Jene, die bereits mit dem Vorgängerprogramm vom "Zeltival" 2002 vertraut waren, wussten die Antwort freilich längst. Doch auch den geistig Jungfräulichen war recht bald klar: Er kann! Wenngleich es diesmal mehr miteinander denn nacheinander gab. "Letztes Jahr haben uns die Leute hinterher verglichen - Gunzi machte dieses und Annette machte jenes. Aber das geht nicht. Äpfel und Birnen kann man nicht vergleichen", erklärte die Chanteuse im Vorfeld gegenüber ka-news. Am Samstag stand jedenfalls ein bunter Obstkorb auf der Bühne, um beim Bild zu bleiben. Und so starteten Annette Postel und Gunzi Heil begleitet von einem glänzend aufgelegten Joe Völker am Klavier um kurz nach halb neun ihren musikalischen Streifzug durch die Geschichte des Blondseins.
Ganz in blond (Foto: ka-news) |
"Der heutige Abend steht unter zwei Motten", gab Annette Postel zu Beginn die Richtung vor. Das erste ergab sich schon aus der Natur der Sache - und das zweite eigentlich auch, nämlich zum einen das Blonde und zum anderen die Liebe. Es hätte aber auch lauten können "Je länger der Abend desto kürzer die Kleider", zumindest was Annette Postel anbelangte. Im Falle von Gunzi Heil, der im vertrauten Schwarz mit T-Shirt und Lederhose in den Abend startete, wäre "desto bunter die Kleidung" wohl passender gewesen. Später sah man ihn gar mit roter Schlaghose und Hippie-Batik-Hemd.
Musikalischer Streifzug durch die Geschichte des Blondseins
Von der Steinzeit mit ihrem Vorzeigeblonden Barney Geröllheimer ging es über das naturblonde Mittelalter und die Romantik über die 1970er bis in die wasserstoffgetönte Gegenwart. Und da Zeitreisende ab und an eine kleine Verschnaufpause benötigen gab es nach einer äußerst erheiternden Stunde mit viel Geist, Gags und Gesang eine eben solche und dazu ein kühles Blondes - was auch sonst?!
Auch optisch ein Genuss: Gunzi Heil und Annette Postel (Foto: ka-news) |
Anschließend begrüßte Stoffgevatter Ranicki das Publikum, "allerdings nur zum Teil und zwar zum zweiten", um wie ihm aufgetragen ein paar Worte über Apostel zu verlieren, "doch von einer Frau war dabei nie die Rede". Und als besagte A. Postel dann auf der Bühne erschien, zeigten sich Puppe und Spieler durchaus erfreut, "denn Frauen, die singen schreiben wenigstens keine Bücher!"
Und hernach ging es weiter wie es vor der Pause aufgehört hatte: Bekannte Klangmuster - ob von Mozart, dem gerockten von Falco, Georges Bizet oder Richard Clayderman, Nicole Kidman und Robbie Williams bis hin zu Henry Valentinos "Im Wagen vor mir" und Udo Jürgens - das blonde Duo versah sie in bester "Moulin Rouge"-Manier mit neuem, spritzigem und vor allen Dingen geistreichem Text. Freilich war ein jener an die blonden Gegebenheiten angepasst und so lautete der Refrain passender Weise: "Sie färben die Haare".
Fulminante Sahne-Schlacht zum Finale
Aber bitte mit Sahne! (Foto: ka-news) |
Die Sahne gab's trotzdem. Erbarmungslos besprühten sich die beiden Hauptakteure bei der letzten Zugabe - Gunzi Heil schmetterte sein "Karlsruh"-Lied und Annette Postel wählte "Carmen" - sehr zur Freude des Publikums mit der weißen Pracht. Weniger gefreut haben dürften sich jedoch zwei Damen aus der ersten Reihe, die ihre gute Sicht im Nachhinein vielleicht ein wenig bereut haben: Denn die Sahnehaube vom Haupt Annette Postels vermochte nicht länger der Schwerkraft zu trotzen als die zur fulminanten Verbeugung ansetzte. So kam es, dass in Reihe eins - während der Rest des nahezu ausgefüllten Zeltes begeistert applaudierte - verhalten abgeputzt wurde.
Eine simple Gleichung: Zwei plus zwei gleich Liebe (Foto: ka-news) |
Beachtlich, denn die Messlatte lag hoch. Weniger wegen der eher im geistigen Nimmerland angesiedelten "Wunderlandrevue" , aber immerhin hatte kein Geringerer als Götz Alsmann das "Zeltival" eröffnet. Nun durften also die vermeintlich Kleinsten ihre künstlerische Visitenkarte abgeben. Aller guten Dinge sind bekanntlich drei. Was den Samstag Abend anbelangt, so gilt der Positiv auch im Superlativ und lautet wie folgt: Die Besten waren bislang die Dritten. So sah es wohl auch das Publikum - ehrlich klatscht eben doch am längsten. Patrick Wurster