergasse) mit rhythmischer Dudelsackmusik und anderen nach historischen Vorbildern nachgebauten mittelalterlichen Instrumenten auf dem Marktplatz zugange. Am Samstag wird bei der "Schlacht" (20 Uhr, Simmelturm) der erfolgreiche Ausfall mit Pulverdampf und Waffenklirren nachgestellt. Nach dem Sieg und am Sonntag ist schließlich Feiern angesagt. Zuvor kann man ab 14.30 Uhr beim Festumzug alle Akteure zusammen durch die Stadt ziehen sehen, um sich hernach wieder dem "Leben und Treiben im Juli 1504" in der Altstadt zu widmen.
In deren Gassen ertönt fernab vom schnöden Rummeltreiben Musik zum Tanz; Handwerker zeigen ihr Geschick; Gaukler und Possenreißer unterhalten; in den Lagern der mittelalterlichen Gruppen wird gekocht und das spätmittelalterliche Leben in seiner ganzen Pracht und Brutalität dargeboten. Ob Landsknechte, Bauern, Schäfer oder fahrendes Volk, stets stilecht zeigt sich das historische Spektakel. Ebenso prägt die Handwerkskunst aus alten Zeiten die Szenerie: Töpfer, Zimmerleute, Schmiede, Seifensieder, Drucker und viele andere üben auf den Straßen und Plätzen ihre Berufe aus und ermöglichen Einblicke in die Wurzeln des Handwerks.
Fußball wie vor 500 Jahren: Das Bruchenball-Turnier
Auch Freunde der napoleonischen Zeit finden sich in dem Fest wieder: "Peter-und-Paul" ist Treffpunkt vieler Bürgerwehren und Milizen. Höhepunkt: der große Zapfenstreich auf dem Marktplatz am Samstagabend. Montags ist seit vielen Jahrzehnten "Tag des Schwartenmagens" und willkommener Anlass, beim Vespern noch einmal kräftig zuzulangen ehe das Fest mit dem Kindernachmittag ausklingt.
Gar grimmig dreingeschaut wird vor dem Landsknechtelager (Foto: pr) |
Und "Peter-und-Paul", das ist alle (zwei) Jahre wieder auch Fußballzeit: Für WM-Fans gibt es auch am Freitag- und Samstagabend inner- und außerhalb des Festbereichs genügend Möglichkeiten, sich die Spiele anzusehen. Wer hingegen wissen will wie Fußball vor 500 Jahren gespielt wurde, darf sich das Bruchenball-Turnier am Samstagnachmittag um 14 Uhr auf dem Turnierplatz beim Simmelturm nicht entgehen lassen. Dort treten Mittelaltergruppen in mehr oder weniger spärlicher Sportbekleidung gegeneinander an.
Beim Festumzug am Sonntagnachmittag sind Gruppen aus ganz Europa zu sehen (Foto: pr) |
Und wenn das Tagwerk vollbracht, werden wir uns - wider besseren Wissens - doch alle einmal mehr auf dem Kirchplatz bei Tanzmeister Norbert vom Spielvolk Merlin einfinden. Ein freulig "...und der Mann und die Frau und der Mann, der Mann, der Mann...", ein herzhafter Biss in den Rahmfleck, "Hoi!, Hoi!, Hoi!"-Geschrey, einen kräftigen Schlucken vom Gerstensaft aus dem edlen Tongefäß und immer gern und gerner woll'n wir wieder unser'n Johan sehen. Man stelle sich vor, es ist Tanz... Wonach's dem Volk begehret.
Das ausführliche Programmm der jeweiligen Tage gibt's unter den angegebenen Links als PDF-Download, ebenso weitere Infos zu den teilnehmenden Gruppen.