Man kommt ins Foyer dieses Lichtspielhauses und schnuppert sofort Kinoluft, diese spezielle Mischung aus Popcorn und Softdrink. Auch 2023 haben die ID wieder umfassend ihre Preise vergeben, 14 an der Zahl, dotiert mit ingesamt 23.000 Euro.
Insgesamt wurden 123 Filme aus 36 Ländern gezeigt. Während in zwölf Kategorien Fachjurys aus Film- und Medienschaffenden ihren jeweiligen Favoriten kürten, konnte das Publikum vor Ort über seinen Favoriten für den Filmpreis der Stadt Karlsruhe abstimmen.

Ich möchte im Folgenden auf die wunderbare (Indie-)Dokumentation "Tunten zwecklos" eingehen und hinweisen, welche im ID-Programm extra gefeatured wurde. Die Hamburger Bollenmädels stehen für viele Homosexuelle, die Anfang der 80er-Jahre in der deutschen Provinz ihr Coming Out erlebten. Neun sehr unterschiedliche Männer trafen sich in Hamburg, wurden Freunde und verkleiden sich seitdem auf CSDs und anderen Veranstaltungen als Schwarzwaldmädel.

Ihr Engagement für Vielfalt und Gleichberechtigung ist nach wie vor ungebrochen. 2018 verpassten sie dem Manneken Pis auf offizielle Einladung ein selbst genähtes Dirndl – die erste weibliche Verkleidung des Brüsseler Wahrzeichens seit 400 Jahren. Die Verkleidung vor Ort verwandelt sich dann spontan in ein multikulturelles Straßenfest.

Die Themen der feinfühligen Interviews reichen dabei von der Kindheit, dem Coming Out, der Sexualität und der AIDS-Krise über die Pflege und den Tod der Eltern bis hin zu ersten Resümees der individuellen Lebensgeschichten. Durch die verschiedenen Archivmedien und animierten Elemente wird der Film auch zu einem Generationenporträt und zeigt einen Ausschnitt der Schwulenbewegung in Deutschland.

Solche Dokus/Poträts sind so wichtig für unsere Gesellschaft, umso schöner, dass dieses Werk (das noch keinen Verleih hat) letztendlich realisiert wurde. Wir haben uns mit dem Hamburger Bollenmädel "Uschi" und den beiden Regisseuren Mirek Balonis und Jutta Riedel unterhalten.
Wieviel Spaß hat es gemacht, diese "Truppe" zu begleiten, beziehungsweise diesen Film zu machen?
Riedel/Balonis: Sehr viel Spaß, es war aber auch eine sehr anstrengende Zeit. Wir haben insgesamt drei Jahre gedreht, aus Coronagründen intensiv dann ein Jahr. Anspruchsvoll war es allein deshalb, das umfassende Material zu schneiden/sichten: Dieser Film ist ja auch ein Ausschnitt der Schwulenbewegung, eine umfassende und spannende Dokumentation. Wir hatten die Hoffnung, dass es so funktioniert.
Es war sicher eine aufregend Zeit, diesen Film zu drehen, er berüht ja viele Themen.
Riedel: Natürlich, es ist ja total existenziell, wenn du sowas machst. Du machst in der Zeit ja sonst nichts.

Wo kann man denn "Tunten zwecklos" sehen?
Balonis: Wir freuen uns, wenn jemand unseren Film zeigen will. "Tunten zwecklos" läuft auf Festivals, hat aber noch keinen Verleih, wir suchen nach Möglichkeiten. Man muss diese Themen verbreiten/breit zeigen, das ist wichtig; Wie gesagt, wir suchen nach Kontakten, keine Frage.

"Tunten zwecklos" ist ja auch das Porträt einer Generation ...
Uschi: Dieser Film hat keine Längen/Langeweile, ist wunderbar verdichtet, intensiv und schürt jedes Mal neue Emotionen. Ich habe ihn jetzt zum vierten Mal gesehen, und er berührt mich emotional immer noch sehr und zutiefst. Es gibt immer noch viele ergreifende, auch Gänsehautmomente! Der Streifen ist ein echtes Zeitdokument.
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