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Karlsruhe: Ein Film voller Feinheiten: Die ka-news-Kinokritik zu "Toni Erdmann"

Karlsruhe

Ein Film voller Feinheiten: Die ka-news-Kinokritik zu "Toni Erdmann"

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    Sandra Hüller als Ines in «Toni Erdmann». Foto: Komplizen Film
    Sandra Hüller als Ines in «Toni Erdmann». Foto: Komplizen Film Foto: ps

    Liebe Film-Freunde,

    "skurril" ist wohl der häufigste Begriff, der mir im Laufe des Films "Toni Erdmann" durchs Oberstübchen schießt: So viele intensive, emotional berührende, aber auch irritierende Szenen gab es schon lange nicht mehr im deutschsprachigen Kino. Und immer wieder kommt die nächste obskure Idee um die Ecke - "Toni Erdmann" steckt voller (subtiler) Überraschungen!

    Die beiden Protagonisten liefern brillante Leistungen

    Kurz zum Plot: Ines Conradi (absolut brillant: Sandra Hüller) ist eine unterkühlte und toughe Unternehmensberaterin, die ihren Vater (ebenso überragend: Peter Simonischek) so gar nicht gebrauchen kann in ihrem von Meetings und Geschäftsessen geprägten Lebenswandel. Doch Dad kommt sie eines Tages, völlig unervermitttelt und unangemeldet, in Bukarest besuchen und relativiert/zerstört langsam aber sicher Ines' soziales Leben.

    Das hat einen Grund: Aus Winfried Conradi wird Toni Erdmann! Und mit ihm kommt das Chaos, denn sie können nicht miteinander, aber (mit der Zeit) auch nicht ohne einander. Die Beziehung von Vater und Tochter ist anfangs erschütternd sprachlos, geprägt von gegenseitigen Missverständnissen. Doch dann beginnt Ines des Vaters Kunstfigur Toni zu interessieren.

    Was ist da in Cannes passiert? Das diesjährige Festival-Publikum und allen voran die Kritiker überschlugen sich vor Begeisterung über Maren Ades Tragikomödie. Auch die deutschen Beurteiler zeigen sich begeistert - völlig zurecht im Übrigen. Beispiel: Das Zusammenspiel der beiden Protagonisten ist wahrlich unvergleichlich, voller Feinheiten und Fingerspitzengefühl - Sandra Hüller besticht mit einer hochdifferenzierten Darstellung der Karrieristin Ines Conradi, nach Lars Eidinger ("Alle anderen") die nächste große Entdeckung von Ade im deutschen Schauspielbecken!

    Maren Ade ist schon jetzt eine erstaunliche Regisseurin

    Die 1976 in der Fächerstadt geborene Maren Ade ist schon jetzt eine erstaunliche Regisseurin, bereits "Der Wald vor lauter Bäumen" (2003) und (wie erwähnt) "Alle anderen" (2009) waren großartige Filme, mit "Toni Erdmann" kommt sie vorerst sehr weit oben an - was den Erfolg in Frankreich nur bestätigt.

    Lange, ruhige Einstellungen gehören zur Ur-Stilistik des Films, diese Pausen füllen die (bis in die Nebenrollen) famosen Schauspieler souverän mit Leben; ausschweifend wird die schwierige Beziehung zwischen Vater und Tochter Conradi thematisiert. Es gibt unglaublich dichte Szenen, ruhig und doch so intensiv wie lange nicht gesehen in einem deutschen Film, der über die ganze Strecke zu überzeugen weiß. Da geschieht vieles auf subtiler Ebene, geschliffene und treffende Dialoge tun ihr Übriges, um die (eigentlich) zu lange Laufzeit von 162 Minuten vergessen zu machen.

    "Toni Erdmann" - ein Glücksfall für den deutschen Film

    Schlussendlich wird der Streifen durch die Leistungen seiner zwei Hauptdarsteller getragen, während Sandra Hüller (Ines Conradi) verblüffend vielschichtig agiert, ist Peter Simonischek (Winfried Conradi/Toni Erdmann) sowieso über jeden schauspielerischen Zweifel erhaben - eine große Leistung des Seniors! Ist "Toni Erdmann" ein Meisterwerk? Ja, unbedingt! Und auf jeden Fall ein Glanzstück des deutschen Films! "Toni Erdmann" läuft in Karlsruhe im Filmpalast am ZKM.

    Ich wünsche Ihnen ein schönes und vor allem kulturelles Wochenende! Ihr Toby Frei

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