Der DVD-Tipp von Patrick Wurster
Nach dem Lesen vernichten muss man die Memoiren des suspendierten CIA-Agenten Osbourne Cox (John Malkovich) nicht. Der hatte bis vor kurzem einen einigermaßen unwichtigen Job als Analyst und Balkan-Experte beim Auslandsnachrichtendienst der Vereinigten Staaten; und nun nur noch sein Alkoholproblem.
Denn auch seine eisige Frau ist ihren Ozzie Leid und brennt ein paar Daten für den Scheidungsanwalt auf CD. Die vergisst sie in der Umkleidekabine des Fitness-Studios, wo die einzig aufs längst überfallige, aber mit Hard-Bodies-Einkommen nicht zu leistende, bessere Aussehen bedachte Fitnesstrainerin Linda Litzke (Frances McDormand) und ihr von Haus aus gutaussehender, aber ebenso strunzdummer Kollege Chad Feldheimer (Brad Pitt) das vermeintlich brisante Manuskript finden.
Die beiden wittern das große Geschäft mit der geheimen Staatssache. Dass aber ausgerechnet die Liebesaffären des sexuell umtriebigen Ex-Personenschützers und Regierungsbeamten Harry Pfarrer (George Clooney) die amateurhaften Erpressungsversuche behindern würden, kann allenfalls der Zuschauer ahnen. Der CIA-Apparat in Washington D.C. wittert bereits einen Racheakt des Geschassten - und dann kommen auch noch die Russen ins Spiel...
Diese und noch mehr zu Anfang lose Handlungsfäden schlingern sich bald zu einem tiefschwarzen-lakonischen Schnellschuss. Und sämtliche alsbald unter Verfolgungswahn leidenden Charaktere - die von niemandem auch nur annähernd so wichtig genommen werden, wie sie sich selbst sehen möchten - leben diesmal besonders schön weit weg von dem, was noch als normal zu bezeichnen wäre. Erfrischend selbstironisch geht George Clooney sein Womanizer-Image an; und auch Brad Pitt hat offenbar kein Problem damit, sich auf seine durchtrainierte Fassade reduzieren zu lassen. Im Gegenteil, es bereitet ihm sichtlich Spielfreude, hinter Fönfrisur und Dumpfbacken den Clown zu geben.
Und nicht nur ihm: Wer hätte gedacht, was diese beiden Hollywood-Ikonen - deren Rollen das Drehbuch von Joel und Ethan Coen nur einen kurzen gemeinsamen Auftritt gönnt - allein an komischen Grimassen zustande bekommen; welch komödiantisches Talent da schlummert - mit dem Mut zur inneren Häßlichkeit. Gerade der auf Dauerwellen-Bubi gestriegelte Pitt ist Dreh- und Angelpunkt so manchen (Running-)Gags. Stehenden Szenenapplaus dürfen sich da auch unbedingt David Rasche und J.K. Simmons abholen, die als hohe Tiere die satierische Seite der CIA verkörpern.
Und wer verbrennt sich nun die Finger? Klare Antwort: Alle. Gen Ende löst sich der Knoten in ein einziges Nichts; ist alle Handlung nur noch Dekonstruktion, ohne jede Bedeutung. Vielleicht ist deshalb bei so vielen das Gefühl haften geblieben, dass "Burn After Reading" im Vergleich mit dem vierfach "Oscar"-prämierten Vorgänger "No Country For Old Men" wie eine Art Lockerungseinheit auf dem Weg zum nächsten Treppchen-Sturm wirkt. Nein, diese 90 Minuten sind mehr als eine leichtfüßige Stilübung. Das ist - wie es der gute Chad ganz sicher und mit der größtmöglichen Bedeutung in der Stimme formuliert hätte - ganz ganz heißer Coen-Scheiß!
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