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Karlsruhe: KSC-Stück im Staatstheater - "Aus: Das Leben nach dem Spiel"

Karlsruhe

KSC-Stück im Staatstheater - "Aus: Das Leben nach dem Spiel"

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    Klaus Cofalka-Adami, Gunnar Schmidt, Florentine Krafft
    Klaus Cofalka-Adami, Gunnar Schmidt, Florentine Krafft Foto: ps/Felix Grünschloß

    "Irgendwann merkst du dann, dass der Platz größer wird", sagt Gunnar Schmidt. Er erzählt davon, wie komisch es einem vorkomme, wenn man als Fußballer mittleren Alters plötzlich in der Kabine zwischen "grotesk jungen Leuten" sitze - und sich frage, ob man mit seiner kurzen Hose wirklich altersangemessen bekleidet sei. Und er klagt über den körperlichen Verfall, dass der Fußballplatz einfach riesig sei, man den "Ball schieben" müsse. Dann sagt Schmidt: "Ich bin plötzlich niemand mehr."

    3.000 Seiten Interviewmaterial gesammelt

    Es ist eine der ersten Szenen von "Aus: Das Leben nach dem Spiel", ein Stück, für das laut Staatstheater lange recherchiert worden sei. Über 3.000 Seiten Interviewmaterial seien gesammelt worden, mit Spielerfrauen, Fans - und den Ex-Profis, speziell des KSC, habe man gesprochen. Daraus hat der Regisseur und Bühnenautor Tobias Rausch ein Stück geschrieben. Eines, das so manchem Fußballfan die Augen dafür öffnen könnte, was hinter den Kulissen der glamourösen Kickerwelt wirklich vonstattengeht.

    Über weite Strecken scheint die Verzweiflung der Profis schier greifbar. Rausch lässt nichts aus: Der kindische Umgang miteinander in Trainingscamps, der raue Ton auf dem Platz, das Protzen mit den Autos. Die Parallelwelt des Profifußballs wird in ihrer Surrealität dargelegt: Eine Spielerfrau (hervorragend gespielt von Florentine Krafft) kommt zu Wort. Sie erklärt, wie sie ihrem Mann den Rücken freihielt, sich um alles im täglichen Leben kümmerte, weil es für ihn nur die Welt des Balls gab. Die Worte "Linienrichter" (Wer entscheidet tatsächlich, wer über die Rasenlinie darf - und wer nicht?) und "Auswechselspieler" (letztlich seien ja doch alle irgendwie auswechsel- und ersetzbar) werden im wörtlichen Sinne verstanden. Vom systematischen Mobben erzählt Rausch, wenn jemand nicht mehr mitmachen könne, werde er eben herzlos ausgemustert.

    Die Schauspieler, die im Stück ihre wahren Namen tragen, um keine konkreten Fußballernamen zu nennen und die Anonymität zu wahren, schildern den Umgang mit Verletzungen, der in einen Zwiespalt führe. Was ist wichtiger: Teamgeist - oder die eigene Gesundheit? Nach einiger Zeit jedoch stellt sich eine gewisse Langatmigkeit des Stücks heraus. Gute 100 Minuten (ohne Pause) werden zwar immer wieder mit der Tristesse der Profis gefüllt - doch wiederholen sich deren Aussagen teilweise so sehr, dass der künstlerische Effekt etwas überzogen wirkt.

    Sehnsucht nach dem Kick wird nie wieder gestillt

    Die "Ultras", die hartgesottenen Fans des KSC werden als quasi-religiöse Gruppierung dargestellt, die für den Sieg ihres Vereins so ziemlich alles tun würden. Dabei ginge es jedoch, wie ein Akteur bekundet, um weit mehr als Kriminalität. Die Antwort auf die Frage, was denn nun tatsächlich nach dem Spiel kommt, fällt erschreckend nüchtern aus: Die ehemaligen Profis klagen ihr Leid auf dem Arbeitsamt, einer macht einen Toto-Lotto-Kiosk auf, ein anderer ein Sportartikelgeschäft. Sehnsucht nach dem wortwörtlichen Kick der Ex-Kicker schwebt dominant im Raum - mit der gleichzeitigen Gewissheit, dass diese so wohl nie wieder gestillt werden kann.

    Das Staatstheater möchte mit dem Stück auch Nicht-Fußballfans ansprechen. Man versuche daher, Antworten auf die Frage zu geben: "Wie geht es uns, wenn wir ins Aus geraten?" Genau darin liegt ein kleineres Manko des Stücks. Allzu sehr beschränkt sich Rausch auf den Fußball, erst kurz vor Schluss lässt ein "Ex-Profi", der jetzt als Unternehmensberater arbeitet, durchblicken, dass die Wirtschaft genauso tickt, wie die Ellenbogengesellschaft in den Kabinen: Das größere Ego setze sich durch. Doch diese interessante Parallele wird nicht vertieft, verklingt fast ungehört in der Stille, wenn das auf der Bühne montierte, und ins Publikum gerichtete, Flutlicht erlischt.

    www.staatstheater.karlsruhe.de

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