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Eine Insel und drei Dinge: Maritimes "We, The Vehicles"

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Eine Insel und drei Dinge: Maritimes "We, The Vehicles"

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    Und was begleitet uns schon länger im Zeitalter der Lebensabschnittsgefährten? Klar, da braucht's nicht vielmehr als ein selbstverliehenes Freizeitphilosophen-Diplom: das Streben nach einer wie auch immer gearteten Form von vollkommener Glückseligkeit. Sollte sich diese jemals allein durch die musikalische Hintertür erreichen lassen, die drei Amis von Maritime - einst auch bekannt als Promise Ring und Dismemberment Plan - hätten sie ganz weit aufgestoßen; dagegen war der schon vorzügliche Vorgänger "Glass Floor" (auch wegen seines R.E.M.-lastigen Grundtenors) nicht mehr als der große Zeh im Rahmen.

    "No One Will Remember"? Die Platte des Jahres ganz sicher!

    Super süß und super sexy und wie nichts Vergleichbares klingen die Pop-Songs ihres just erschienenen Zweitwerkes "We, The Vehicles" (Grand Hotel van Cleef/Indigo). Elf Fläschchen zerbersten da im Laufe der 36 Minuten, die Nase müsste der süßschwangeren Luft eigentlich längst überdrüssig sein. Denn all zu aufdringlich fröhliche Refrains können schnell nerven. "Don't Say You Don't", "Tearing Up The Oxygen", "German Engineering" - das zweite internationale Signing des Hamburger Geschmacks-Labels nach Death Cab For Cutie hat sie zuhauf. Ein Gang zu Hertie gegenüber wäre der logische. Abreagieren. In der Fleischereiabteilung. Zur Abwechslung mal ein paar Rinderhälften um sich werfen. Beispielsweise. Allein schon um den lästig-penetranten Parfüm-Geruch loszuwerden.

    Nur nerven Davey von Bohlen (Gesang), Eric Axelson (Bass) und Dan Didier (Schlagzeug) seltsamerweise ganz und gar nicht. Nicht beim zweiten, nicht beim dritten, nicht beim 23. Hören; zumal das sich zur fesselnden Soliextase hinaufarbeitende "Young Alumni" und die puristisch-peitschende Nummer (des Albums überhaupt) mit dem Titel "No One Will Remember" für genügend Abwechslung sorgen. Nein, diese Platte wird von mal zu mal besser! Wann gab es das zuletzt? Schwer zu sagen. Da befindet sich zwar die ein oder andere Veröffentlichung aus dem noch jungen norddeutschen Grand Hotel darunter, doch bleibt's überschaubar zwischen "We, The Vehicles" und "Outlandos D'Amour".

    Stets haarscharf daneben, mit Police-Methode

    All zu weit hergeholt sind die Vergleiche mit der einzig wahren besten Band der Welt bei weitem nicht: Drei Mann, minimalistische Instrumentierung und ein Sound, der an Stimmigkeit und Perfektion fast nicht zu überbieten ist. Die Gitarre hält sich hier wie dort gar nicht selten vornehm unaufdringlich im Hintergrund; gerade so, dass man auf Albumlänge noch einen Hauch Punk-Attitüde bescheinigen mag. Der Bass klopft über weite Strecken nicht nur den bloßen Rhythmus-Pfad nach, sondern zeichnet selbst die Song-Strukturen.

    Und dann diese mitunter harten, fast schon aggressiven Drums von Didier, die mit Methode immer haarscharf daneben liegen und den Hörer durch ihre leicht angeschrägten Schläge nötigen, sich in ziemlich bizarren Bewegungsmustern abzureagieren. Auch Police-Trommler Stewart Copeland gehört mit dieser Art zu spielen zu den ganz wenigen Schlagzeugern, die man sofort erkennt. Und genau dieses leicht Gehetzte ist es, was auch vielen Maritime-Songs trotz aller zuckersüßer Säuselei einen geradezu gigantischen Drive verleiht.

    Aber Indie-Pop? Das will doch keiner mehr lesen, denkt man. Hören dagegen hoffentlich - wenn wir schon nichts mehr riechen können. Schließlich kann es nur eine Platte des Jahres geben. Und plötzlich beginnt man zu hoffen. Hofft, irgendwann einmal zum erlauchten Kreis derer zu gehören, die sich zur weltbewegenden Frage nach den drei Dingen und der einsamen Insel äußern dürfen. Denn froh zu sein bedarf es fortan wirklich wenig: Man denkt an etwas das Strom macht, an etwas das Laut gibt. Und man denkt an dieses Album.

    Maritime als Kettcar-Support live in Karlsruhe

    Das zugehörige Trio gibt's in Karlsruhe schon bald live zu genießen: Und zwar als Support von Kettcar am Mittwoch, 30. November, in der Durlacher Festhalle - präsentiert von ka-news. Ticket-Reservierungen über die Website des Substage, per E-Mail an reservierung@substage.de oder die Hotline 0721/377274.

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