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Geisterk(r)ampf: "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels"

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Geisterk(r)ampf: "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels"

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    Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels
    Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels Foto: ps

    Der DVD-Tipp von Patrick Wurster

    Auf das dumpfe Bauchgefühl hört man nur kurz. Viel zu groß ist die Vorfreude auf ein Wiedersehen mit den Lieblingen der Kindheit und Jugend, die man auf der großen Leinwand ob der späten Geburt nie zu Gesicht bekommen hat. Und wenn dann auch noch die Väter der Originale, Regisseur Steven Spielberg und Produzent George Lucas, Hand anlegen, sind die Bedenken, ein Artefakt wie Indiana Jones bei Ausgrabung und Zurschaustellung zu beschädigen, schnell dahin.

    Ein Projekt wie dieser vierte Teil bezieht Reiz und Rechtfertigung schon daraus, nach so langer Zeit dieselben Macher hinter und natürlich vor der Kamera zu wissen. Denn Harrison Ford ist wie wenige Schauspieler eins mit einer Rolle geworden, die im Gegensatz zu einem James Bond einfach kein anderer spielen darf: Er ist Dr. Henry "Indiana" Jones Junior. Immer mehr der Alte, aber noch erstaunlich rüstig.

    Nach Bundeslade, Todestempel, Heil'gem Gral und viel viel Vorgeplänkel darf's dennoch Zweifel geben; schließlich sind "Jäger des verlorenen Schatzes" (1981), der als bislang schwächster Teil einzuschätzende, ein Jahr vor dem ersten spielende "Tempel des Todes" (1984) und die Krone der Reihe, "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug" (1989) mit Sean Connery als Jones Senior (der einen Cameo-Auftritt im vierten Teil leider abgelehnt hat) echte Kino-Ikonen. Vorfreude beiseite, der Film beginnt, die Erleichterung lässt auf sich warten.

    Indiana Jones ist nicht "Shake, Rattle And Roll"

    Eine unspektakuläre Titeleinblendung, nichts zu sehen vom berühmten Schriftzug in gelb und rot und anstelle des wohlig geblasenen "Indy-Themes" führt Elvis Presleys "Hound Dog" mitten in die 50er. Nach dem vermeintlich "Letzten Kreuzzug" sind 19 Jahre vergangen; und die haben naturgemäß auch bei Harrison Ford Spuren hinterlassen. Die Geschichte wurde deshalb konsequenterweise seinem Alter entsprechend zu Zeiten des Kalten Krieges angesiedelt, wo der Held mit Dompteurspeitsche und Fedora-Hut nicht mehr gegen Nazis, sondern die von Cate Blanchett (als Irina Spalko, aufs Paranormale spezialisierte Wissenschaftlerin) angeführten Russen ins Feld zieht.

    Wir hören, wie sich der Kofferraum öffnet, ein Hut, eine Silhouette - mehr Pathos und Symbolträchtigkeit, um den Helden einzuführen, geht nicht. Indy und Freund Mac (Ray Winstone) sind von den Russen gekidnappt worden und die haben sich mit den beiden Verschnürten zu jener Lagerhalle vorgeschossen, die wir zuletzt am Ende des ersten Films zu Gesicht bekommen haben. Die Bundeslade, Ruhetruhe der zehn Gebote, ist auch noch da und ihr Kurzauftritt einer von viel zu wenigen Reminizensen an die drei Vorgänger. Hier muss Indy die Kommunisten zu der Einen von unzähligen Holzkisten führen, die ein außerirdisches Überbleibsel des Roswell-Zwischenfalls enthalten soll.

    Sein Vertrauter entpuppt sich rasch als Doppelagent und wir atmen erstmals auf, wenn sich Dr. Jones ungeachtet der Jahre in die Freiheit turnt. Und doch wird nicht so getan, als hätte der Schluck aus dem Gral eine Nachwirkung: Der Held darf sich auch mal verschätzen und am angepeilten Ziel vorbeischwingen. Lächerlich macht er sich dabei keinesfalls und wenn doch: Ein lockerer Spruch und die Sache sitzt wieder!

    Ehrliche Kinnhaken statt CGI-Fights?

    Überläufer Mac bringt in Folge auch Henry Jones unter roten Verdacht, sein Lehrstuhl kommt in die Abstellkammer, ihn zieht's nach Europa. Doch das Zusammentreffen mit dem jungen Mutt Williams (Shia LaBeouf) und eine mysteriöse Karte des in Peru verschollenen, auch Indy gut bekannten Professors Harold Oxley (John Hurt) ändern die Pläne. Es geht nach Akator, wo sie bald auf Mutts Mutter Marion Williams treffen - eine gebürtige Ravenwood...

    Indy ohne weiblichen Gegenpol, das ginge nicht und auch wenn Ford im wahren Leben mit Calista Flockhart eine fast 20 Jahre jüngere Verlobte an seiner Seite wähnt, wäre es wohl nicht die beste Idee gewesen, dem alten Haudegen irgendein junges Ding anzudrehen. Die hand- wie trinkfeste Marion Ravenwood wurde ja schon in "Jäger des verlorenen Schatzes" von Karen Allen gespielt und eine Bessere hat der Herr Professor weder in Kate Capshaw und schon gar nicht in Alison Doody gefunden. Schönes Wiedersehen, der Blick von Indiana - eine einmalige Geste! Und Möglichkeit für die Macher, in Folge einen gereiften Jones vorzustellen, der sich an späterer Stelle nach einem Sturz zuerst der Unversehrtheit seiner alte Liebe vergewissert, den Schädel Schädel und die Arbeit Arbeit sein lässt.

