Wie jetzt? Flusspferde im Rhein? Aber ja, vor mehr als 115.000 Jahren, wie zahlreiche Knochen- und Zahnfunde belegen. Dieser und andere Fakten gab es bei der Pressekonferenz zu erfahren, und man verrät nicht zuviel, wenn man dieses Ausstellung schon jetzt in den höchsten Tönen anpreisen will und kann. Flusspferde sind "ein großer Werbeträger", so Museumsdirektor Norbert Lenz, womit er gleich mal den ersten Lacher erntete.

In dieser Ausstellung führt das Naturkundemuseum auf eine Zeitreise in die wechselvolle Vergangenheit des Klimas am Oberrhein und eröffnet mit verschiedenen Objekten einen neuen Blick auf die damalige Tier- und Pflanzenwelt. Darüber hinaus erklärt die Ausstellung, wie Eiszeiten entstehen und geht auf die Besonderheiten des Oberrheingebiets ein. Bio- und geowissenschaftliche Aspekte ergänzen sich so zu einer umfassenden Schau zum Thema.

Die atmosphärische Ausstellung beherbergt zwei Säle, der erste visualisiert geologische Grundlagen, der zweite haut einen (umgangssprachlich) dann erst einmal um: Auf einer Gesamtfläche von fast 700 Quadratmetern veranschaulichen Tier- und Pflanzenpräparate, Originalfossilien und eigens angefertigte Modelle, wie es in der Zeit von vor etwa 126.000 bis vor 11.700 Jahren in dieser Region aussah.

Impression "Flussfperde am Oberrhein - wie war die Eiszeit wirklich?"
Impression "Flussfperde am Oberrhein - wie war die Eiszeit wirklich?" | Bild: Toby Frei

Seit 2,6 Millionen Jahren leben wir in einem Eiszeitalter, das heißt, beide Pole sind mit Eiskappen bedeckt. Dabei ist das Klima jedoch nicht durchgängig eisig kalt – Kalt- und Warmzeiten wechseln sich ab. Die letzte abgeschlossene Warmzeit, das Eem, begann vor etwa 126.000 Jahren und endete vor etwa 115.000 Jahren. In dieser Zeit waren die Jahresmitteltemperaturen mehrere Grad höher als heute. Die darauffolgende Kaltzeit, das Würm, dauerte von vor 115.000 Jahren bis vor 11.700 Jahren und war deutlich kälter als heute.

Seit dem Ende des Würm leben wir in der sogenannten Holozän-Warmzeit mit relativ milden Wintern und gemäßigten Sommern. In der Kaltzeit zogen Mammuts, Wollhaarnashörner, Steppenbisons und Riesenhirsche durch die Steppenlandschaft am Oberrhein. Während der letzten Warmzeit dagegen lebten hier mächtige Waldelefanten, Waldnashörner, Wasserbüffel - und eben auch Flusspferde!

Wie entstehen Eiszeitalter überhaupt?

Aber woher wissen wir, wie das Klima in der Vergangenheit war? Wie entstehen Eiszeitalter überhaupt? Welche Informationen gibt es über die Tier- und Pflanzenwelt? Mit interaktiven Stationen, anschaulichen Grafiken und außergewöhnlichen Exponaten wird diesen Fragen im ersten Bereich der Ausstellung nachgegangen. Es wird erklärt, wie es zu Eiszeitaltern kommt und was das Besondere des Oberrheingebiets während der letzten Kalt- und Warmzeit war.

Dazu werden unterschiedliche Klimazeugen vorgestellt, die Auskunft über die Entwicklung des Klimas und dessen Einfluss auf die Ökologie des Oberrheingebiets geben: Spuren in der Landschaft, im Boden und in Gesteinen, Bodenprofile und Pollendiagramme zur Bestimmung der damaligen Pflanzenarten und andere Belege eiszeitlichen Lebens.

Zweiter Bereich mit raumfüllenden Dioramen

Der angesprochene zweite Bereich führt mit raumfüllenden Dioramen auf eine Reise in die Vergangenheit unserer Region: In einer stimmungsvollen Inszenierung, die der Landschaft am Oberrhein zwischen Vogesen und Schwarzwald nachempfunden ist, werden hier typische Pflanzen und Tiere aus Warm- und Kaltzeit gezeigt. Originalfunde, Präparate und eigens angefertigte lebensgroße Modelle von Wollhaar- und Waldnashorn, Europäischem Wasserbüffel und Flusspferd vermitteln auf eindrucksvolle Weise ein Bild der damaligen Tierwelt.

Einzelobjekte wie die Schädel von Höhlenlöwe und Höhlenbär, Stoßzähne von Waldelefant und Wollhaarmammut oder das mächtige Geweih eines Riesenhirschs ergänzen die dargestellten Stücke. Darunter ist auch der "Daxlander Nashornschädel", der im Jahr 1802 im heutigen Karlsruher Stadtteil Daxlanden bei Arbeiten am Rheinufer entdeckt und zunächst für den Schädel einer Meerjungfrau gehalten wurde. Er ist einer der besterhaltenen Schädel eines Waldnashorns weltweit.

Das Team des Naturkundemuseums Karlsruhe bei der Pressekonferenz
Das Team des Naturkundemuseums Karlsruhe bei der Pressekonferenz | Bild: Toby Frei

Neben diesen ausgestorbenen Großtieren zeigt die Ausstellung eine Vielzahl von anderen Tieren und Pflanzen, die wir teils auch heute noch kennen. Dabei werden die unterschiedlichen Lebensweisen und Überlebensstrategien unter extremen klimatischen Bedingungen thematisiert.

Auch frühe Menschen haben ihre Spuren hinterlassen. Vermutlich vor zirka 200.000 Jahren tauchten die ersten Neandertaler in Europa auf, vor etwa 40.000 Jahren erreichte dann der anatomisch moderne Mensch (Homo sapiens) unseren Kontinent. Steinwerkzeuge, Fossilien und Schädelabgüsse zeugen in der Ausstellung von ihrer Existenz.

Anlass für die Ausstellung war der Wunsch, die bedeutenden Sammlungsbestände des Naturkundemuseums Karlsruhe einmal wieder ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken: Gesteine, Ablagerungen und Fossilien aus der Zeit Pleistozän, besonders aus den Schottern und Sanden des Oberrheins, bilden einen wichtigen besonderen Schwerpunkt der geologisch-paläontologischen Sammlungen. Sie sind hervorragend erschlossen und werden regelmäßig von Wissenschaftlern aus aller Welt zu Forschungszwecken aufgesucht.

Impression "Flussfperde am Oberrhein - wie war die Eiszeit wirklich?"
Impression "Flussfperde am Oberrhein - wie war die Eiszeit wirklich?" | Bild: Toby Frei

Ergänzend zu den Exponaten bieten einzelne "Wissensinseln" zusätzliche Informationen. Hör- und Riechstationen lassen die Ausstellung mit allen Sinnen erleben und Tastbildschirme laden dazu ein, selbst aktiv zu werden und einzelne Themenschwerpunkte genauer zu erkunden.

Zur Ausstellung bietet das Naturkundemuseum Karlsruhe ein vielseitiges Begleitprogramm. Vorträge, Workshops, Themenführungen und verschiedene Angebote für Kinder greifen einzelne Aspekte der Ausstellung auf. Für die Besucher stehen als Service Audio-Guides zur Verfügung, für interessierte Kids gibt's extra eine Rallye durch die Museumsräume -"Entdecken mit allen Sinnen" heißt die Devise!

Kurz zu den Fakten und Zahlen: Insgesamt flossen 1,2 Millionen Euro in die Landesaustellung, der größte Teil hiervon kam vom Land. Die Ausstellung ist auch architektonisch interessant und von Könnern gemacht, insgesamt sind rund 200 Objekte zu besichtigen.

Termin: Donnerstag, 21. Juni 2018, bis Sonntag, 27. Januar 2019, Naturkundemuseum Karlsruhe, Karlsruhe

www.smnk.de