    Im Drehbuch viel Wirres

    Dass Mutt ein Ergebnis von "Wo tut's denn noch weh?" und damit der neue Junior ist, führt zu so manchem netten Verbalclinch und dennoch will sich trotz weiteren selbstironischen (Indys Schlangenphobie) wie ernsteren Bezugnahmen (das Schicksal von Marcus Brody und Henry Jones Senior: "Wir sind in einem Alter, in dem die Zeit beginnt, dir Dinge wegzunehmen, Indy."), den trockenhumoresken Einlagen, ein paar Schauermomenten und natürlich Fords ungebrochen knochigem Charme kein Gefühl der Zufriedenheit einstellen. Obwohl es natürlich ohne weiteres möglich gewesen wäre, die Story zeitloser und ohne politgeschichtlichen Hintergrund wie den zweiten Teil anzusiedeln, liegt das weniger am doch recht gewöhungsbedürftigen Umstand, dass Indiana Jones nunmal nicht "Shake, Rattle And Roll" ist.

    Am Set wurde sich nämlich kräftig ausgetobt, um echten Fifties-Spirit aufkommen zu lassen! Der Spaß an der Sache springt geradezu aus jedem Bild; Spielbergs Protegé LaBeouf macht als pomadenhaariger halbstarker Sidekick ob der Umstände aber eine eher unglückliche Figur, während Cate Blanchett (optisch markant mit Prinz-Eisenherz-Schnitt) einen reichlich eindimensionalen Charakter abbekommen hat. Ein mittels Score erhöhter Moment für die Ewigkeit, wie jener, als Ösi-Liebschaft Elsa Schneider in Teil drei ihr doppeltes Spiel enttarnt, um Indiana das Gralstagebuch abzunehmen - sie bleiben Blanchett wie dem gesamten Film vorenthalten.

    Der wollte aber immerhin Actionkino alter Schule sein und das heißt: Ehrliche Kinnhaken statt CGI-Fights. Auch in dieser Hinsicht erweist sich "Königreich des Kristallschädels" als schlagfertig. Ganz ohne Computerunterstützung ging's dann aber doch nicht und gerade die schon im Trailer angedeutete wilde Dschungelhatz - nebenbei längste Verfolgungsjagd im ganzen Film - bei der kräftig mit Säbel wie Humor gerasselt wird, wirkt seltsam billig angesichts 185 Millionen Dollar Produktionskosten. Hinzu kommt, dass manche Aufnahme in vermeintlich freier Wildbahn geradezu nach Studio mieft.

    Ein Indiana Jones wühlt in der Vergangenheit, nicht in der Zukunft

    Hauptärgernis ist aber das nach zahllosen Fehlfassungen schließlich von David Koepp total verkompliziert auf Motiven einer geplanten Episode der TV-Serie "Die Abenteuer des jungen Indiana Jones" erdachte Drehbuch, das nicht nur einen würdigeren Ausstieg aus der Geschichte verpasst, sondern erstaunlicherweise einige Durchhänger aufweist und manchmal beinah so wirr ist, wie die kryptischen Wortfetzen eines Professor Oxley. Ergo: Miträtseln schier unmöglich, wir folgen treudoof dem berühmten roten Pfad auf der Landkarte.

    Und was wir vorfinden, verstört. Mystisch angehaucht war die einstige Trilogie immer. Gerade der Glauben an eine Sache - sei es nun der göttliche oder der ideologische - mag ein Fixpunkt des Franchise sein und vielleicht fällt gerade deshalb der "Tempel des Todes" ab, weil er eben nicht dieser Determination unterworfen ist. Als sich aber mehr und mehr herauskristallisiert, dass der Schädel außerirdischer Herkunft ist, passt das vielleicht noch in die Rubrik "I Believe" oder in die gewählte Zeit, aber ganz sicher nicht mehr zur Reihe. Ein Indiana Jones wühlt in der Vergangenheit, nicht in der Zukunft.

    Gehört damit die Figur des Indiana Jones selbst ins zitierte Museum? Oder sogar wir selbst als Teil des Trilogie-Jahrzehnts? Das Ende des im Rahmen der vorgelegten Verhältnisse mittelprächtigeren Abenteuer-Zweistünders ist jedenfalls nur noch ein unmotiviertes Quirl aus "Akte X" und schlechteren Klonen der Finals aus Teil eins und drei. Spielberg und Lucas bescheren uns eine "Unheimliche Begegnung der vierten Art". Ob's in Atlantis oder sonstwo mehr zu holen gegeben hätte? Es wäre so und so ein ungleicher Kampf gegen die Geister der Vergangenheit. Kramen wir lieber in der Spielesammlung und werfen den Rechner an. Indiana Jones hat seinen Hut genommen.

    www.indianajones-film.de

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